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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Streitkräfte der benachbarten Provinzen nach Loango und hielten vor dem König ein Turnier und einen Schaukampf ab, bei dem sie die Speere schwangen, tanzten und herumsprangen und ihr Geschick mit Pfeil und Bogen zeigten. Der beste von ihnen war ein Bogenschütze, der Robin Hood und all seine Männer beschämt hätte; er verbrachte solche Wunder, wie einen Pfeil mit einem anderen zu spalten und Vögel vom Himmel zu holen, indem er ihre Schwingen durchschoß, Dinge, die ich außerhalb der Geschichten von Märchenerzählern nicht für möglich gehalten hätte. Als er seine Künste vorgeführt hatte, trat er vor und sprach mit dem König, der ihn umarmte und ihm mit eigenen Händen zu essen und trinken gab.
    Dann nahm der König seinen Platz auf einem auf dem Boden ausgebreiteten Teppich ein, der etwa fünfzehn Klafter lang und breit und aus dem feinen Stoff Nsaka gewebt war, der an Samt erinnert, und nahm, ganz in Leopardenfelle gekleidet, auf einem Thron von Mannshöhe Platz. Er befahl, die Ndambas anzustimmen, Instrumente aus Palmenstämmen, die fünf Fuß lang und auf einer Seite gespalten sind; in die Ränder dieser Spalten sind Kerben geschnitten, und die Musikanten reiben mit einem Holzstock über diese Kerben, um ein schreckliches und überirdisches Geräusch zu erzeugen wie das Zirpen von riesigen Grillen. Und sie haben auch Elfenbeintrompeten aus Elephanto-Stoßzähnen, die Mpunga genannt werden und ausgehöhlt und poliert sind. Mit diesen Mpungas und Ndambas machten sie einen wirklich höllischen Lärm. Nachdem sie ihre Kämpfe ausgetragen und dem König auf diese Art Vergnügen bereitet hatten, erhob er sich von seinem Thron, winkte den großen Schützen herbei und erhielt von ihm dessen Bogen und Pfeile.
    Ich dachte, der König selbst würde damit schießen, doch nein, er gab sie an einen Hohepriester oder Regenmacher weiter, der neben ihm stand und am ganzen Körper mit Farbe angemalt und mit Federn geschmückt war. Neben dem König standen auch die vier Albinos – Ungetüme, wobei Albino das Wort ist, mit dem die Portugiesen diese weißen Mohren bezeichnen; und bei ihnen waren zahlreiche andere Hexen und Zauberer des Stammes, sogar die alte Frau Nganga Gomberi. Es erklang ein so schrecklicher Lärm der Trommeln und Trompeten, daß ich meine Ohren mit den Händen bedecken wollte und die Portugiesen sich eifrig bekreuzigten und ihr Latein murmelten, und der hohe Regenzauberer richtete seinen Bogen gen Himmel und schoß mit aller Kraft einen Pfeil ab, so daß er in hohem Bogen emporstieg und in der Ferne verschwand.
    Und dann, werdet Ihr sicher sagen, geschah gar nichts, und der Mangel an Regen setzte sich noch vier weitere Monate fort, und das gesamte Land verwandelte sich in eine Wüste. Dies hätte ich von so einer heidnischen Torheit selbst erwartet. Doch ich muß Euch bei der Seele meiner Mutter sagen, daß ich die Wahrheit spreche, wenn ich berichte, daß innerhalb weniger Minuten eine kleine weiße Wolke im Südosten erschien und dann eine dunklere Wolke, und dann war der Himmel voll von ihnen, dicke schwarze Regenwolken, und bevor eine Stunde verstrichen war, erlebten wir solch einen Wolkenbruch, wie Noah ihn vielleicht erlebt hatte, und Bäche strömten durch die Straßen, und Staub wurde augenblicklich in Schlammklumpen verwandelt. Wie kann man dies erklären? Man kann es nicht erklären. Man schreibt es der dunklen Macht der Hexerei zu. Oder man sagt, daß ja schließlich Regenzeit war und der Regen selbst in einem trockenen Jahr früher oder später kommen mußte, und sehr wahrscheinlich hatte der König gewartet, bis er in der Ferne erste Zeichen des Regens ausmachen konnte und hatte diesen Tag gewählt, um sein großes Regenfest abzuhalten.
    Und war es wirklich Hexerei? Ich kann es nicht sagen. Denn es trifft zu, daß der König den Pfeil nicht selbst abschoß, sondern seinem Priester gab. Ich glaube, wenn der König sicher gewesen wäre, Regen machen zu können, hätte er den Bogen mit eigener Hand gespannt; doch indem er diese Aufgabe dem Priester übertrug, schützte er sich vor der Gefahr, daß das Fest ohne Ergebnis blieb. Priester kann man immer bestrafen, wenn sie keinen Regen herbeibringen; Fürsten hingegen sind nach meiner Erfahrung nicht versessen darauf, die Verantwortung für ein Versagen zu übernehmen.
    Dies war das erste der drei Wunder.
    Das zweite ereignete sich nur drei Tage darauf, als noch immer leichter Regen fiel. Ich war auf dem Marktplatz und tauschte ein paar der

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