Herr der Finsternis
Macht könne sich selbst auf uns ausstrecken: Denn wer weiß, wie lang die Arme des Teufels wirklich sein mögen? Alles, was ich hörte, bewog mich dazu, vorsichtig mit der Hexenwelt umzugehen. In Loango, sagt man, würde dieser Mokisso des Nachts manchmal Besitz von einem Menschen ergreifen, der dann drei Stunden lang unentwegt vor sich hin plappert. Was immer die besessene Person sagt, wird als Kikokos Wille angesehen, und der gesamte Stamm gehorcht ihm, und man veranstaltet ein großes Fest und tanzt im Hause dessen, der so spricht.
Obwohl ich großen Respekt vor diesem bösen Ding hatte, wollte ich Kikoko aus Neugierde in seinem kleinen Haus sehen. Doch die Schwarzen standen vor ihm und machten eine bedrohliche Geste mit ihren Speeren, und ich lichtete schnell den Anker und ging woanders hin.
Einmal gab es wegen dieser Götzen einen Tumult, als ein neuer geschnitzt worden war und über das Meer aus einer Stadt im Norden gebracht wurde. Er entglitt den Händen der Träger und fiel ins Wasser. Obwohl sie lange danach suchten, konnten sie ihn nicht finden, was ein großes Unglück war. Der König des Landes schickte nach uns, berichtete, was geschehen war, und fragte, ob wir eine Möglichkeit hätten, den Götzen zu bergen. Nur wenige der Portugiesen konnten überhaupt schwimmen, und so legte ich meine Kleidung ab und tauchte. Ich glaubte, den Mokisso gesehen zu haben, doch das Wasser war zu tief, und mein Atem reichte nicht, und so kam ich mit leeren Händen an die Oberfläche.
»Ich versuche es noch einmal«, sagte ich.
»Nein«, widersprach Faleiro, »ertränke dich nicht wegen dieser Heiden, Piloto, denn wir haben größeren Bedarf an dir.«
Bei einer anderen Gelegenheit zeigten mir Cabral und Andrade den Friedhof der Könige von Loango. Dies war ein Ort namens Loangiri, der zwei Meilen vor der Stadt lag. Um ihn herum hatte man die Zähne von Elephantos in den Boden gestoßen, um eine große, leuchtendweiße Palisade zu schaffen, und der gesamte Friedhof maß im Durchmesser zehn Viertelmorgen, so daß ein jeder König genug Platz hatte. »Wenn wir allein diese Elephanto-Zähne haben könnten!« sagte Cabral. »Sie wären ein halbes Königreich wert. Doch unter diesen Erdhügeln haben sie gemeinsam mit ihren Königen alle möglichen Schätze vergraben, Perlen und Juwelen und so weiter, deren Wert zu hoch ist, als daß wir ihn zählen könnten.«
Ich starrte ihn mit großen Augen an, da dieser Cabral ein so ehrenvoller Mann war, wie Portugiesen überhaupt ehrenvoll sein können.
»Doch sicher wollt Ihr nicht die Schätze eines Friedhofs rauben!«
»Dies ist kein geweihter Boden«, sagte er mit einem Achselzucken. »Diese Wilden sind nur Heiden, und wenn sie es vorziehen, ihre Schätze zu verschwenden, indem sie sie vergraben, nun, dann ist es unsere Pflicht vor Gott, sie auszugraben und irgendeinem Zweck zuzuführen.«
»Eure Pflicht vor Gott«, sagte ich staunend, »die Toten zu berauben?«
»Sie sind doch nur Heiden«, wiederholte Cabral.
Und er und Andrade sprachen von einer zukünftigen Zeit, in der sich das Christentum in diesem Lande Loango ausbreiten und die Priester versuchen würden, den König zu überreden, seine Vorfahren auf einen christlichen Friedhof umbetten zu lassen. »Und wenn diese Zeit gekommen ist«, sagte Andrade, »werden wir all diese heidnischen Schätze aus der Erde holen und einen großen Gewinn daraus schlagen und gleichzeitig die Seelen dieser Menschen erretten.«
»Aye«, sagte ich, aber nicht laut, »ihre Seelen retten, indem wir aus Gräbern räubern. Betrachtet eure eigenen Seelen, Portugiesen!«
Doch wir betraten den königlichen Friedhof an diesem Tage nicht. Wir betrachteten nur ehrfürchtig diese große Mauer aus sich hoch auftürmenden Elephanto-Zähnen, die diesen Ort umgab, und ich lächelte, als ich die Gier sah, die auf den Gesichtern meiner Freunde Andrade und Cabral funkelte, und nach einer Weile kehrten wir in die Stadt zurück.
2
Langsam und mit häufigen Unterbrechungen kam Faleiro mit seinen Verhandlungen voran, und es erschien sicher, daß das Volk von Loango schließlich doch mit uns Handel treiben würde. Ich war herzlich froh darüber, denn dieser Müßiggang ermüdete mich, und ich freute mich schon, wieder Meeresbrisen an meinem Gesicht zu spüren. Ich gestehe mit nicht geringer Scham, daß ich mich auch danach sehnte, in São Paulo de Luanda wieder in die Arme Doña Teresas zurückzukehren: denn obwohl es mir gelungen war, nach meinem Aufbruch
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