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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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kamen –, ich erzählte frei heraus, dass ich die ganze Nacht damit verbracht hatte, ein paar Leute zu jagen, die vor dem Paradise aufgekreuzt waren, um die Global-Bank-Mission zu torpedieren. Ich sagte ihm, ich sei überzeugt, dass diese Gestalten keine gewöhnlichen Menschen, sondern Dschinns waren. Ich sei mir deshalb so sicher, weil ich – selbst als ich es versuchte – meine Verfolgung nicht stoppen konnte. Sie zwangen mich den ganzen Weg bis hinaus ins Grasland rund um Eldares, und hofften, dass ich mich dort verliefe. Und ich muss hinzufügen, Effendi, sie rannten nicht, aber trotzdem konnte ich sie nicht einholen. Ich versuchte, auf sie zu schießen, doch aus meiner Waffe löste sich kein Schuss. Und ich sagte mir: Ich werde bis zum Morgengrauen mit ihnen ringen. Im meinem Innersten wusste ich, dass diese beiden Dschinns nichts Gutes für das Wohl des Herrschers im Schilde führten. Deshalb war es meine loyale Pflicht, ihre Pläne zunichte zu machen, auch wenn ich dabei mein Leben aufs Spiel setzte. Während ich die Geschichte dieser Nacht vor meinem Chef ausbreitete, bemerkte ich, wie sich sein Gesichtsausdruck von anfänglichem Zorn in Sorge und Bestürzung, und schließlich in Furcht wandelte. Aber es lag auch etwas Respektvolles darin, als würde er mich, nachdem er gehört hatte, wie ich in der Dunkelheit mit gefährlichen Dschinns die Klingen gekreuzt hatte, in einem neuen Licht sehen; vielleicht glaubte er auch, es sei etwas von ihrer Macht an mir haften geblieben. Er stellte keine weiteren Fragen, und anstatt mich zu verwarnen, befahl er mir weiterzumachen. Er würde meinen Vorgesetzten von meiner außergewöhnlichen Prüfung berichten.
    Ich stieg auf mein Motorrad und fuhr los. Ich hatte es auf die großen Transporter abgesehen, weil die meisten von ihnen Schmuggelware befördern und lieber tausend Burĩ Bestechungsgeld zahlen, als kontrolliert zu werden. Sie sind ein wahrer Segen für jeden Polizisten, es sei denn, man hat das Pech, einen zu erwischen, der den mächtigen Bossen von oben gehört – einschließlich des mächtigsten von allen. Selbst wenn sie bis unter das Dach mit illegalen Waren vollgestopft sind, kann man schnell seinen Job los sein, wenn man so einen anhält. Man muss vorsichtig sein, wenn man sich schmieren lässt, bis man genau weiß, wem der Lastwagen gehört. Aber ich hatte immer eine gute Nase dafür, wann man diensteifrig sein musste und wann nicht. Um eins hatte ich über zweitausendzweihundertfünfzig Burĩ in der Tasche. Bar! Ehrlich! Haki ya Mungu ! Um ein Uhr beulten sich meine Taschen nur so.
    Ich ging ein drittes Mal zum Anwesen des Herrn der Krähen. Wieder öffnete sich die Tür von selbst. Doch gerade, als ich eintreten wollte, hörte ich die Stimme sagen, ich dürfe den heiligen Boden nicht mit Uniform, Dienstmarke und Waffe besudeln.
    Also marschierte ich wieder nach Hause. Habt ihr gehört? Der Herr der Krähen hat es an diesem Tag geschafft, mich vier Mal wieder nach Hause zu schicken, und das hat mich schließlich von seinen magischen Fähigkeiten überzeugt. Habt ihr jemals von einem Zauberheiler gehört, der für solche Einzelheiten ein Auge hat? Ich zog also meine Zivilsachen an und war sofort zurück. Wie sagt ein Sprichwort? Die Tat verrät die Not. Die Eilfertigkeit, mit der ich seine Anweisungen befolgte, schien ihm zu zeigen, wie dringend ich ein Mittel gegen die bösen Absichten meiner unsichtbaren Feinde brauchte.
    Er befahl mir, das Geld auf den Tisch zu legen, was ich unverzüglich tat.
    ‚Jetzt hör mir ganz genau zu‘, sagte er mit seiner beruhigenden Stimme. ‚Schließ deine Augen und leere deinen Kopf von allen Gedanken. Im Schatten deiner Seele wird sich ein Bild formen, und sobald es da ist, werde ich es im Spiegel fangen, so wie Faxgeräte und Computer Bilder kopieren und unsichtbar weiterleiten. Wenn ich das Bild in meinem Spiegel habe, werde ich ein scharfes Messer nehmen und es zerkratzen. Von diesem Moment an wird dein Feind für immer verschwinden.‘
    Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen, machte fest die Augen zu und wartete. Tatsächlich tauchten ein paar Sekunden später tief im Dunkel meiner Seele die Umrisse eines Bildes auf. Ich konnte jedoch nicht sagen, zu wem es gehörte, weil es fortwährend Form und Ort wechselte. Trotzdem rief ich: ‚Ja! Ich kann ein Abbild sehen, aber es will mir wieder entgleiten.‘
    ,Deine Feinde sind sehr geschickt, sehr gerissen, aber jetzt! Halt es dort fest!‘, befahl er mir. ,Was es

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