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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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Knochen über. Er schlang einen Arm um den Oberkörper. An diesem Ort roch es genauso wie der Mann, zudem modrig und nach Schimmel.
    »Unser Zuhause«, bemerkte Stephen, als er ihm endlich die Fesseln abnahm. Neil erwiderte nichts, sondern lauschte Geräuschen, die wie gedämpfte Pistolenschüsse klangen, während vermutlich nur jemand Zweige brach. Gut, ein Feuer, dachte er und massierte seine tauben Handgelenke. Er hörte, wie Stephen hastig Papier zerknüllte, dann herrschte kurz Stille, bevor ein Streichholz angezündet wurde.
    »Es wird ein bisschen dauern, bis es warm ist«, bemerkte der Mann. »Geh fünf Schritte geradeaus, und du stehst direkt vor dem Feuer. Komm, nimm Platz.«
    Neil zögerte. Die Aussicht auf Wärme zog ihn wie ein Magnet an, aber er war immer noch aufgeregt und hatte mehr als nur ein wenig Angst vor diesem Kerl. »Wieso haben Sie mich hergebracht?«, wollte er wissen.
    »Ich versprach dir eine Gelegenheit, uns eingehend auszutauschen, oder nicht?« Er wartete nicht auf eine Antwort. »Tja, jetzt drängt es sich geradezu auf.«
    Es donnerte mehrmals, fast direkt über ihren Köpfen, doch von dem Regen, der sich anschloss, blieb der Raum verschont.
    »Dafür wird man Sie hängen. Das nennt man Entführung. Wenn ich Sie wäre, würde ich zusehen, mich heimzubringen, solange Sie noch können … bevor man Sie wie einen Mistköter jagen wird, denn das sind Sie.«
    »Aber du bist doch daheim.« Stephen klang amüsiert.
    Das Feuer knisterte und rauschte. Das Holz schien lackiert zu sein, so ätzend stank es. Neil vermutete, der Mann habe Möbel auseinandergenommen, um den Raum zu befeuern. Er blieb am Eingang stehen. »Daheim ist für mich der Ort, an dem meine Familie lebt.«
    »Wir beide sind eine Familie.«
    »Vater und Kate sind meine Familie.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Natürlich. Weshalb sollte ich nicht?«
    »Weil du ein Adoptivkind bist, oder sollte ich besser sagen … deinen leiblichen Eltern gestohlen wurdest.«
    Zwar weigerte sich Neil, dem Glauben zu schenken, doch es versetzte ihm einen Schock und ließ ihn noch bitterlicher frieren. Wiederum fragte er sich, weshalb der Mann so etwas behauptete. Welchen Nutzen erhoffte er sich davon, ihn hinters Licht zu führen? »Sie sind ein schamloser Lügner«, schalt er ihn.
    »Sag nur. Warum setzt du dich nicht ans Feuer, und wir sprechen in Ruhe darüber? Ich bin überzeugt davon, du wirst die Wahrheit annehmen, sobald du meine Geschichte kennst.«
    »Nein, das ist ein Trick.«
    »Neil, es gibt keinen Grund, dich auszutricksen oder dir auf irgendeine Weise Schaden zuzufügen. Ich habe dich in die Ruine des Callow-Hauses gebracht, damit du die Hintergründe begreifst. Eigentlich hättest du hier aufwachsen sollen. Sobald du einsichtig geworden bist, steht es dir frei, wieder zu gehen. Ich werde keinen Finger krümmen, um dich aufzuhalten.«
    »Ich glaube Ihnen nicht.«
    »Gut, dann bleib an der Tür stehen, aber hier vor den Flammen ist es gemütlicher.«
    Der Qualm kam Neil wie ein Köder vor, der an seinen Sinnen zerrte. Er dachte bei sich, Stephen hätte ihn längst misshandelt, wenn er darauf erpicht gewesen wäre. Noch während er sich mit ausgestreckten Armen in Bewegung setzte, sah er ein, wie leichtsinnig ihn die Sehnsucht nach Hitze machte. Sie schwächte seinen gesunden Menschenverstand, aber er ging weiter und nahm zuletzt die Hände herunter, um sie vorsichtig hin- und herzubewegen. Es wurde wärmer, bis er es im Gesicht spürte.
    »Genau dort«, sprach der Mann. »Lass dich nieder. Brauchst du Hilfe?«
    »Nein, und selbst wenn, würde ich keine von Ihnen annehmen. Sie sind bloß ein Verbrecher und werden für Ihre Tat zahlen.«
    »Kann sein.« Stephen schien sich nicht sonderlich darum zu sorgen.
    Neil ging sachte in die Hocke. Nachdem er die Beine vor sich ausgestreckt hatte, spürte er Holzspäne und staubigen Betonboden unter seinen Händen.
    »Wir sitzen dort, wo früher die Küche war«, erklärte der Fremde beinahe versonnen.
    »Sind Sie Callow?«
    »Nicht Edgard Callow, nein. Ihm gehörte dieses Anwesen, ihm und seiner Frau Sylvia. Er kam bei der Jagd ums Leben … Besser gesagt, er wurde ermordet.«
    »Aber Sie sagten doch eben, das Haus gehöre Ihnen.«
    »Stimmt, und eine Zeit lang war es auch mein … abgesehen vom Namen in jeder Hinsicht. Selbst auf die Hausherrin erhob ich Anspruch.«
    »Wer sind Sie dann, wenn nicht Callow.«
    »Ich nannte dir meinen Namen bereits: Stephen … Stephen Callow, Junge. Edgard

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