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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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fühlte Galileo, wie sich Wärme in seiner Brust ausbreitete und seine Muskeln, Sehnen und Knochen durchdrang. Er fühlte sich wie ein Kind an Weihnachten, weil alles, was er sich jemals gewünscht hatte, unter dem Christbaum lag …
    „… Kirchen und Synagogen sind unschätzbar wichtig, und ich hege den höchsten Respekt für unsere großen Religionen. Wie Sie wissen, ist meine Frau katholisch. Sind wir manchmal unterschiedlicher Meinung? Ja, das sind wir. Aber Meinungsverschiedenheiten sind gesund. In einer Demokratie ist es unsere feierliche Pflicht, unterschiedlicher Meinung zu sein.“
    Die Wärme in ihm gefror, wurde zu Eis, zerrte und riss. Seine Finger krampften sich zusammen wie verfaulte Früchte. Er hegte den höchsten Respekt für unsere großen Religionen? Was sollte das? Wie konnte ein wahrer Atheist irgendetwas anderes als Abscheu für die Menschen empfinden, die ihr ganzes Leben der Anbetung eines übernatürlichen Wesens widmeten? „Große Religionen“ war ein Widerspruch in sich. Religionen schufen Abhängigkeiten, förderten infantiles Denken und eine Wir-gegen-die-anderen-Mentalität. Und da stellte sich dieser Mann hin, obwohl er es besser wusste, und schmeichelte diesen gefährlichen, wahnsinnigen Kretins …
    Nein. Das reichte nicht.
    Hector blätterte eine Seite in seinem Magazin um. Daryl jedoch bemerkte den angewiderten Ausdruck auf Galileos Gesicht.
    „Wissen Sie, wie man sich selbst die Daumen ausrenkt?“, fragte Galileo freundlich.
    „Wie?“
    Galileo stieß die Daumen gegen die harten Knorpel seiner Kniescheibe. Die Finger machten leise ploppende Geräusche, als sie sich von den Gelenken lösten. Bevor Daryl reagieren konnte, quetschte Galileo seine jetzt gummiartigen Hände durch die Handschellen und warf sich nach vorn. Mit der linken Hand griff er nach Daryls Glock, mit der rechten nach der von Hector, und zog sie genauso problemlos aus den Holstern wie kurz zuvor seine Hände aus den Handschellen. Er drückte die Waffen gleichzeitig gegen die Stirn der beiden Männer. Die Schüsse kamen ebenfalls gleichzeitig. Aus ihren Hinterköpfen spritzte amöbenartig rötlich-graue Hirnmasse an die Buswand.
    Vier Sekunden waren vergangen, seit er seine Daumen ausgerenkt hatte.
    Norm Petrosky hatte kaum genug Zeit, nach seiner Waffe zu greifen, als Galileo herumwirbelte – so geschickt, wie die Ketten es zuließen – und zwei Kugeln abfeuerte – eine in Norms Kopf und eine in Annas. Der Bus hätte sich überschlagen können, doch Annas tote Zehen rutschten vom Gas, woraufhin das Fahrzeug ausrollte und zum Stehen kam. Umso besser. Denn Galileo hatte einiges zu erledigen. Und mit einigen Leuten zu reden.
    Tom und Esme waren allein im Arbeitszimmer. Rafe hatte sich auf die Suche nach Gouverneur Kellerman gemacht, als ob sie alte Freunde wären. Er sagte, er schulde ihm eine Entschuldigung. Esme widersprach ihm nicht.
    „So“, brummte Tom.
    Esme nickte.
    „Wie geht es Sophie?“
    „Gut.“
    Tom nickte.
    „Tut mir leid“, sagte sie schnell, „mit deinem Motorrad. Ich werde versuchen, es dir zurückzugeben.“
    „Ist schon okay. Ich hab es sowieso immer für selbstverständlich genommen. Erst seit ich es nicht mehr habe, weiß ich, wie wichtig es mir war.“
    Esme hob eine Augenbraue. „Du trägst ein bisschen dick auf, Tom.“
    „Das ist so ein Abend.“
    „Also, denkst du, Kellerman wird sauer sein, weil er die Rede umsonst gehalten hat?“
    Tom lachte, Esme auch.
    „Und dann“, überlegte sie laut, „erwischen sie ihn ausgerechnet bei einem Baseballspiel.“
    „Wusstest du das nicht? Beim Baseball wird sehr viel gefangen.“
    „Oh bitte …“
    Ihr Gelächter brach ab. Auch ihr Lächeln verblasste, als ihnen dunklere Gedanken kamen.
    „Findest du wirklich, dass ich egoistisch bin?“, fragte Tom.
    „Natürlich bist du das“, antwortete Esme. „Und das muss nicht unbedingt schlecht sein.“
    „Der Zweck heiligt die Mittel? Aber nur, wenn das Ergebnis entsprechend ist.“
    „In manchen Jobs heiligt der Zweck immer die Mittel.“
    „Mmmhmm.“ Tom grinste sie wieder an. „Gehört der Job der Hausfrau dazu?“
    „Versuch doch mal ein niedliches kleines Mädchen großzuziehen und gleichzeitig einen verwirrten Professor zum Mann zu haben.“
    „Nein, danke“, erwiderte Tom. „Ist nichts für mich.“
    Esme zuckte die Schultern. „Aber für mich. Ich geh mal Rafe suchen, bevor … man weiß ja nie.“
    „Ich jedenfalls nicht.“ Er brachte sie zur Tür des

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