Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
zukommen sah. »Hattest du einen schönen Tag?« Sanft küsste er ihre Stirn. Er umfasste ihre Hüfte nicht, zog sie nicht an sich, seine Zunge forderte keinen Einlass zwischen ihren Lippen.
»Alle hier achten darauf, dass es mir gut geht«, behauptete sie.
»Gut.« Er wandte sich an den Gardisten. »Besorge mir ein Übungsschwert und ein paar gute Fechter. Ich will meine Fähigkeiten nicht verkommen lassen.«
»Ja, Herr.«
»Du kämpfst oft mit Sterblichen«, sagte Kiretta.
Die Rüstung knirschte, als er die Schultern bewegte. »Beinahe jede Nacht. Aber es ist wirklich nur eine Übung. Ich trete gegen drei oder vier von ihnen an. Die Waffen sind Attrappen, und meine Gegner sind ordentlich gepanzert. Ihnen geschieht kein Leid.«
Kiretta nickte.
»Was ist?« Eine Spur Schärfe lag in seiner Frage.
»Nichts. Ich würde nur gern diese Nacht mit dir genießen. Die Monde sind beinahe vollständig verborgen. Wir könnten im Sternenlicht spazieren gehen.«
»Wenn es dir Freude macht, soll es mir recht sein.« Er sah den Gardisten an. »Die Männer können schon einmal anfangen. Ich werde später dazustoßen. Für wann hat sich die Gesandtschaft aus Pijelas angekündigt?«
»Sie ist schon hier«, berichtete Quinné.
»Lasst sie warten. Drei oder vier Stunden, dann werde ich Zeit für sie haben.«
Sie gingen den Hügel hinab zu dem Fluss, der wohl den Ausschlag dafür gegeben hatte, hier das Lager zu errichten. Kiretta wäre gern mit Bren allein gewesen, aber das ließ sich kaum machen. Die Zelte der beiden Osadroi waren von Kriegern umgeben. Niemand wollte riskieren, nach Velon noch einen weiteren Unsterblichen zu verlieren.
»Was siehst du hier?«, fragte Kiretta. »Mit deinen neuen Sinnen?«
»Männer, die Wasser holen und Holz sammeln«, antwortete er. Als sie schwieg, sah er sich genauer um. »Der Krieger dort, am anderen Ufer, hat eine Narbe über der Schläfe. Er muss großes Glück gehabt haben, eine Wunde an dieser Stelle ist meist tödlich.«
Der Mann war viel zu weit entfernt, als dass Kiretta eine solche Einzelheit hätte entdecken können.
»In dem Baum dort hockt eine Wildkatze. Sie versteckt sich zwischen den Blättern. Irgendwer wird sie bald entdecken und für seine Aufmerksamkeit mit einem Braten belohnt werden. Fleisch ist selten in diesen Nächten. Er wird aufpassen müssen, dass kein Stärkerer kommt und es ihm entreißt.«
»Es gibt viele Starke in diesem Heer.«
»Ja, die Truppen sind siegreich. Nicht so wild wie die Piraten, die du gewohnt bist, aber ihre Stärke haben sie bewiesen, als sie den Weg durch das Feindesland erzwungen und Akene genommen haben.«
»Nicht nur genommen. Geschleift.«
»Das hat nicht viel Stärke erfordert, der Gegner war besiegt.«
»Glaubst du, sie haben es genossen, die Ilyjier zu demütigen?«
Er ließ den Blick schweifen. »Ich glaube es nicht nur. Ich weiß es. Ich kann ihre Genugtuung in der Luft schmecken.«
»Wirklich?«, rief Kiretta überrascht.
»Ja. Wenn man einmal gelernt hat, darauf zu achten, sind die Emotionen einer so großen Menschenmenge kaum zu ignorieren.«
»Kannst du bei jedem die Gefühle spüren?«, fragte sie und näherte sich ein wenig.
»Ich bin nicht besonders gut darin. Natürlich kann ich die Essenz eines Menschen schmecken. Aber ich bin nicht Lisanne. Ihr bleibt nichts verborgen.«
»Wärst du gern wie sie?«
»Sie ist eine Todfeindin!«, rief er.
»Auch Feinde kann man achten.«
»Dennoch muss man sich vor ihnen hüten.«
Brens Wankelmut war unverkennbar. Mal stellte er Lisanne als unerreichtes Idol auf einen Sockel, jetzt betrachtete er sie als Todfeindin.
Kirettas Blick fand einen Trupp Razzor, der seine Wasserflaschen nachfüllte. Die gefalteten Arme kannten keine langsamen, fließenden Bewegungen. Sie schnappten vor und zurück, wie Bogensehnen, die man schnellen ließ. »Was ist mit denen? Was fühlen sie?«
»Ich kann das nur bei Menschen spüren. Aber ich weiß dennoch, was in einem Razzor vorgeht. Ich war dabei, als Lisanne sie erschuf. Sie fühlen mit ihrer Königin. Was ihre Mutter bewegt, das findet sein Echo in ihren Seelen.«
»Auch auf Hunderte Meilen Entfernung?«
Er lächelte sie an, als sei sie seine kleine Tochter. »So wie bei meinem Herz in der Kammer der Unterwerfung. Als ich dich in den Wetterbergen suchte, erinnerte mich jemand daran, dass ich niemals unerreichbar bin, sollte ich in Ungnade fallen. Es war ein sehr eindrückliches Erlebnis.«
»Was fühlt diese Königin der Razzor? Hat
Weitere Kostenlose Bücher