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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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grundfalsch, und zwar in jeder Hinsicht. Ihm war bewusst, dass dieses Verhalten ihn zum abnormalen Menschen machte und einer Verirrung oder Laune der Natur geschuldet war. Nachts beschwichtigte er sich leise selbst, er sei nicht verrückt, und schwor sich, darüber hinauszuwachsen und eine Frau zu finden, die ihn liebte und seine haltlose Begierde vergessen machte. Tags darauf jedoch musste Tabitha nur an ihm vorbeigehen oder ihn am Ellbogen packen, und schon breitete sich ein Feuer von seinen Lenden aus, bis es in seiner Kehle brannte. So musste er ihr Schmerzen zufügen, hauen und treten, um der verzweifelten Neigung Herr zu werden, sie zu bespringen.
    »Sie sind ein Lügner«, wetterte er schließlich, ohne den Mann anzusehen. »Nehmen Sie Ihre abwegigen Beschuldigungen mit und verschwinden Sie.«
    Stephen nannte den Knaben beim Namen, indem er sich über den Zaun lehnte und seine Schulter berührte. Der Gestank war nicht auszuhalten, und Donald musste sich zusammenreißen, damit er sich nicht erbrach. »Ehrlichkeit ist eines meiner vielen Laster. Ich habe mir aufgebürdet, andere besser zu verstehen, als sie es selbst tun. Wäre ich du, würde ich keine Zeit damit verschwenden, mich wegen eines völlig natürlichen Gefühls zu kasteien. Es ist keine Schande, und weshalb sollte ein stattlicher Junge wie du nicht bekommen, was ihm zusteht? Nicht selten schwingt sich ein Knecht irgendwann zum König auf, und welche Frau würde sich nicht vor einem Herrscher gefügig zeigen?«
    Donald stutzte. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    Stephens schlitzohriges Grinsen wurde noch breiter. »Noch nicht, aber bald. Hier.« Er zog ein flaches Gefäß aus Silber hervor und schüttelte es; Flüssigkeit schwappte darin. Als Donald es sah, lächelte er ein wenig.
    »Ist das wirklich seine?«
    »Oh ja.«
    »Wie sind Sie dazu gekommen?«
    »Ich habe sie ihm genommen.«
    »Seltsam, dass er es zugelassen hat.«
    »Glaubst du, er hatte eine andere Wahl? Egal, nimm sie.«
    Donald willigte zögerlich ein. »Ganz voll?«
    »Wiege, wie schwer sie ist.«
    »Wer hätte gedacht, dass sich Doktor Campbell ein Herz fasst?«
    »Oh, er hat ein gutes Herz, Donald. Ein warmes Herz.«
    Donald warf einen raschen Blick über die Schulter auf ihre Beobachterin am Fenster, bevor er Stephens Mitbringsel hinter den Bund seiner Hose klemmte und es mit seinem Hemd bedeckte.
    »Du bekommst sie unter der Bedingung, dass du dein Scherflein wie abgemacht beiträgst. Andernfalls werde ich zurückkehren, um die Flasche wieder an mich zu nehmen – und noch mehr, wenn mir danach ist.«
    Donald nickte. »Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    »Daran zweifle ich nicht. Sobald du es erledigt hast, wird noch etwas für dich herausspringen.« Sein Blick wanderte über Donalds Schulter hinweg. Er schaute Tabitha rundheraus an und lächelte.
    Der Junge schluckte und sagte nichts. Ob es vor Angst oder Aufregung in seinen Eingeweiden rumorte, konnte er nicht abschätzen. Er hatte weiche Knie, als sich Stephen wieder auf ihn konzentrierte.
    Die Augen des Mannes waren schwarz wie Kohlen. »Sie wird sich nach dir verzehren«, versprach er.

    ***

    Zu Abend kochte Mrs. Fletcher Haseneintopf, den sie mit frisch gebackenem Brot servierte. Die Kürbisfratzen schauten argwöhnisch vom Spülstein aus zu. Neils Rübe sah besonders entrüstet aus und viel besser, nachdem Grady unbemerkt die knorrigen Teile abgeschnitten hatte. Neil würde natürlich böse werden, falls es ihm auffiel, also hofften sie, es entgehe ihm.
    »Also, Mrs. Fletcher«, sprach Grady, während er die Kruste von einer Scheibe Brot rupfte und in die Brühe tunkte. »Nun zu Ihrer Partie.«
    Die Frau errötete und verdrehte geziert die Augen. Kate fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sich zwischen den beiden Hausangestellten mehr abspielte als bloße Witzelei. Schließlich teilten sie manche Gemeinsamkeit, beispielsweise ihr Alter. Ferner hatte Mrs. Fletcher ihren Gatten an die Schwindsucht verloren, wohingegen Gradys Frau im Kindbett gestorben war. Sie hatten also die gleichen Narben davongetragen und lebten bereits lange genug auf dem Mansfield-Anwesen, um mitzuverfolgen, wie der Kummer die Bewohner mürbe machte. Trotzdem behielten beide ihren bissigen Humor und zeigten sich unbeugsam, auch wenn selbst aus ihren Augen gelegentlich Melancholie sprach. Kate stellte sich das Duo gerne als Ehepaar vor; womöglich hätten sie geheiratet – in einer anderen Zeit und unter günstigeren Umständen – und wären

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