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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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hineinkriechen. Ich wollte es Ihnen sagen, glauben Sie mir, aber dann fand ich es viel lustiger, Sie es selbst herausfinden zu lassen.« Sie prustete erneut los. »Übrigens bin nicht ich hingegangen und habe versucht, es herauszuschütteln.«
    Er wartete, bis sich die beiden gefangen hatten, dann warf er den nassen Sack wieder über die Schulter. »Ist Ihnen bei allem Ulk nicht in den Sinn gekommen, wie schade es gewesen wäre, hätte ich den Sack getreten, statt ihn auf den Kopf zu stellen? Die Kürbisse, an denen sich Mrs. Fletcher abgearbeitet hat, wären dahin gewesen, und Sie mit leeren Händen zum Fest gegangen.«
    Sie gelobten halbherzig Besserung und strahlten weiter. Reue verspürten sie nicht im Geringsten, aber Grady nahm es ihnen nicht übel. So sehr er sich erschrocken hatte, musste er ihnen eines lassen: Sie hatten voll ins Schwarze getroffen, obwohl mancher Scherz, der ihm selbst in jungen Jahren eingefallen war, noch bessere Wirkung gezeigt hatte. Er schrieb sich hinters Ohr, ihnen irgendwann von dem Tag zu erzählen, als er eine Garbe angezündet hatte, mit der sein Vater zu einem Bauern vor Ort unterwegs gewesen war. Wundersamerweise hatte der Gute fast eine halbe Meile zurückgelegt, ehe ihm der Rauch in seinem Nacken aufgefallen war. Selbst dann hatte ihn jemand darauf hinweisen müssen, dass das Stroh auf seinem Rücken brannte. Seinem Sohn hatte er daraufhin ordentlich den Hintern versohlt, doch den Heidenspaß war es wert gewesen.
    »Kommen Sie«, drängte er nun. »Zurück in den Sack mit dem Zeug, oder wir stehen die ganze Nacht hier, und Sie ruinieren Ihre Kostüme.«
    »Ja, ja«, nölte Kate. Am Kragen ihres Regenmantels ragte die Naht eines roten Kleides hervor. Sie bückte sich und fing an, die Kürbisse zu ihrem Bruder zu rollen, der ungeschlacht nach ihnen trat.
    »Mensch, du sollst sie aufheben«, wies sie ihn zurecht.
    Es blitzte wieder.
    Gradys Atem stockte.
    Auf dem Feld bewegte sich etwas. Er hatte nur einen kurzen Blick darauf erhascht, als das Licht aufgeflackert war. Zurück blieb – wie auf den Netzhäuten eingebrannt – ein anmutig langer Schatten, gleich einer verkohlten Riesenechse, bloß dass sich kein Reptil so bewegte. Es war gesprungen, geradezu übers Moor geflogen. Wieder hielt der Diener die Luft an und wartete auf die nächsten Blitze, doch als es so weit war, sah er nichts als leere Landschaft. Was immer er zu sehen geglaubt hatte, war verschwunden und vermutlich sowieso bloße Einbildung gewesen. Vielleicht handelte es sich nur um verkleidete Kinder, die eine Abkürzung durchs Moor nahmen, um zum Bürgerhaus zu gelangen. Doch diese Idee tat er sofort wieder als halbgaren Versuch ab, die Bilder vernunftmäßig zu erklären, die immer noch vor seinem geistigen Auge flimmerten.
    Keine Kinder.
    Tiere.
    Auf der Jagd.
    Es setzte ihm derart zu, dass er die Kapuze abstreifte, um besser zu sehen. Dabei wehte der Wind seine Mütze davon, aber ihm lag nichts daran, sie wiederzubekommen, also schaute er nur zu, wie sie in die Dunkelheit und hinter die Hecken segelte.
    »Grady?«
    Sein Name riss ihn aus dem Gedankenstrudel. Kate und Neil mühten sich gerade mit dem wieder gefüllten Sack. Schnell nahm er ihnen die Last ab und schulterte sie erneut.
    »Einer der Kürbisse ist leicht angerissen«, erklärte Kate. »Nase und rechtes Auge gehen jetzt ineinander über.« Sie schien sich darüber zu freuen.
    »Dann ist das Ihrer«, erwog Grady und führte sie unter einer Flut von Beschwerden weiter ins Dunkel. Auch während er sich heiter zeigte und Klamauk mit den Kindern trieb – hör auf, es sind keine Kinder, verflucht! –, stand er unter Strom. Jedes Haar an seinem Körper musste sich aufgerichtet haben. Er fühlte sich beobachtet, bedroht … bedrängt. Als er ein schnelleres Schritttempo anschlagen wollte, murrte Neil, also pfiff sich Grady selbst zurück, während er damit rechnete, dass von beiden Seiten der schmalen Straße gleich etwas mit viel Gekreisch aus den Hecken springen würde. Als sie das Fox & Mare erreichten, kollabierte er fast vor Erleichterung, und obwohl sie drinnen erfuhren, dass Doktor Campbell nicht zugegen war, fühlte er sich besser im Wissen darum, dass es nicht mehr weit bis zum Bürgerhaus war. Das Gläschen Whiskey, das ihm Sarah Laws zuschob, nahm er dankend als Nervenbalsam entgegen, ehe er sich zurück nach draußen begab, wo der Sturm nicht abflaute.
    Unterwegs bemerkte er öfter als einmal, wie Kate ihn beäugte. Sie wunderte sich über

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