Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
die sinnlos waren oder zumindest ihren Zweck weniger gut erfüllten als andere. Sie wurden selten absichtlich gewählt, meist nur dann, wenn das Geschick nicht ausreichte, die besseren auszuführen. Der Unterschied zwischen Anfänger und Meister lag primär darin, die ineffizienten Bewegungen zu vermeiden und sich auf das zu beschränken, was dazu beitrug, den Gegner zu überwinden.
Der Arriek war ein Meister, daran bestand kein Zweifel. Seine Bewegungen waren fließend, der leichte Treffer mit Brens stumpfem Schwert zeigte keine Folgen. Wenn er Schmerzen hatte, waren sie ihm nicht anzumerken. Er tänzelte leichtfüßig auf der von ihm gewählten Linie, die Schwerter folgten seinen Bewegungen so harmonisch, als seien sie Verlängerungen seiner Glieder. Aber wie er das linke Schwert bewegte, war merkwürdig. Als wolle er es aus dem Gefecht heraushalten, als Reserve verwenden.
An sich war auch das nicht ungewöhnlich. Wer mit zwei Klingen kämpfte, nutzte die eine häufig, um die Waffe des Gegners zu binden und dann mit der zweiten zuzuschlagen. Aber dazu passte nicht, dass er die Linke beinahe immer so hielt, dass er einen weit ausgeholten Schlag damit führen konnte. Er müsste das Schwert nur leicht zurücknehmen, damit es für eine kurze, schnelle Attacke bereit wäre. Hatte der Arriek vielleicht Probleme mit dem linken Arm? Eine alte Verletzung? Aber er bewegte das Glied scheinbar mühelos, nicht wie jemand, der einen krumm zusammengewachsenen Knochen oder eine verkürzte Sehne hatte.
Bren senkte sein Schwert, um den Arriek mit einer Blöße zu locken.
Er wiederholte es dreimal, dann tat ihm der Gegner den Gefallen. Der Stich mit dem rechten Schwert war eine lächerliche Finte, so zaghaft gestochert, dass die Bewegung nicht weiter beachtenswert war. Der eigentliche Angriff kam mit der linken Klinge, ein weit geführter Spalthieb.
Bren machte einen halben Schritt zurück und riss sein Schwert hoch, bis es ihn wie ein schräg gestellter Schild beschirmte.
Die gebogene Klinge seines Gegners prallte darauf – und brach!
Brens Augen brannten, als hätte jemand Pfeffer hineingestreut. Kurz darauf raste Feuer durch seine Nase. Dennoch schnappte sein Körper nach Luft, ein sterblicher Reflex, während er zusammenbrach, als hätte jemand die Sehnen in seinen Beinen zerschnitten. Bren sah das tausendfache, gleißend helle Funkeln in der Luft und wusste: Das war Silber! Eine hohle, zerbrechliche Klinge, gefüllt mit Silberstaub.
Die Krieger schrien. Auch sie mussten begreifen, was geschah. Die Ersten setzten über den Zaun, doch nicht schnell genug für die zweite Klinge. Nur mühsam konnte sich Bren aus ihrer Bahn drehen. Sie traf seine Schuppenrüstung an der Schulter und ratschte daran entlang, bis die Schneide seitlich in seinen Hals schlug. Der Schnitt brannte vielfach heißer als der Staub zuvor. Nichts anderes nahm Bren mehr von seinem Körper wahr – nur das Feuer und sein Herz, das fern in der Kammer der Unterwerfung verzweifelt pumpte.
Er konnte das Schwert nicht heben, hatte keine Kontrolle mehr über seine Glieder. Bren klammerte sich an seine mystischen Kräfte, wollte die Essenz seines Gegners rufen, ihm das Leben aus der Brust reißen. Er atmete nur brennenden Silberstaub.
Bren fühlte, wie die Klinge Muskeln und Sehnen zertrennte, bis sie zwischen zwei Nackenwirbeln stecken blieb. Er verlor das Bewusstsein.
Mit einem Schrei fuhr Bren auf.
Er roch Blut. Um ihn herum dampfte es aus dem Boden. Man hatte Runen in einen Kreis gegraben und sie damit ausgegossen. Es kochte, weil zauberische Hitze es dazu trieb.
Hinter dem Rauch sah er schemenhafte Gestalten, schwarz gewandet, eine hielt einen Stab mit einer weißen Kugel an der Spitze.
Bren röchelte, als er versuchte, sich zu erheben. Er fiel zurück. Da war Schmerz in seiner Nase, seinem Rachen, seiner Brust. Wie tausend glühende Nadeln, die ihn von innen stachen. Und in seinem Hals. Oh, in seinem Hals! Als risse jemand eine rostige Säge in der Wunde hin und her.
Er spürte die magischen Kräfte, die wie kohlschwarze Finger aus dem Kreis stiegen und versuchten, sich über ihn zu legen und seinen untoten Körper zu heilen. Aber sie erreichten ihn nicht in seinem Schmerz! Was nützte ein Verband, wenn die Pfeilspitze noch in der Wunde steckte? Er musste das Silber hinaustreiben! Es war wie ein Gift, das ihn inwendig zerfraß!
Er schloss die Augen und wandte seine Aufmerksamkeit nach innen, suchte nach dem zerstörerischen Eindringling. Aber es
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