Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
Vom Netzwerk:
Augen starrten zu ihm herauf, aber nicht vorwurfsvoll. Um genau zu sein, lag überhaupt kein Ausdruck in ihnen. Das waren nur irgendwelche Fleischstücke.
    Er zupfte an Lisa Pennys weißem Ohrstöpsel, verfolgte das Kabel zurück bis zum Netzteil, das in ihrer hinteren Tasche steckte, dann ein zweites Kabel bis zu dem kleinen Mikrofon, das an ihrem linken Handgelenk befestigt war. Galileo steckte sich den Stöpsel ins Ohr und lauschte ein paar Minuten, in der Hoffnung, dass die Bodyguards die Frequenz offen gelassen hatten und vor sich hin plauderten. Auf diese Weise hätte er herausfinden können, wie viele Bodyguards es gab – doch er hörte nur Stille.
    Egal. Er würde sie schon zum Reden bringen. Er stellte das Mikrofon ein und rieb es gegen sein Hosenbein. Das Wischgeräusch hallte durch das Ohrstück, es klang fast wie das Krachen einer riesigen Meereswelle, und dann kam eine Stimme.
    „Lisa? Bist du das? Over.“
    Galileo beantwortete die Frage mit einem weiteren Reiben über die Hose.
    „Was zum Teufel ist das?“, fragte ein zweiter Bodyguard. Die Frage kam aus dem Hintergrund, er musste also in der Nähe des ersten Bodyguards sein. Galileo behielt im Hinterkopf, dass mindestens zwei Bodyguards in dem Waffenladen waren.
    „Lisa?“ Das kam wieder vom ersten, er war wahrscheinlich der Einsatzleiter. „Antworte mir. Over.“
    Fünfzehn Sekunden verstrichen.
    Dann: „Ich überprüfe das.“
    Galileo spannte die H & K, ließ den Kofferraum offen und wartete auf sein Opfer.
    Der Endstand lautete: Bob 502 Punkte, Tom 453 Punkte.
    Wie immer Sportsmann, streckte Bob die Hand aus, die Tom mit Freuden schüttelte.
    „Wie es aussieht, steht Ihrem FBI eine gründliche Veränderung bevor“, bemerkte Bob.
    Tom zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob ich das schade finden soll.“
    Bob lächelte, dann brach er in schallendes Gelächter aus. „Ich hatte schon so eine Ahnung“.
    Beide starrten auf die neunzig Meter lange Bahn in dem schalldichten Raum. Nur zwei Männer und ihre Waffen.
    „Noch eine Runde?“, bot Tom an.
    „Das ist doch keine Frage.“
    Sie schickten die Pappmenschen auf ihre Plätze. Jeder von ihnen hatte nur noch fünf Kugeln übrig, somit würde es eine kurze Runde werden, aber etwas Spaß war immer noch besser als gar kein Spaß.
    Bob blickte zu Tom. „Fertig?“
    Sie setzten die Kopfhörer auf und nahmen ihre Ziele ins Visier. Die Füße auseinander, die Hüften gebeugt, die dominante Hand nach vorn gestreckt. Um mit einer Handfeuerwaffe zu schießen, musste man eine Art Dreieck bilden. Diese beiden Männer wussten, was sie taten.
    Bob, der näher an der Tür stand, glaubte zwischen den ersten beiden Schüssen einen Windhauch zu spüren, ignorierte ihn aber. Der Raum war wegen des Ausstoßes der Waffen natürlich klimatisiert, es gab aber keine Fenster und keine Risse in den Wänden. Die Vorstellung, dass es hier ziehen könnte, war absurd – und störend. Bob hatte vor, die beste Punktzahl zu erreichen, und sein erster Schuss hatte mitten ins Schwarze getroffen. Wenn seine Cousine Margaret das nur gesehen hätte!
    Er feuerte zwei weitere Schüsse ab. Eine Kugel drang sogar durch das Loch der vorigen! Er fühlte sich wie Robin Hood. Sollte die voreingenommene liberale Basis der Demokraten seine Waffenliebe doch verurteilen! Er würde verdammt noch mal die höchste Punktzahl erzielen. Er stand kurz davor. Und deswegen hob er den Lauf etwas und zielte nicht etwa auf die Brust, was leichter gewesen wäre, sondern auf den Kopf. Weil mein Wahlkampfprogramm das Herz und das Hirn der Amerikaner erreichen wird, sinnierte er. Bei diesem albernen Gedanken musste er grinsen. Er drückte ab und spürte, wie etwas Heißes seinen Hinterkopf berührte. Er runzelte die Stirn, und dann zerriss die Kugel aus der H & K seinen Schädel, und Bob war tot.
    Tom sah ungefähr eine halbe Sekunde vorher aus den Augenwinkeln, wie Galileo sich näherte. Er schwang herum und richtete seine Smith & Wesson auf den blonden Mann. Galileo sah zu ihm hinüber, er schien verwirrt. Was hatte denn Tom Piper hier zu suchen?
    Diese kurze Verwirrung war alles, was Tom brauchte. Er überging den obligatorischen „Hände hoch“-Befehl und feuerte sofort los, zwei Schüsse in die Brust des Mörders.
    Klick, klick.
    Seine Smith & Wesson war leer.
    Er hatte seine letzte Kugel auf die Pappfigur geschossen.
    Scheiße.
    Galileo hob seine Pistole. Tom warf sich nach vorn und riss den Mann auf den weichen Boden. Erster Schritt:

Weitere Kostenlose Bücher