Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
Vom Netzwerk:
Vater sind hier auf Erden, die Engländer, denen wir Zivilisation, Freiheit und parlamentarische Demokratie verdanken, lehrten uns, dass ‚Kabinettsentscheidungen kollektiv bindend‘ sind. Wenn ein Minister nicht mit einer kollektiv getroffenen Entscheidung übereinstimmt, dann sollte er zurücktreten. Ich habe nicht gehört, dass Sikiokuu während unserer letzten Kabinettssitzung gesagt hätte, er würde zurücktreten, weil er grundsätzlich gegen die Warteschlangenmanie sei. Stattdessen machte er den Vorschlag, Motorradfahrer in den Norden, den Süden, den Osten, den Westen und ins Zentrum des Landes zu schicken, um die Manie zu fördern. Sie sind schon vor Wochen losgefahren. Wo sind eigentlich ihre Berichte?“
    Sikiokuu wollte natürlich vermeiden, dass seine fünf Fahrer und ihr Auftrag zum dominierenden Gegenstand der Diskussion wurden, und dachte daran, die Aufmerksamkeit davon abzulenken, indem er Machokali vorwarf, er würde reden, als herrschten die Briten noch immer über Aburĩria, besann sich aber eines Besseren, weil ihm wieder einfiel, wie der Herrscher reagiert hatte, als Sikiokuu Ähnliches über die Global Bank gesagt hatte. Er war zuversichtlich, da er einiges in der Hinterhand hatte, und wartete nur auf den richtigen Augenblick zuzuschlagen. Deshalb blieb er still wie eine Katze vor dem Mauseloch und gestattete Machokali, ohne Unterbrechung fortzufahren.
    „Wenn die Wahrheit gesagt werden soll, ohne das eine oder andere zu überhöhen oder herunterzureden“, sagte Machokali, „müssen wir zugeben, dass Eldares mit Ausnahme eines einzigen unglücklichen Zwischenfalls nie zuvor eine so gut besuchte Versammlung erlebt hat. Ganz Eldares war praktisch auf den Beinen.“
    Sikiokuu sah seine Chance.
    „Das ist richtig, nur was ist dabei herausgekommen? Woher wollen wir wissen, dass diese Menschenmenge nicht zu ihrem Plan gehörte? Wer war der führende Kopf hinter dieser Frauensache?“
    Eine der Folgen des Skandals war die Wirkung der Worte „Frau“ und „Frauen“ auf den Herrscher. Wenn sie fielen, schlug sein Herz schneller; er regte sich sichtlich auf. Jeder registrierte den Blick, den er Sikiokuu zuwarf, als verlangte er zu wissen, welche Befriedigung es dem Sprecher bereitete, dieses verfluchte Wort ständig zu wiederholen.
    „Er drückt sich vor der Verantwortung für die fünf Motorradfahrer“, beschwerte sich Machokali. „Und was die Frage angeht, wer dahintersteckt, die sollte er selbst beantworten. Jeder weiß, dass es die sogenannte Bewegung für die Stimme des Volkes ist. Es waren wieder Spielzeugschlangen über das ganze Feld verstreut, und ich möchte wissen, was Sikiokuu unternommen hat, um die Verhaftung dieser Kriminellen sicherzustellen.“
    Sikiokuu setzte mit melodramatischer Langsamkeit an: „Heilige Väterlichkeit, eine Untergrundbewegung auszuradieren ist nicht so einfach, wie mancher es sich vorstellt. Diese Renegaten sind Feiglinge, die sich im Schutz der Dunkelheit treffen. Sie wagen sich nicht ins Licht, weil sie keine richtigen Männer sind. Weiber sind sie, Feiglinge eben. Ich bin sehr glücklich, berichten zu können, dass wir eine Person aus der Führung der Bewegung identifizieren konnten. Sie heißt Nyawĩra.“
    „Befindet sie sich in Gewahrsam?“, platzte der Herrscher heraus.
    „Nein, noch nicht ganz – sie ist uns entwischt.“
    „Ooohh“, seufzten einige Kabinettsmitglieder enttäuscht.
    „Allerdings wissen wir, wo sie arbeitet“, fügte Sikiokuu hinzu und stachelte ihre Neugier an. „Wir überwachen die Gegend rund um die Uhr, um sicherzugehen, dass ihr Arbeitgeber sie nicht versteckt.“
    „Warum verhaftest du das ganze Pack nicht einfach? Angestellte, Arbeitgeber, was soll das?“, fragte der Herrscher.
    „Eine Person ist bereits in Haft“, antwortete Sikiokuu und sah triumphierend in die Runde. „Und die Person verhält sich kooperativ.“
    Und weil sie an dem bevorstehenden Triumph teilhaben wollten, stimmten einige Minister an: „Sikiokuu, lösch den Feind aus! Siki, lösch sie alle aus!“
    „Und wer ist das?“, fragte der Herrscher und schnitt den Gesang mit einer Handbewegung ab.
    Sikiokuu warf einen siegesbewussten Blick auf Machokali, als wollte er sagen: Wie wär’s damit? Ich bin noch lange nicht mit dir fertig. Machokali gab sich Mühe, nicht in Panik zu geraten, aber seine trübe Miene täuschte nicht über seinen Versuch hinweg, möglichst gleichgültig zu erscheinen.
    „Ich muss mit tiefem Bedauern verkünden, dass

Weitere Kostenlose Bücher