Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)
seinen tänzelnden Rappen zur Ruhe zu bringen. Auch die Pferde der drei Gardisten, die ihn begleiteten, waren nervös. Sie rochen das Blut in der Luft. Die Milirier wollten die Brücke um jeden Preis halten, und wenn es ihr Leben kostete.
Die Ondrier hatten die Verteidiger am Rundturm vor der Schlucht aufgerieben und Feuer entzündet, um das Mauerwerk mürbe zu machen, als die Entsatztruppen eingetroffen waren, doch man hatte sich schnell auf die Überraschung eingestellt. Das galt auch für die Insektenkrieger. ›Razzor‹ war der Name, den Lisanne dem neu geschaffenen Volk gegeben hatte. Bren konnte schon nach diesem ersten Test sagen, dass sie agiler waren als die Chaque, bessere Kämpfer. Das lag nur zum Teil an den ungewöhnlichen Gliedmaßen, die sich bewegten wie bei einer Gottesanbeterin, was die sichelförmigen Klingen Wege nehmen ließ, die auch für erfahrene Fechter schwierig vorherzusehen waren. Der Hauptgrund war der individuellere Geist, der mehr darauf ausgelegt war, im Kampf zu bestehen und den Gegner zu töten. Lisannes Zauber war ein voller Erfolg. Sie würden Nachricht an General Bretton senden, damit er weitere gefangene Fayé von der Ostfront schickte.
Auch der Trupp, der hier vor sich hin kreuchte, hatte zu Beginn gute Arbeit geleistet und eine milirische Formation mittig durchbrochen. Rechts und links der Schneise waren die Feinde zunächst entkommen, später aber von anderen Ondriern abgefangen worden. Doch der Razzor-Trupp war ohne erkennbaren Grund von einer acht Schritt hohen Klippe gestürzt. Alle bis auf den Leutnant. Der war schließlich ein Mensch.
»Was genau waren deine Worte?«, wollte Bren wissen.
»Sie sollten durchbrechen.«
»War das alles, was du befohlen hast? Erinnere dich an die Worte. Oder soll ich selbst in deinem Geist danach suchen?«
Der Leutnant schluckte. Er wusste nicht, das Bren diese Fähigkeit trotz der Übungen, die er unter Jittaras Anleitung wieder aufgenommen hatte, noch nicht beherrschte. »›Stoßt in ihre Reihen und dringt vor, so weit ihr könnt‹, wenn ich mich recht entsinne, Herr.«
Bren nickte. »Genau das haben sie getan. Bis zur Klippe, und darüber hinaus.« Er drückte die Schenkel zusammen, um die Unruhe des Rappen endlich zu zähmen. »Sei dir bewusst, dass sie jeden Befehl befolgen werden. Wörtlich. Sie denken nur in dem Rahmen selbstständig, den die Befehle erlauben. Sie sind keine Menschen.«
»Ja, Herr. Ich bitte um eine gerechte Bestrafung.«
»Dazu besteht kein Grund. Wir sind hier, um zu lernen. Beweise mir im nächsten Kampf, dass du gelernt hast. Im Grunde bin ich erleichtert. Ich habe befürchtet, dass der Verstand der Razzor instabil sei und sie sich willentlich in die Tiefe gestürzt hätten. Stattdessen haben sie nur einen Befehl befolgt.«
»Ich verstehe, Herr.«
»Gut. Lass ein paar Feinde auf sie zutreiben. Unter den versprengten Trupps sollten sich welche finden lassen. Wenn sie in Reichweite ihrer Klingen kommen, können sich diese Razzor noch als nützlich erweisen. Danach tötet sie.«
Die Schlacht war in der Tat schon entschieden, der Wachtturm brannte bereits. Die Ondrier hatten ihre Reserve trotz der milirischen Verstärkung nicht bemühen müssen.
Bren hatte gesehen, was er hatte sehen wollen. Er schickte einen Melder mit dem Befehl ab, die Brücke einzureißen, wenn sie erobert wäre. Das würde die Milirier zusätzlich verwirren. Der Ort des Angriffs an einer strategisch wertlosen Stelle, zwölf Meilen westlich von Guardaja im Gebirge, sowie die Schilderungen der Überlebenden von den Razzor würden den feindlichen Feldherren Rätsel aufgeben. Nichts wies auf den Weg hin, den Bren die Armee führen würde, wenn sie erst ihre Sollstärke erreicht hätte. Die Ondrier würden tief in Eskad stehen, bevor die Menschen begriffen hätten, dass Milir umgangen wurde.
Auf dem Feldherrenhügel war Brens Zelt inzwischen aufgebaut, die Einhornstandarte pendelte träge im Wind. Dengor vertrieb sich die Zeit damit, den Schleifstein an der Schneide seines Breitschwerts entlangzuführen.
»Ihr habt Besuch«, meldete der Hauptmann, als er sich aus der ehrerbietigen Verbeugung aufrichtete. »Sie wartet drinnen.«
Bren gab die Zügel an einen Burschen, der den Hengst trocken reiben würde. »Normalerweise lässt du doch niemanden zu mir durch.«
Dengor grinste schief. »Ich habe sie besonders gründlich durchsucht.«
Also hatte er sie bestiegen, wer immer sie auch sein mochte. Dafür sprach zudem, dass er statt der
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