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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Ehrerbietung begegnen, überschattet uns doch die Heiligkeit des bevorstehenden Todes wie ein dunkler Schimmer.
    Diese Formalitäten und ähnliche währten einige Stunden lang. Oliveira übersetzte für uns, doch ich glaube, nicht sehr gut, denn er runzelte die Stirn und spitzte die Ohren, um alles zu verstehen, und murmelte vor sich hin, als hätte er nichts verstanden, und wenn er die Worte in unserer Sprache wiederholte, erfand er wohl die Hälfte von dem, was er uns sagte, denn seine Worte ergaben nur wenig Sinn für mich. Ich lauschte aufmerksam, wobei ich natürlich nicht wußte, was ich hörte, lernte aber immerhin fünf oder sechs Worte, einfach, weil sie in einem gewissen Zusammenhang, der keinen Zweifel offenließ, wiederholt wurden. Die Sprache schien nicht schwierig zu sein, sobald sich das Ohr erst einmal an sie gewöhnt hatte, und ich überlegte, daß ich größere Sicherheit und Privilegien bei den Portugiesen erlangen konnte, wenn ich die Sprache der Eingeborenen besser beherrschte als sie, da sie anscheinend wenig Befähigung für solche Dinge aufbrachten.
    Nach einem langen und ermüdenden Palaver, das, soweit ich es sagen konnte, zu keinen Ergebnissen führte, rief der König nach Getränken. An seinen beiden Seiten stand je ein Diener, um ihm seine Wünsche zu erfüllen; der auf der rechten reichte ihm den Becher, und der auf der linken warnte die Versammlung, indem er zwei spitz zulaufende Eisenstäbe von der Länge eines Fingers gegeneinander schlug. Sofort warf sich die gesamte Versammlung zu Boden, wie Faleiro es gesagt hatte, und alle verbargen ihre Gesichter so lange im Sand, wie die Eisen ihr Geräusch von sich gaben. Es war ein erstaunlicher Anblick, diese Würdenträger in ihren schönen Roben zu schauen, wie sie auf der Nase lagen, während der König seinen Wein trank. Wir blieben stehen, drehten uns jedoch um und sahen in die entgegengesetzte Richtung, und ich schloß außerdem die Augen, damit ich den König nicht aus den Winkeln sah, wie er trank, und mich somit ums Leben brachte.
    Als dies geschehen war, erhoben sich die Adligen wieder, und laut ihren Bräuchen bedeuteten sie, daß sie ihm Gesundheit wünschten, indem sie mit den Händen klatschten, was auch ein Zeichen des Respektes war, wie es bei uns in Europa das Abnehmen des Hutes ist. Nun wurde an alle in der Hütte Wein verteilt, und es wurde auch eine Mahlzeit serviert, gebratener Fisch in einer Honigsauce und ein dicker Brei aus einer Erdnuß, die etwas größer als eine unserer Erbsen ist und deren Hülsen in den Wurzeln unter der Erde wachsen. Dieses letzte Gericht wurde mit dem Saft des scharfen Pfeffers gewürzt, dem Pilipili, der sich wie glühendes Feuer aß. Er rief im Mund ein intensives Gefühl der Verbrennung hervor und trieb mir den Schweiß aus allen Poren. Ich glaubte, an seinem Verzehr zu ersticken, und selbst die Portugiesen, die ihr Essen schärfer würzen als wir Engländer, hatten schwer daran zu schlucken. Doch ich aß meinen Teil und gewöhnte mich allmählich daran, und mit der Zeit, im Verlauf der kommenden Monate und Jahre, lernte ich das Pilipili so sehr schätzen, daß mir eine Mahlzeit ohne diesen Saft geschmacklos erschien, woran sich bis heute nichts geändert hat.
    Es gab eine Schwierigkeit beim Erwerb der Elephanto-Zähne, die einzuhandeln wir hierher gekommen waren. Da die Portugiesen mich nicht in solch eine delikate Angelegenheit einweihen wollten, weiß ich nicht, worin die Schwierigkeit bestand, und ich wurde nicht in die dringlichen Verhandlungen zwischen Faleiro und den Beamten von Maloangos Hof einbezogen. Vielleicht war es ein religiöses Problem – womöglich war es nicht die richtige Jahreszeit zum Handeln – oder auch, daß das Volk von Loango versuchte, den Preis seiner Waren in die Höhe zu treiben; man sagte es mir nicht, und ich fragte nicht danach. Diese Angelegenheit verzögerte unsere Heimreise jedoch um mehrere Wochen.
    Wir wohnten in kleinen, groben Hütten, die man eigens für uns gebaut hatte, und bekamen die einheimische Nahrung. Wir sprachen oft davon, auf die Jagd zu gehen, verzichteten jedoch wegen der großen Hitze darauf, die uns alle träge machte. Ebenso berührten wir keine Frau. Faleiro sagte mir, uns stünden Frauen zur Verfügung – keine aus der Stadt, deren Einwohner genauso eifersüchtig auf die Tugend der Frauen waren, wie es auch Christen gewesen wären, sondern Sklavinnen, die es hier überreichlich gab. Doch ich hatte kein Verlangen nach ihnen, und

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