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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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zu umgehen … zumindest nicht ohne seine Erlaubnis).
    Und jetzt waren sie in Amarillo, so viele Jahre später, und Esme lag bewusstlos in einem Krankenwagen auf dem Weg ins Baptist St. Anthony’s in Amarillo, Texas. Irgendwo da draußen trieb sich ihr Angreifer herum.
    Wie es schien, hatte es Galileo nun auf das FBI abgesehen, und es sah nicht so aus, als ob er in naher Zukunft aufgeben oder gefasst werden würde.

11. KAPITEL
    Nie zuvor im Leben hatte Lilly Toro sich so verzweifelt gewünscht, nach Hause zu fahren. Und zwar nicht in ihre Wohnung, sondern zu ihren Eltern, die in einem Mehrfamilienhaus in Oakland wohnten, in dem es fortwährend nach Kohl und/ oder Cheddar-Käse stank. Sie hatte ihre Eltern, die von ihrem Lebensstil nicht gerade begeistert waren, schon eine Weile nicht mehr gesehen. Soweit sie wusste, suchten die nicht einmal mehr nach ihrem Namenskürzel im „Chronicle“.
    Doch jetzt sehnte sie sich danach, sich in ihre Arme zu werfen, vielleicht einen Teller Suppe mit ihnen zu essen, auf dem Sofa zu sitzen und sich mit ihnen in dem alten Fernseher einen Western anzusehen. Stattdessen aber hockte sie hier, in einem kleinen muffigen Zimmer im Polizeirevier von Amarillo, eintausend Meilen von zu Hause entfernt.
    Man hatte ihr das Handy abgenommen. Man hatte ihr die Armbanduhr abgenommen.
    „Bin ich verhaftet?“, hatte Lilly die beiden FBI-Agenten gefragt. Ihre Namen waren Hector und Anna Jackson (nicht verwandt).
    „Ist nur eine Vorsichtsmaßnahme“, hatte Anna Jackson erklärt. „Für den Fall, dass er hinter Ihnen her ist.“
    Dann waren sie verschwunden.
    Lilly hatte keine Ahnung, wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Vielleicht Stunden. An der Wand fehlte eine Uhr. An der Wand fehlte eigentlich alles außer grauer Farbe. In derselben Farbe war die Tür gestrichen. Die Tür war verriegelt; sie hatte es versucht. Sie hatte mit den Fäusten dagegengeschlagen und mit den Füßen getreten.
    In einer Ecke der Decke zeichnete eine kleine Videokamera alles auf. Lilly zeigte ihren Zuschauern den Mittelfinger und setzte sich wieder auf den Stuhl. Noch mehr Zeit verging. Sie sehnte sich nach einer Zigarette. Und nach Antworten. Aber vor allem nach zu Hause.
    Die Tür öffnete sich. Jackson & Jackson schon wieder.
    „Ich will einen Anwalt!“, verlangte Lilly.
    Hector und Anna Jackson (nicht verwandt) wechselten einen Blick. Sie schienen sich zu amüsieren.
    Lilly nicht.
    „Ich bin amerikanischer Staatsbürger.“
    „Ich auch“, entgegnete Hector Jackson.
    „Ich ebenfalls.“ Anna Jackson hatte einen Aktenordner in der Hand, den sie auf den Tisch legte.
    „Was ist das?“
    „Ihre FBI-Akte.“
    „Ich habe eine FBI-Akte?“
    Die Agenten sahen sich erneut an. „Jetzt schon.“
    Lilly starrte einen Moment auf die Akte, dann erhob sie sich. „Wenn ich nicht verhaftet bin, dann …“
    „Setzen Sie sich.“
    „Ach leck mich!“ Sie steuerte auf die Tür zu. „Machen Sie auf!“
    Die Agenten standen auf und kamen auf sie zu. Lilly machte ihnen Platz. Mit einem Summen entriegelte sich die Tür. Hector öffnete sie, ging hinaus, Anna folgte ihm. Bevor Lilly dasselbe tun konnte, zog Anna die Tür hinter sich zu.
    „Verdammt noch mal!“, schrie Lilly und trat erneut gegen die Tür.
    Sie hatten die Akte auf dem Tisch liegen lassen.
    Sie wollten, dass sie darin las. Wieso?
    Nein. Diese Befriedigung gönnte sie ihnen nicht.
    Mit verschränkten Armen drehte sie sich um und blieb mit dem Rücken zum Tisch stehen. Die konnten sie mal.
    Noch mehr Zeit verging. Vielleicht Stunden.
    Lilly zog einen Stuhl in die Ecke und setzte sich mit dem Gesicht zur Wand. Die wollten Spielchen mit ihr treiben? Nun, sie konnte sturer als ein Esel sein. Sie konnte sturer als ihre Mutter sein, und ihre Mutter war in der ganzen Bay Area für ihre Dickköpfigkeit bekannt. Ihre Mutter weigerte sich, etwas anderes anzuhören als Vinylplatten. Ihre Mutter weigerte sich, die Existenz des Internets anzuerkennen. Ihre Mutter wählte die Republikaner.
    Mehr Zeit verging.
    Lilly wurde müde. Und hungrig. Und ihr war langweilig.
    Sie sah hinter sich zum Tisch. Die Akte war dick. Würde ein hübsches Kopfkissen abgeben. Und wenn sie aus Versehen mal einen Blick reinwarf, nun, was konnte schon passieren?
    Lilly warf aus Versehen einen Blick hinein.
    Die erste Seite war eine Zeichnung, die nach ihrer Beschreibung von Ray Milton angefertigt worden war. Vielleicht lag es am Licht oder am Talent des Polizeizeichners, jedenfalls sah das

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