Herr der Welt
die Äußerung des Herrn Ward durch den Kopf, daß der Chauffeur des Automobils und der des Bootes möglicherweise ein und dieselbe Person wären. Sehr annehmbar erschien es ja auch, daß die beiden Fahrzeuge von derselben Hand konstruiert worden seien. Und zweifelsohne enthielten sie die gleiche Art Motor, der ihnen die ungeheure, alle bisher aufgestellten Rekorde übertreffende Geschwindigkeit verlieh, die die beiden Gefährte zu Lande und zu Wasser entwickelten.
»Also für beide derselbe Erfinder?« murmelte ich vor mich hin.
Diese Annahme verstieß jedenfalls nicht gegen die Wahrscheinlichkeit. Auch der Umstand, daß beide Maschinen nie gleichzeitig beobachtet worden waren, unterstützte diese Anschauung im Grunde noch weiter.
So sagte ich mir denn:
»Ja ja: erst das Geheimnis des Great-Eyry und darauf das der Bai von Boston! Wird es mir mit dem zweiten ebenso gehen, wie mit dem ersten?… Wird man das eine ebensowenig ergründen können, wie das andere?«
Ich muß hierzu noch bemerken, daß das neue Vorkommnis, schon in Anbetracht der öffentlichen Sicherheit, sehr weite Kreise tief erregte. Erfolgte ein Vulkanausbruch oder fand in den Blauen Bergen ein Erdbeben statt, so brachte das nur für die Bewohner des benachbarten Gebietes ernstlichere Gefahr, konnte dagegen auf irgendwelcher Landstraße der Vereinigten Staaten, auf irgendwelchen amerikanischen Gewässern dort der Kraftwagen, hier das Boot wieder erscheinen, so wäre damit die Gesamtheit der Bürger immer mit der schwersten Gefahr bedroht.
Wie durch einen Blitzschlag aus heiterem Himmel mußte jedermann fürchten, überrannt zu werden. Verließ ein Bürger sein Haus, so lief er auch Gefahr, von dem plötzlichen Auftauchen jenes Chauffeurs, dem niemand schnell genug ausweichen konnte, überrascht zu werden. Wage sich doch einer auf eine Straße in der Stadt oder auf dem Lande, über die jeden Augenblick Geschosse hinsausen können!… Das hoben auch Tausende von Tages-und Wochenblättern hervor, besonders die, die am eifrigsten gelesen wurden.
Es verwunderte mich auch gar nicht, daß solche Erörterungen den Leuten den Kopf erhitzten, vorzüglich solchen von dem Schlage meiner alten Dienerin, die steif und fest an allerlei übernatürliche Dinge glaubte.
Heute, als Grad – so heißt meine Haushälterin – nach dem Mittagsessen den Tisch abräumte und eine Flasche in der einen, Schüssel und Teller in der anderen Hand hielt, ging sie nicht gleich hinaus, sondern sah mir unverwandt ins Gesicht.
»Nun, Herr Strock, sagte sie, noch immer nichts Neues?
– Nicht das geringste, antwortete ich, wohl erratend, worauf ihre Frage zielte.
– Der Wagen hat sich noch nicht wieder sehen lassen?
– Nein, Grad.
– Das Schiff auch nicht?…
– Auch das Schiff nicht. Selbst die bestunterrichteten Tagesblätter wissen nichts davon.
– Aber auf dienstlichem Wege könnten Sie doch…
– Amtlich ist man ebenfalls ohne jede Nachricht.
– Dann, bitte, sagen Sie mir doch, Herr Strock, wozu die Polizei eigentlich nützt?
– Das ist eine Frage, die ich Gelegenheit genug hatte, mir selbst zu stellen.
– Und das ist ja recht beruhigend, mein Herr Strock! Da wird eines schönen Morgens der verwünschte Chauffeur ohne vorherige Anmeldung auftauchen und man wird ihn in Washington auf die Gefahr hin, die Passanten zu überfahren die Long-Street entlang sausen sehen…
– Oho, Grad, dann eröffnete sich die Aussicht, ihn abzufangen!
– Das wird nimmermehr gelingen, Herr…
– Warum denn nicht?
– Weil dieser Chauffeur der Teufel in eigener Person ist, und der läßt sich von keinem fangen.«
Natürlich, dachte ich, dem Teufel läßt sich ja vieles aufbürden, und ich glaube, der ist überhaupt nur erfunden morden, damit eine Menge guter Leute sich einbilden können, zu erklären, was unerklärlich ist. Er hat – nach deren Ansicht – die Flammen im Great-Eyry angezündet, er hat den Rekord der Geschwindigkeit auf der Wisconsiner Landstraße gebrochen, er segelt jetzt in den Gewässern von Connecticut und Massachusetts wie toll umher!
Doch Scherz bei Seite… sehen wir ab von einer Einmischung des bösen Geistes, die, das seh ich wohl ein, der Fassungskraft weniger kultivierter Gehirne entspricht. Zu bezweifeln war aber jedenfalls nicht, daß ein menschliches Wesen hier über zwei Beförderungsmittel verfügte, die sich auch den vollkommensten, welche man bisher kannte, weit überlegen erwiesen.
Daran schloß sich noch folgende Frage:
»Warum
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