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Herr Der Fliegen

Herr Der Fliegen

Titel: Herr Der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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persönlichen Kümmernisse erinnert und fühlten vielleicht, daß sie ein Leid teilten, das alle betraf. Sie begannen ebenfalls zu weinen, zwei fast so laut wie Percival.
    Maurice erlöste sie.
    »Schaut mal her!« schrie er.
    Er tat so, als falle er hin. er rieb sich das Gesäß und setzte sich auf den Knorren, daß er ins Gras kippte. er schauspielerte schlecht, aber Percival und die anderen sahen hin und schluckten und lachten. Auf einmal lachten sie alle so verrückt, daß die Großen einfielen.
    Jack verschaffte sich als erster ruhe. er war nicht im Besitz der Muschel und nahm also gegen die Bestimmung das Wort; aber niemand begehrte auf.
    »Und was ist mit dem wilden Tier?«
    Etwas Seltsames widerfuhr Percival. er gähnte und taumelte, so daß Jack ihn packte und schüttelte.
    »Wo ist denn das wilde Tier?«
    Percival sackte unter Jacks Griff zusammen.
    »Muß ’n schlaues Tier sein«, sagte Piggy spöttisch, »wenn es sich hier auf der Insel verstecken kann.«
    »Jack ist doch überall gewesen –«
    »Wo könnte denn ein wildes Tier hausen?«
    »Selbst ’n wildes Tier!«
    Percival murmelte etwas, und die Versammlung lachte erneut. Ralph beugte sich vor.
    »Was hat er gesagt?«
    Jack lauschte Percivals Antwort und ließ ihn dann gehen. erlöst und wieder geborgen mitten unter Menschen fiel Percival ins hohe Gras und schlief ein.
    Jack räusperte sich und berichtete dann beiläufig.
    »Er sagt, das Tier käme aus dem Meer.«
    Auch das letzte Lachen verstummte. Ralph drehte sich unwillkürlich um, und seine zusammengekauerte Gestalt hob sich schwarz gegen die Lagune ab. Die Versammlung folgte seinem Blick; bedachte die weiten Wasserstrecken, die hohe See dahinter, unbekanntes Dunkelblau voll unbegrenzter Möglichkeiten; hörte stumm das Heulen und Flüstern des Riffs.
    Da platzte Maurice heraus – so laut, daß alle zusammenzuckten. »Mein Papa hat gesagt, man hätte noch nicht alle Seetiere entdeckt.«
    Die Debatte begann von neuem. Ralph reichte das schimmernde Horn hinüber und Maurice nahm es gehorsam entgegen. Die Versammlung ging weiter.
    »Also wenn Jack sagt, man kann ruhig Angst haben, weil man sowieso Angst hat, das stimmt. Aber wenn er meint, es gibt nur Schweine hier, ich denk ja auch, das stimmt, aber genau weiß er’s nicht, nicht genau, nicht ganz bestimmt, mein ich« – Maurice holte Luft – »Mein Papa hat gesagt, es gibt da so Dinger, wie heißen die bloß, wo man Tinte draus macht – Tintenfische – die sind ’n paar hundert Meter lang und die fressen ganze Wale auf einen Sitz.« er hielt inne und lachte belustigt. »Ich glaub natürlich nicht an so’n wildes Tier. Piggy sagt, das Leben ist wissenschaftlich, aber wir wissen das nicht, oder? Nicht bestimmt, mein ich –«
    Eric rief:
    »Ein Tintenfisch kann ja gar nicht aus dem Wasser raus.«
    »Doch, er kann!«
    »Kann nicht!«
    Im Nu war die Plattform von streitenden, gestikulierenden Gestalten belebt. Ralph saß da und ihm schien, daß man um den Verstand gekommen sei: Angst – wilde Tiere – kein allgemeiner Beschluß, daß das Feuer das Allerwichtigste war; und wenn man etwas zu klären versuchte, kamen sie vom Thema ab und brachten neue, unangenehme Dinge vor.
    Er erkannte neben sich im Dunkel etwas Weißes, nahm es Maurice ab und blies aus Leibeskräften. Alles erstarrte in Schweigen. Simon stand nahe bei ihm und legte die Hand auf das Muschelhorn. er hatte das brennende Verlangen zu reden; aber vor der Versammlung zu sprechen war für ihn etwas Schreckliches.
    »Vielleicht«, sagte er zögernd, »vielleicht gibt’s doch ein wildes Tier.« Die Versammlung schrie wild auf und Ralph erhob sich voller erstaunen.
    »Du, Simon? Du glaubst an so was?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Simon. Sein Herz schlug würgend. »Aber …« Der Sturm brach los. »Hingesetzt!«
    »Halt die Klappe!«
    »Nehmt ihm die Muschel ab!«
    »Du hast sie wohl nicht mehr alle!«
    »Halt die Klappe!« Ralph schrie. »Hört doch, was er sagt! er hat doch die Muschel!«
    »Ich mein! bloß … vielleicht sind wir’s selbst –«
    »Blödsinn!« Das war Piggy. es war zuviel für ihn gewesen. Simon fuhr fort.
    »Es wär’ doch möglich, daß wir so …«
    Simon rang nach Worten, um das Hauptübel der Menschheit darzustellen. Da kam ihm die Eingebung.
    »Was ist das Schmutzigste, was es gibt?«
    Als Antwort ließ Jack in das darauf entstehende verständnislose Schweigen das eine rohe, drastische Wort fallen. Der Bann wich hemmungslosem Toben. Die Kleinen, die

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