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Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich!

Titel: Herr, erbarme dich! - Corin, J: Herr, erbarme dich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Corin
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zugeteilt?“
    „Nein, Sir.“
    „Wie sind Sie dann an eine Kopie gekommen?“
    „Sie haben sie per Kurier an …“
    „Ja, aber wie kamen Sie dazu, sie zu lesen?“
    „Ich habe die Kopie abgefangen.“
    Tom fragte sich nicht länger, ob sie neu oder schlecht in dem Job war. „Wieso haben Sie das getan?“
    Die junge Frau zuckte die Achseln. „Ich wollte helfen. Ist ja nicht die erste Akte, die ich lese.“
    „Ist nur das erste Mal, dass man Sie dabei erwischt hat.“
    Trumbulls Sekretärin legte den Hörer auf. Der Assistant Director war bereit, sie zu empfangen. Beide.
    Sie erhoben sich von ihren Stühlen.
    „Wie es scheint, will er Publikum für meine Enthauptung.“
    „Sie wissen schon, dass Sie einen Fehler gemacht haben, oder?“
    „Das weiß ich nicht, Sir. Hängt davon ab, ob ich den Fall gelöst habe oder nicht.“
    „Sie glauben, dass Sie etwas gefunden haben?“
    „Ja, Sir, allerdings.“
    „Verstehe.“
    Trumbulls Büro war spärlich eingerichtet. An einer Wand hing das obligatorische Foto des Präsidenten der Vereinigten Staaten neben einem Druck von Jasper John. Die Bücherregale waren mit ungelesenen dicken Bänden vollgestopft, durch das Fenster hatte man eine großartige, wenn auch selten beachtete Aussicht auf das ländliche Virginia. Der Assistant Director erhob sich, als sie eintraten. Er war ein gut aussehender Mann mit dem vollen Haar eines Zwanzigjährigen, dem Körper eines Dreißigjährigen und der Gesetztheit eines Vierzigjährigen. Er grinste Tom warm an. Esme hingegen würdigte er keines Blickes.
    „Bevor wir anfangen, Tom, wollte ich Ihnen diese junge Frau vorstellen. Wie es scheint, interessiert sie sich sehr für Ihre Fälle.“
    „Fälle?“ Tom hob eine Augenbraue. Mehrzahl?
    „Sie haben immer die guten“, murmelte Esme.
    „Mmmhmm.“
    „Ich wollte, dass Sie hier dabei sind, Tom, weil wir derartige Verstöße gegen die Dienstvorschriften nicht tolerieren. Sie, Tom, sind das Opfer ihrer illegalen Handlungen, deswegen verdienen Sie es, dabei zu sein, wenn sie …“
    „… enthauptet wird.“
    Trumbull grinste. „Nennen Sie es, wie Sie wollen. In Anbetracht der Tatsache, dass es Ihre Akten sind, die sie unberechtigt gelesen hat, möchte ich von Ihnen hören, welche Strafe Sie für gerechtfertigt halten.“
    Tom zögerte. Für ihr Vergehen konnte Esme für zehn Jahre ins Gefängnis wandern.
    Er drehte sich zu ihr um. Mit einem Mal wirkte sie sehr klein, was angebracht war, wo doch ihr Schicksal jetzt in seine Hände passte.
    „Was, glauben Sie, herausgefunden zu haben?“, fragte er.
    Und Esme erklärte es ihm: Sie glaubte, dass der ‚Metzger von Buzzards Bay‘ ein Red-Sox-Fan war.
    Jedes der Opfer, erklärte sie, hatte ein verschmutztes Yankee-T-Shirt oder -Sweatshirt oder eine Baseballkappe im Gepäck gehabt. Verschmutzt, weil sie die Sachen auf ihrer Reise bereits getragen hatten und dabei von einem Psychopathen gesehen worden waren, der Bostons Erzrivalen so krankhaft hasste, dass er auf diesen Anblick reagierte.
    „Schicken Sie verdeckte Ermittler los“, sagte sie. „Sie sollen Bucky-Dent-Trikots tragen. Lassen Sie sie in Buzzards Bay herumspazieren. Vielleicht wird unser Mann nicht am gleichen Tag hinter ihnen her sein, sondern am nächsten. Und dann haben Sie ihn.“
    Trumbull verdrehte die Augen.
    Tom nicht.
    Die Theorie mochte etwas fadenscheinig klingen (eine Mischung aus Zufälligkeit und reiner Spekulation), doch was, wenn sie recht hatte?
    Er bat Trumbull, ihm eine Woche Zeit zu geben, um es zu versuchen. Was bedeutete schon eine Woche, wenn Esmes Schicksal ganz in seinen Händen lag? Widerstrebend stimmte Trumbull zu. Tom rief Bobby Fink an, um ihm von dem Plan zu erzählen. Bobby kaufte sich eine Yankee-Jacke (was in Massachusetts keine einfache Angelegenheit war) und verbrachte den Rest des Tages damit, durch die Läden in Buzzards Bay zu spazieren.
    Der Mörder machte sich am nächsten Tag am Strand an Bobby ran und wurde sofort von vier Polizisten zu Boden gerungen. Bobby las ihm seine Rechte vor. Er und Bobby bekamen die ganze Anerkennung dafür, dass der „Metzger von Buzzards Bay“ geschnappt worden war, ihr Ansehen beim FBI stieg in gewaltige Höhen. Tom nutzte diese Tatsache, um die Ermittlungen gegen Esme einstellen zu lassen. Und ein paar Monate später, als der Direktor eine Task Force ins Leben rief und Tom die Leitung übergab, warb er als Erstes Esme Shepherd an (nachdem sie versprochen hatte, niemals mehr die Dienstvorschriften

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