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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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ihrer Haut zeugte von dem Leben in ihr.
    Schwankend hob sie den Kopf. Ihre Pupillen waren so weit, dass die blauen Iriden zu fadendünnen Kreisen wurden. »Die Fayé haben ihr geholfen«, hauchte sie. Und lächelte, was Bren zurücktaumeln ließ.
    Fayé? Das konnten nur die Gefangenen sein, die Zurresso ihnen geschickt hatte. Sie waren Lisannes Gewalt überantwortet, also konnte die Schattenherzogin ihnen einen schnellen Tod gewähren oder einen qualvollen bereiten, sie vielleicht sogar nach Kriegsende freilassen. Bren sah ein, dass die Nebelaugen alles tun würden, um sich die Frau gewogen zu halten, die über ihr Schicksal entschied.
    Er ballte die Fäuste so fest, dass seine Arme zitterten. »Halte aus, meine Liebe. Ich werde dich befreien!«
    Kiretta lächelte mitleidig. »Dafür ist es zu spät. Verkennst du ihre Macht noch immer? Ich werde nicht unsterblich sein, Bren, aber ich werde Jahrhunderte in diesem Baum …« Sie stöhnte gequält.
    »Was ist mit dir?«
    Tränen liefen über ihre Wangen. Sie wimmerte.
    Hilflos fasste er ihre Schultern, schob sie näher an den Stamm in der Hoffnung, das Gewicht von den Armen zu nehmen und so ihre Qual zu lindern. Er erkannte, dass es ein verzweifelter Versuch war. Durch die eingewachsenen Gelenke waren ihre Muskeln verdreht. »Wir müssen dich hier herausschneiden, das ist das Wichtigste.«
    »Dann sterbe ich«, säuselte sie, als setze sie an, ein Lied zu singen. »Der Baum und ich sind jetzt für immer verbunden. So, wie ich gern mit dir verbunden gewesen wäre, Bren, aber sie hat anders entschieden. Jetzt ist der Baum all mein Leben und auch all mein Schmerz.«
    »Das kann nicht sein«, knirschte Bren.
    »Du bist so jung«, tadelte Kiretta. »Sie hat es mir gezeigt. Solange der Baum lebt, werde auch ich leben. Wenn ich zu glücklich werde, drückt er einen Saft in meine Venen, um mich zu quälen. Dann fühlt es sich an, als zwängte sich eine Ratte durch meine Adern und nagte an meinem Herzen.«
    Bren legte den Kopf in den Nacken und schrie. Einige der von Quinné genähten Fäden rissen.
    »So soll es sein«, schwelgte Kiretta weiter. »Sie wünscht es.«
    »Sie lügt! Es gibt einen Weg, dies ungeschehen zu machen!«
    »Das könnten nur die Götter. Und die Götter sterben. Die Schatten senken sich auf die Welt.«
    »Ich werde diese Götter finden! Sie werden uns helfen!«
    Kiretta lachte leise. »Was, glaubst du, würden sie mit dir tun, wenn du sie fändest? Deine bloße Existenz ist ein Frevel. Sie würden dich zerquetschen.«
    Bren biss die Zähne zusammen. »Dann die Fayé. Was sie getan haben, können sie rückgängig machen.«
    »Wenn du eine Vase auf den Boden schmetterst, wo sie in tausend Teile zerspringt, kannst du sie auch nicht wieder zusammensetzen.«
    »Sie hat dir in den Verstand gegriffen!«
    »Ja, sie war so gnädig. Und dann erwies sie mir die Gunst, ihr durch meinen Schmerz Freude bereiten zu dürfen.«
    Wieder stöhnte Kiretta. Diesmal schien die Qual stärker zu sein als zuvor. Sie warf ihren Oberkörper hin und her, soweit es ihr möglich war, und sackte dann bewusstlos nach vorn.
    Bren umrundete den Blutahorn, berührte die Rinde, versuchte, zu erspüren, wo Kiretta endete und der Baum begann. Vergeblich. Er verstand viel zu wenig von der Zauberei, die dies gewirkt hatte. Wäre Kiretta nicht gewesen, hätte hier ein alter, aber gewöhnlicher Baum gestanden, umgeben von kleineren Geschwistern. Oder waren das seine Ableger, seine Kinder? Bren lachte irre, als er sich vorstellte, dass aus den künftigen Samen dieses Baums Nachkommen sprießen würden, die zum Teil das Erbe seiner Geliebten in sich trügen. Er setzte sich in das Gras und wartete darauf, dass Kiretta wieder zu Bewusstsein käme.
    Er hörte Schritte hinter sich. Als er sich umwandte, erkannte er Lisanne, die an der Spitze einer kleinen Gruppe von Gardisten zu ihm heraufkam. Selbst jetzt noch spürte er ihr Charisma, das ihm einflüsterte, er müsse das Haupt vor ihr beugen. Stattdessen stand er auf und stellte sich so gerade und stolz hin, wie es ein nackter Mann vermochte.
    »Was sagt Ihr zu meiner neuesten Kreation?«, fragte Lisanne. »Findet Ihr sie gelungen?«
    »Nicht Ihr habt das geschaffen, Schattenherzogin. Ihr wart auf die Hilfe des Feindes angewiesen.«
    »Ist es nicht befriedigend, wenn selbst der Feind einem zu Diensten ist?«
    »Ich werde sie befreien.«
    »Seid nicht albern. Ich habe Euch ein Geschenk gemacht. Wie viele Jahre hättet Ihr noch mit ihr erlebt? Vierzig?

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