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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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wir Unseren Herrn und Meister wahrhaft lieben, bereits geleistet haben.“
    Der Herrscher räusperte sich und klopfte mit seinem Stab zweimal auf den Tisch. Er fühlte sich bereits ein bisschen wohler, weil ihn kaum etwas besser in Stimmung brachte als eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen seinen Ministern. Er konnte das, was sie von sich gaben, mit dem vergleichen, was er aus eigenen Quellen erfahren hatte. Dass er von der Verhaftung Vinjinias bereits wusste, war mehr als wahrscheinlich.
    „Hast du Tajirika verhört?“, fragte er.
    „Nein. Noch nicht.“
    „Weiß Tajirika, dass sich seine Frau im Gewahrsam der Polizei befindet?“
    „Das weiß ich nicht. Ich bin mir aber sicher, ihn von ihrer Verhaftung noch nicht in Kenntnis gesetzt zu haben.“
    „Und warum hat man mich höchstselbst über diese Entwicklungen im Unklaren gelassen? Oder regierst seit Neuestem du in Aburĩria, Sikiokuu?“
    „Oh, Herr im Himmel, nein, nein, meine Heilige Allmächtigkeit. Ich habe versucht, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen, … ich meine, ich weiß nicht, warum meine Anrufe nicht an Sie weitergeleitet wurden. Sie sollten es aus meinem Munde hören, weil es so delikat ist.“
    „Noch jemand, der etwas zu sagen hat?“, wandte sich der Herrscher an alle. „Oder habt ihr gemeinsam beschlossen, Bewahrer von Geheimnissen vor mir zu spielen? Ja, sieben Tage lang. Und dann behauptet ihr, mich nicht erreicht zu haben? Es kommt mir vor, als ob ihr alle in Sikiokuus Regierung von Aburĩria eingetreten seid.“
    Nach welcher Seite das Pendel der Macht ausschlug, war nicht vorhersehbar, und Machokali, der spürte, dass sein Widersacher in Schwierigkeiten steckte, ergriff die Chance dieses Augenblicks.
    „Allmächtiger Hochverehrter Vater, es wäre deutlich besser gewesen, Sikiokuu hätte zuerst Nyawĩra verhaftet und sie dann gezwungen, Namen zu nennen. Anschließend hätten weitere Verhaftungen folgen können. Aber Sikiokuu scheint trotz seiner großen Ohren taub gegenüber dem Lärm des Offensichtlichen zu sein. Er verhaftete die Frau des Vorsitzenden von Marching to Heaven in der vagen Hoffnung, sie könnte preisgeben, wo sich Nyawĩra versteckt hält. Ich will nur zwei weitere Punkte ansprechen. Erstens bitte ich um einen Rat, was wir mit Tajirika machen sollen. Soll ich ihm den Vorsitz von Marching to Heaven entziehen? Und zweitens, welchen Eindruck würde das auf die Global Bank machen?“
    Nichts war geeigneter, die Aufmerksamkeit des Herrschers zu erlangen, als ein drohendes Versiegen des Geldflusses für Marching to Heaven.
    „Sikiokuu“, brüllte der Herrscher, „wenn du Ohren hast, hör zu. Ist dir nie in den Sinn gekommen, die Verhaftung der Frau des Vorsitzenden von Marching to Heaven könnte den Eindruck erwecken, den Menschen in meiner Umgebung könne man nicht trauen?“
    „Sie ist nicht richtig verhaftet worden. Man hat sie nur in Gewahrsam genommen“, zog sich Sikiokuu zurück. „Sie hilft uns, das ist alles.“
    Der Herrscher achtete nicht auf Sikiokuus Gerede und wandte sich an Machokali.
    „Wie nimmt die Delegation der Global Bank das Ganze auf?“, fragte er ohne Sarkasmus und Groll, sondern geradezu ängstlich.
    „Eure Heiligste und Mächtigste Vortrefflichkeit, in der ganzen Welt Verehrter“, beeilte sich Machokali zu antworten, dessen Augen nun lebhafter wurden, „so wie Sie damals versuchten, die schmachvollen Dinge, die sich in Eldares zugetragen haben, zu erläutern, habe ich ihnen erklärt, dass es sich bei dem, dessen Augenzeuge sie geworden waren, um einen geheiligten aburĩrischen Tanz handelte, der nur vor Gästen zur Aufführung gebracht wird, die man mit den höchsten Ehren empfangen möchte. Das schien sie hinreichend zu befriedigen. Außerdem kümmern unsere traditionellen Bräuche die Global Bank nicht sonderlich. Ihr Hauptinteresse gilt den Überresten eines vergangenen sozialistischen Zeitalters, den Kräften, die eine Bedrohung der Stabilität darstellen und den freien Kapitalfluss gefährden. Hätte man Nyawĩra verhaftet, wären sie glücklich darüber gewesen. Und da Sikiokuu ausreichend Beweise gesammelt hat, eine Verhaftung zu rechtfertigen, wäre er gut beraten, es zu tun, bevor die Banker nach New York zurückkehren.“
    „Was? Sie fliegen zurück?“, fragte der Herrscher.
    „Ja“, bestätigte Machokali.
    „Wann?“
    „Morgen!“
    „Ohne sich von mir zu verabschieden?“
    „Mein Herrscher aller Vortrefflichkeit, ich versuchte alles Erdenkliche, ihre Abreise

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