Herr der Welt
überhaupt nicht an Bord gewesen wäre.
Mit großer Erregung erwartete ich die weitere Annähe-
rung der beiden Torpedojäger. Kaum noch 2 Meilen ent-
fernt, schwenkten sie so ein, daß sie die ›Terror‹ zwischen
zwei Feuer nehmen konnten.
Im Gesicht des »Herrn der Welt« spiegelte sich nur die
tiefste Verachtung. Wußte er denn so bestimmt, daß die
beiden Zerstörer nichts gegen ihn ausrichten könnten?
Ein dem Maschinisten erteilter Befehl . . . und er würde ih-
nen einfach davonlaufen, so schnell sie auch sein mochten.
Schon mit einigen Umdrehungen der Maschine wäre die
›Terror‹ außerhalb der Reichweite ihrer Geschütze, und in
der Tiefe des Eriesees konnten die Geschosse das Tauch-
boot nicht erreichen.
10 Minuten später trennte uns kaum noch 1 Meile von
den beiden uns verfolgenden Fahrzeugen.
Der Kapitän ließ sie noch immer näher herandampfen.
Dann drückte er auf einen Hebel, und unter der verdoppel-
ten Wirkung ihres Antriebsmechanismus machte die ›Ter-
ror‹ auf der Oberfläche des Sees einen wirklichen Sprung.
Sie spielte augenscheinlich mit den Torpedojägern, und
statt zurückzuweichen, setzte sie ihre Fahrt unverändert
fort. Wer weiß, ob sie nicht tollkühn genug war, zwischen
beiden durchzubrechen und sie hinter sich her zu locken
bis zu der Stunde, wo sie mit anbrechender Nacht die nutz-
lose Verfolgung aufgeben mußten.
Die Stadt Buffalo war jetzt am Ufer des Eriesees deutlich
— 209 —
— 210 —
zu erkennen, und ich sah genau ihre Häuser, ihre Kirch-
türme und ihre Getreidespeicher. Wenig im Nordwesten
davon in 4 bis 5 Meilen Entfernung lag der Anfang des Ni-
agarastroms.
Wozu sollte ich mich nun unter diesen Verhältnissen
entschließen? Bot sich jetzt, wenn wir mit den Torpedojä-
gern auf einer Linie lagen, mir als erprobtem Schwimmer
nicht eine – wahrscheinlich nie wiederkehrende – Gelegen-
heit, ins Wasser zu springen? . . . Der Kapitän konnte sich
doch unmöglich aufhalten, um mich wieder einzufangen.
Wenn ich untertauchte, winkte mir ja die Aussicht, glück-
lich zu entkommen. Dann würde ich wahrscheinlich von
dem einen oder dem anderen Schiff aufgenommen, denn es
konnte immerhin möglich sein, daß deren Befehlshaber von
meiner mutmaßlichen Anwesenheit auf der ›Terror‹ schon
informiert waren. Sollten sie dann nicht ein Boot aussetzen,
mich aufzufischen?
Die Aussicht auf Erfolg verbesserte sich freilich, wenn die
›Terror‹ erst zwischen die Ufer des Niagarastroms eingefah-
ren war. Auf der Höhe der Insel Navy konnte ich auf einem
mir wohlbekannten Gebiet an Land kommen. Aber anzu-
nehmen, daß der Kapitän sich auf den durch die Riesenfälle
gesperrten Strom wagen würde, das schien mir unmöglich.
Ich beschloß also, die Torpedojäger erst noch näher heran-
kommen zu lassen und mich nachher zu entscheiden.
Ich muß nämlich gestehen, daß ich mir über mein Ver-
halten noch keineswegs im klaren war . . . Nein, ich konnte
mich doch nicht leichten Herzens entschließen, durch eine
— 211 —
Flucht jede Aussicht auf Entschleierung dieses Geheimnisses
aufzugeben. Mein Instinkt als Polizist empörte sich bei dem
Gedanken, daß ich ja nur die Hand auszustrecken brauchte,
um den in Acht und Bann erklärten Mann zu ergreifen! . . .
Nein, nein! . . . Ich wollte mich nicht retten, damit wäre ja
das Spiel unrettbar verloren gewesen. Doch welches Schick-
sal erwartete mich andererseits, und wohin würde mich die
›Terror‹ schleppen, wenn ich an Bord blieb?
Es war jetzt viertel nach 7. Die Torpedojäger glitten mit
einem Abstand von 12 bis 15 Kabellängen zwischen sich
immer näher heran. Die ›Terror‹ mußte ohne Erhöhung ih-
rer Geschwindigkeit bald den einen an Steuerbord, den an-
deren an Backbord neben sich haben.
Ich hatte meinen Platz nicht verlassen. Der Mann auf
dem Vorderteil stand dicht bei mir.
Unbeweglich am Steuer, die Augen erglühend unter den
zusammengezogenen Brauen, erwartete der Kapitän viel-
leicht den Augenblick, der Sache durch ein neues Manöver
ein Ende zu machen. Plötzlich erscholl ein Krachen an Bord
des Torpedojägers zu unserer Linken. Ein dicht an der Was-
serfläche hinstreichendes Geschoß sauste über das Vorder-
teil der ›Terror‹ hinweg und verschwand hinter dem feind-
lichen Schiff zur Rechten.
Ich richtete mich auf. Der Mann an meiner Seite schien
auf ein Zeichen vom Kapitän zu warten.
Dieser wandte nicht einmal den Kopf um, und
Weitere Kostenlose Bücher