Herr der Finsternis
ich glaube, meine Gefährten auch nicht, bis vielleicht auf einen oder zwei der geilsten, und diese auch nicht oft.
Den größten Teil unserer Tage verbrachten wir damit, uns auszuruhen, mit Würfeln oder Messern zu spielen, den schweren, süßen Palmwein zu trinken und von unserer Heimat zu sprechen. Diese Portugiesen waren im allgemeinen derbe Leute, und ich habe niemals gehört, daß einer von ihnen von etwas anderem sprach als vom Spielen oder Huren oder Saufen oder Prügeln oder Reichtumhorten. Kein Wort ließen sie fallen über Dichtung oder Theaterspiele, worüber ein jeder Engländer, der mehr war als ein ungehobelter Flegel, liebend gern gesprochen hätte.
Als ich ihnen eines Tages von der Vielfalt und den Vergnügungen unserer Theater erzählte und von Meister Marlowes Schauspiel über Tamburlaine, welches ich gesehen hatte, und dem wunderbaren Stück über Hieronimos und den spanischen Fürsten, das Thomas Kyd geschrieben hatte, musterten sie mich, als spräche ich Griechisch, und schenkten mir keine Beachtung. Und einer von ihnen, der Tristão Caldeira de Rodrigues hieß und mich besonders wenig zu mögen schien, runzelte die Stirn, spuckte mir einen großen Brocken Schleim direkt vor die Füße und sagte auf seine gehässige Art: »Diese englischen Seeleute wollen uns glauben machen, sie wären alle Dichter und Gelehrte, um uns zu beschämen. Doch ich glaube, daß die Engländer ihre Dichtkunst nur vortäuschen und sich besonders vornehm geben, weil sie lange nur eine Rasse von Bauerntölpeln und Tonstechern waren und sich dessen nun schämen und vorgeben, eine bessere Sorte zu sein.«
»Ah, und du hast also so eine gute Herkunft«, fragte ich heißblütig, während der Zorn im Gewölbe meines Kopfes zu pochen begann, daß ich ihn nur durch eine große Anstrengung im Zaum halten konnte.
»Du hast meinen Namen gehört«, sagte er verächtlich.
»Der bedeutet mir nichts.«
»Das überrascht mich gar nicht«, erwiderte dieser Caldeira de Rodrigues und wandte sich von mir ab, als hätte ich mich in Luft aufgelöst.
Ich hätte ihn zum Kampf stellen können, doch es gelang mir, mich zu beherrschen, da ich wußte, daß ich immer noch einen untergeordneten Rang einnahm, ob ich nun der Lotse dieser Leute war oder nicht. Und doch stand es auf des Messers Schneide, da ich mich so sehr über seinen Spott erregte. Nur die Berührung einer Hand auf meinem Arm – Cabrals Hand, glaube ich – bewahrte mich schließlich davor, ihn anzuspringen.
Ein wenig später erfuhr ich von den anderen, daß dieser rotznasige, überhebliche Einfaltspinsel der Sohn eines der hohen Herzöge Portugals war und ein enger Verwandter der alten königlichen Familie, die der Macht beraubt worden war: Und so stand er von Geburt her weit über fast jedem anderen in Angola, ausgenommen vielleicht Don João de Mendoça, der auch von hoher Herkunft war. Caldeira de Rodriguez und sein älterer Bruder Gaspar, sagten sie, seien wegen ihrer ruinösen Verschwendungssucht und ihrer ruchlosen verbrecherischen Vergangenheit, die sogar für Männer von dieser hohen Herkunft zu weit ging, aus Lissabon verbannt und nach Angola geschickt worden, damit sie dort in einem gewissen Anschein von Tugend schwitzten.
Er war ein Mann von achtzehn Jahren, sehr schlank, fast auf eine weibliche Art hübsch, obwohl ein häßliches und hartes Funkeln in seinen Augen lag; er trug einen Dolch an der Hüfte, den zu benutzen er nicht lange zögern würde. Sein Gesicht wurde von einem roten Flecken auf der Wange entstellt, der ihm ein wenig von der Schönheit nahm, und sein Bart wuchs nur an einigen Stellen, wobei große Stücke dazwischen freiblieben. Alles in allem mochte ich ihn nicht besonders und bedauerte es, ihn unter meinen Kameraden zu haben.
Während dieser Zeit der Verzögerung wanderte ich oft durch die Gegend, entweder allein oder von einem oder zweien der freundlicheren Portugiesen begleitet und selten ohne irgendwelche Wachen der Mohren, die uns folgten, um darauf zu achten, daß wir keinen heiligen Boden betraten. Dies hätten wir einmal beinahe getan, als wir vom Hafen zurückkehrten und einen ihrer Götzen erblickten, eine kleine schwarze Statue, die als Kikoko bekannt ist. Kikoko ist ein Mokisso, das bedeutet Hexengeist, der in einer kleinen Hütte an der Hauptstraße wohnt, und jeder, der an ihm vorbeigeht, schlägt in die Hände oder bringt ihm ein Opfer.
Ich wußte, daß diese Mokissos große Macht über die Schwarzen hatten, und glaubte, diese
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