Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
haben.«
Bren war versucht, weiter in dieser Wunde zu bohren, riss sich aber zusammen. Lisanne hatte recht. G ERGS Worte waren überdeutlich gewesen. Lisanne und Bren hatten die Ewigkeit zu verlieren.
»Vermögt Ihr auch noch mehr? Könnt Ihr die Paladine dazu bringen, das Kind zu entführen und uns zu übergeben?«
»Das wäre nun doch etwas viel verlangt.«
Brens Hand griff ins Leere, als sie nach seinem Morgenstern suchte. Er spielte noch immer gern mit der Waffe herum, wenn er nachdachte, aber jetzt hatte er sie nicht dabei.
»Nehmen wir an, wir bringen das Heer in Eilmärschen nach Norden. Könntet Ihr es in den Nachtschattenwald führen? In eine Schlacht, wenn es sein müsste?«
Sie bedachte ihn mit einem müden Lächeln. »Sicher. Aber dürfte ich erfahren, warum Ihr diese Aufgabe nicht selbst übernehmen wollt?«
»Ich habe Wichtigeres zu tun. Ich werde mich um das Kind kümmern.«
»Darf man auch wissen, wie das vonstatten gehen soll?«
»Auch ich habe besondere Fähigkeiten, wie Ihr wisst. Es gibt Dinge, obwohl es nicht viele sein mögen, die ich zu tun vermag und die Euch unmöglich sind.«
Lisanne lüpfte eine Augenbraue.
»Meine Kräfte sind anders als Eure. Wenn Ihr Euch in der Heerführung übt, werde ich der Magie frönen. Ich brauche Jittara dazu.«
»Ich bin Euer«, beteuerte die Nachtsucherin.
»Quinné wird auch eine Aufgabe haben.«
Dankbar verneigte sich die Genannte.
»Nun sagt schon, was Ihr vorhabt«, verlangte Lisanne.
»Zuvor noch eine letzte Frage: Ihr hängt doch nicht an General Zurresso?«
Das Heer stand zwei Tagesmärsche vor dem Nachtschattenwald. Die Späher waren schon auf leichte Verbände der Fayé gestoßen, was einige Ondrier nicht überlebt hatten.
Lisannes Verbindung zu den Paladinen war weniger fest, als sie behauptet hatte. Sie sagte, dass es fünf von ihnen gäbe, aber nur zwei waren ihrem Ruf gefolgt. Sie hatte sich mit ihnen getroffen und wünschte nicht, vom Inhalt ihres Gesprächs zu berichten. Immerhin hatte sie die Einwilligung der beiden erreicht, in dieser Nacht mit Quinné zu sprechen.
Dunst stieg von dem nächtlichen Fluss auf. Er war weit über die Ufer getreten, im Schilf stand das Wasser beinahe still. Der Boden um das Lagerhaus an dem kleinen Anleger, das als Treffpunkt ausgemacht war, schmatzte bei jedem von Quinnés Schritten. Ihre schwarze Kutte mochte durch den Wollumhang verdeckt werden, war aber kein Kleidungsstück, mit dem man sich hier leicht hätte bewegen können. Es war für die dunklen Kammern in den Tempeln des Kults geschneidert worden, nicht für die Wildnis im Niemandsland zwischen zwei Heeren. Zudem schleppte sie an dem Sack, den sie auf dem Rücken trug. Sie war nicht Kiretta, hatte ihre Muskeln nie gekräftigt.
Bren glitt in seiner Nebelform hinter ihr her. Nur ein sehr aufmerksamer Beobachter hätte erkannt, dass er sich durch die vom Wasser aufsteigenden Schwaden bewegte, ohne dass ein Windhauch spürbar gewesen wäre. Er hörte Quinné unter der Anstrengung ächzen, aber sie kämpfte sich wacker vorwärts. Brens Sinne nahmen die greifbare Welt erstaunlich klar auf. Seit er beinahe gestorben wäre, konnte er in der Nebelform annähernd so deutlich sehen und hören wie in fester Gestalt, solange er sich nicht zu sehr ausdehnte. Zusätzlich sah er Dinge, die in der mystischen Welt existierten. Quinné war tatsächlich nicht weit gekommen bei ihren Versuchen, die Finsternis zu erkunden, aber immerhin sah Bren so etwas wie dunklen Dampf, den ihre Haut verströmte.
Am Giebel des Lagerhauses war ein Kran angebracht, mit dessen Hilfe man Boote entladen konnte, die am Anleger festmachten. Jetzt hing die Kette herab wie ein Seil an einem Galgen. Die Regale und Stauplätze im Innern waren leer. Bren konnte erkennen, wo Truhen und Fässer gelagert hatten, nur wenige waren zurückgeblieben. Offenbar war der Besitzer umsichtig genug gewesen, rechtzeitig das Weite zu suchen, sodass er seine Güter hatte mitnehmen können. Quinné stellte ihren Sack ab. Sie nahm eine Laterne heraus, löste die Tücher, in die sie gewickelt war, und platzierte sie so, dass sie einen großen Teil zumindest mit Dämmerlicht beschien, nachdem Quinné die Kerze entzündet hatte. Mit einiger Mühe zog sie ein kurzes Regalbrett aus der Halterung. Sie schob es in die Feuerstelle, scheiterte aber bei dem Versuch, es anzuzünden. So legte sie den Mantel ab, wrang die Nässe aus dem Saum ihrer Kutte und setzte sich so auf den Boden, dass sie den Eingang im
Weitere Kostenlose Bücher