Herr des Lichts
der Ersten, die sich inzwischen zu Göttern aufgeschwungen haben, sprechen sich mit den Tempelpriestern ab. Wenn Ihr tatsächlich zu den Ersten gehört, Sam, muß Euer Weg zwangsläufig entweder zur Gottwerdung oder aber in die Vernichtung führen - wenn Ihr diesen neuen Herren des Karma gegenübertretet.«
»Ich verstehe Euch nicht ganz.«
»Nähere Auskünfte müßt Ihr anderswo suchen«, sagte der andere. »Ich weiß nichts Genaueres darüber, wie solche Angelegenheiten gegenwärtig gehandhabt werden. Fragt in der Straße der Weber nach Jannaveg, dem Segelmacher.«
»Ist das der Name, unter dem Jan jetzt bekannt ist?«
Der andere nickte.
»Und hütet Euch vor den Hunden«, sagte er, »oder besser, hütet Euch vor allem, was lebt und Intelligenz beherbergen könnte.«
»Wie ist Euer Name, Kapitän?« fragte Sam.
»In diesem Hafen habe ich überhaupt keinen Namen, auch keinen falschen, und ich habe keinen Grund Euch anzulügen. Guten Tag, Sam.«
»Guten Tag, Kapitän. Ich danke Euch für Eure Worte.«
Sam erhob sich. Er verließ den Hafen und ging in Richtung auf das Geschäftsviertel und die Marktstraßen.
Die Sonne war ein roter Diskus am Himmel. Aufsteigend näherte sie sich der Brücke der Götter. Der Fürst schritt durch die erwachte Stadt, schlängelte sich durch das Gewirr der Verkaufsstände, in denen die Handwerker die Ergebnisse ihrer Kunstfertigkeit feilboten. Straßenhändler schwärmten über den Markt und verhökerten Salben und Puder, Duftwässer und Öle. Blumenhändler drängten den Passanten Gewinde und Ansteckbukette auf. Die Weinhändler blieben stumm. Auf Bänken aufgereiht, saßen sie mit ihren Schläuchen im Schatten und warteten, so wie sie es jeden Tag taten, auf ihre Stammkunden. Der Morgen duftete alles in einem nach kochendem Essen, Moschus, Fleisch, Kot, frischgebackenem Brot, Öl und Weihrauch. Wie eine unsichtbare Wolke lag der Geruch über dem Markt. Hin und her wälzte er sich.
Selbst wie ein Bettler gekleidet, konnte der Fürst es wagen, stehenzubleiben und einen Buckligen mit einer Bettlerschale anzusprechen.
»Grüß dich, Bruder«, begann er. »Ich bin auf einem Botengang und weit von meinem Viertel abgekommen. Weißt du, wo es zur Straße der Weber geht?«
Der Bucklige nickte und schüttelte vielsagend seine Schale.
Der Fürst zog eine Scheidemünze aus dem Geldbeutel, der unter seinem zerlumpten Gewand verborgen war und warf sie dem Buckligen in die Schale, aus der sie alsbald verschwand.
»In diese Richtung.« Der Mann deutete sie ihm mit einer Kopfbewegung an. »Die dritte Straße von hier aus links. Dann über zwei Querstraßen hinweg - und du stehst vor dem Tempel des Varuna am Kreis des Springbrunnens. Wenn du in den Kreis kommst, erkennst du die Straße der Weber am Zeichen der Ahle.«
Er nickte dem Buckligen zu, klopfte ihm auf den Höcker und machte sich auf den angegebenen Weg.
Als er den Kreis des Springbrunnens erreicht hatte, blieb der Fürst stehen. Mehrere Dutzend Leute standen in einer sich verschiebenden Reihe vor dem Tempel des Varuna, des strengsten und hehrsten unter allen Göttern, aber sie warteten nicht darauf, den Tempel betreten zu dürfen, sondern waren mit etwas beschäftigt, bei dem sie nach einigem Warten nacheinander zum Zuge kamen. Der Radscha hörte das Klappern von Münzen und trat näher heran.
Es war eine metallisch glänzende Maschine, vor der die Menschenreihe Aufstellung genommen hatte.
Ein Mann warf eine Münze in den Rachen eines Stahltigers. Die Maschine begann zu summen. Er drückte auf Knöpfe, die Tier- und Dämonengestalt hatten. Licht zuckte jetzt hinter den langen Körpern der Nagas, der beiden heiligen Schlangen, auf, die über die durchsichtige Vorderseite der Maschine krochen.
Der Fürst trat noch näher.
Der Mann drückte auf einen Hebel, der in der Form eines Fischschwanzes seitlich aus der Maschine herauswuchs.
Ein heiliges blaues Licht erfüllte das Innere der Maschine; die Schlangen pulsierten rötlich; und inmitten der Lichter und inmitten der gedämpften Musik, die zu spielen begonnen hatte, wurde ein Gebetsrad sichtbar, das mit hoher Geschwindigkeit schwirrte.
Der Mann hatte einen glückseligen Gesichtsausdruck. Nach einigen Minuten schaltete die Maschine sich von selbst ab. Er warf eine neue Münze ein und drückte noch einmal den Hebel, was für einige von denen, die mehr zum Ende der Reihe hin warteten, Anlaß zu unüberhörbarem Murren war: daß das schon die siebente Münze sei, daß auch noch
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