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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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denselben Anfangsbuchstaben, so
    gedachte ich sie zu diesem ersten zu legen, wenn ich ihren
    Inhalt auch ebensowenig für Ernst halten würde.
    Mehrere Tage verstrichen, an denen ich mich wie ge-
    wöhnlich auf das Polizeiamt begab. Ich hatte hier einige
    Berichte zu vollenden, und nichts deutete vorläufig dar-
    auf hin, daß ich Washington in der nächsten Zeit verlassen
    sollte. Leute unseres Berufs sind freilich niemals auch nur
    des nächsten Tages sicher. Gar zu leicht kann das oder jenes
    vorkommen, was einen nötigt, die Vereinigten Staaten von
    Oregon bis Florida, von Maine bis Texas zu durchmessen.
    Und – dieser Gedanke beschäftigte mich immer wie-
    der – wenn ich mit einer neuen Sendung betraut würde und
    erledigte sie nicht glücklicher als meinen Auftrag bezüglich
    des Great Eyrie, dann blieb mir nur übrig, um meine Ver-
    abschiedung einzukommen und mich ins Privatleben zu-
    rückzuziehen.
    Was die Angelegenheit des oder der Chauffeure anging,
    hörte man davon nicht mehr sprechen. Ich wußte, daß die
    Regierung angeordnet hatte, die Landstraßen, Ströme, Seen
    und überhaupt alle amerikanischen Gewässer zu überwa-
    chen. Ist aber eine wirksame Überwachung möglich in ei-
    nem Land, das sich vom 60. bis zum 125. Längengrad und
    vom 30. bis zum 45. Breitengrad erstreckt? Hatte das unauf-
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    findbare Fahrzeug mit dem Atlantik auf der einen und dem
    Pazifik auf der anderen Seite, mit dem ausgedehnten Golf
    von Mexiko, der seine Küsten im Süden umspült, nicht ein
    ungeheures Feld für seine Bewegung, wo es so gut wie gar
    nicht aufzuhalten war?
    Doch wie gesagt, weder der eine noch der andere Appa-
    rat war bisher wieder gesehen worden, und von seinem letz-
    ten Auftauchen her weiß man ja, daß dessen Erfinder nicht
    gerade verkehrsarme Gegenden aufgesucht hatte, wozu nur
    an die große Landstraße von Wisconsin an jenem Renntag
    und an die Küstengewässer von Boston erinnert sein mag,
    wo unaufhörlich Tausende von Schiffen kreuzen.
    War der Erfinder also nicht umgekommen – was immer-
    hin nicht ausgeschlossen schien – oder befand er sich jetzt
    fern von Amerika, vielleicht auf den Meeren der Alten Welt,
    wo er sich an einem nur ihm bekannten Zufluchtsort ver-
    borgen hielt, dann . . . ja, wenn nicht ein Zufall . . .
    »Ach was«, wiederholte ich mir öfters, »einen ebenso
    versteckten und unzugänglichen Zufluchtsort wie den
    Great Eyrie hätte er doch nirgends finden können! Ein
    Schiff könnte freilich ebensowenig dahingelangen wie ein
    Automobil! Nur die Riesenvögel, die Adler und die Geier
    können sich dahin flüchten.«
    Ich muß hier noch einfügen, daß seit meiner Rückkehr
    nach Washington kein neues Emporlodern von Flammen
    die Bewohner jener Gegend mehr erschreckt hatte. Da mir
    von Mr. Elias Smith keine hierauf bezügliche Nachricht zu-
    gegangen war, schloß ich mit Recht, daß sich dort nichts
    — 110 —
    Außergewöhnliches ereignet haben könne. Alles deutete
    darauf hin, daß die beiden Angelegenheiten, die die Neu-
    gier, sogar die Unruhe der großen Menge in so hohem Maß
    erregt hatten, vollständig der Vergessenheit anheimfallen
    sollten.
    Am 16. begab ich mich gegen 9 Uhr nach meinem Büro,
    als ich beim ersten Schritt aus dem Haus bemerkte, daß
    mir zwei Männer in etwas auffallender Weise nachsahen.
    Da ich sie jedoch nicht kannte, achtete ich nicht besonders
    darauf, und, wenn meine Aufmerksamkeit diesem kleinen
    Zwischenfall doch zugelenkt werden sollte, lag das nur da-
    ran, daß Grad mir ihn bei meiner Heimkehr zur Sprache
    brachte.
    Meine alte Haushälterin wollte nämlich beobachtet ha-
    ben, daß zwei Männer mir auf der Straße aufzulauern schie-
    nen. Diese wären vor meiner Wohnung immer 100 Schritt
    auf- und abgegangen und mir dann gefolgt, als ich mich
    längs der Long Street zum Polizeiamt begab.
    »Wissen Sie das gewiß?« fragte ich.
    »Ganz gewiß, Mr. Strock, und auch gestern sind die
    Männer, als Sie nach Hause kamen, erst fortgegangen, als
    sich die Tür hinter Ihnen geschlossen hatte.«
    »Nochmals, Grad, Sie täuschen sich nicht?«
    »Nein, Mr. Strock.«
    »Und würden Sie die Männer wiedererkennen, wenn sie
    sich nochmals zeigten?«
    »Ohne jeden Zweifel . . .«
    »Ei, ei, liebe Grad«, erwiderte ich lachend, »ich sehe ja,
    — 111 —
    daß Sie eine richtige polizeiliche Spürnase haben. Ich werde
    wohl dafür sorgen müssen, Sie bei der Sicherheitsbrigade
    unterzubringen!«
    »Scherzen Sie nur immerzu, Mr. Strock.

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