Herr Klee und Herr Feld | Roman
Überraschung! Das konnte ja keiner ahnen.
Er ist Arzt.
Na ja, wenigstens etwas, beruhigte sich Alfred, ein Akademiker und kein Vertreter für gebrauchte Kamele.
Er arbeitet im American Medical Center in Beirut. Er hat in den USA studiert.
Schön, meinte Alfred. Er war eifersüchtig, beruhigte sich aber langsam. Was sollte er auch tun. Hatte er tatsächlich erwartet, dass sie eines Tages, nach vielen harmonischen Jahren im Hause Kleefeld, über ihn herfallen würde? Freddy, ich habe dich schon immer geliebt! Ich verzehre mich nach einem alten, verkalkten Juden!
Alfred schwieg plötzlich, in Gedanken versunken.
Haben Sie was?
Nein, heuchelte er, ich freue mich für Sie. Ist es denn was Ernstes?
Er hoffte, sie würde es verneinen.
Na ja, er ist schon in mich verliebt.
Kunststück, dachte Alfred, da muss man kein arabischer Arzt sein, um dieses Weib toll und sexy zu finden! Aber wie war es mit ihr? War sie auch in ihn verliebt?
Und Sie?, hörte er sich sagen. Sein Herz pochte, er hatte Angst vor der Antwort.
Ich glaube, ich liebe ihn auch.
Sie liebt ihn auch! Das war der eiskalte Stich in sein waidwundes Herz.
War was zwischen euch?, hätte er gern gefragt, aber er sagte:
Ich freue mich für Sie, ganz ehrlich.
Das weiß ich.
So, jetzt muss ich mal wieder arbeiten, sagte er dann mit aufgesetzter Fröhlichkeit und verließ pfeifend die Küche.
Herr Klee, Ihr Toast, rief sie ihm hinterher.
Für Alfred war der Tag gelaufen.
Wir werden sie nicht mehr lange haben, sagte er, als er zwei Minuten später im Zimmer seines Bruders stand. Wir können bald wieder eine Annonce aufgeben.
Moritz lehnte sich zurück.
Sieh es doch mal positiv, immerhin ein Arzt. Vielleicht ist er sogar Kardiologe, das wäre nicht übel.
Aber warum muss es ein Araber sein?, jammerte Alfred. Hätte sie nicht hier einen netten jüdischen Arzt kennenlernen können?
Freddy, sie ist Araberin! Hast du das vergessen?
Ja.
Es war der Morgen des 30 . November 2012 .
Moritz und Alfred saßen am Frühstückstisch, als Zamira eine Teekanne und eine Kaffeekanne auf dem Tisch abstellte und sich setzte. Sie lächelte die beiden Männer erwartungsvoll an.
Na, sagte sie.
Was ist?, fragte Moritz. Sie strahlen ja so. Hat Ihr Freund Ihnen einen Antrag gemacht?
Wir haben jetzt einen eigenen Staat!
Ja, sagte Alfred aufgebracht, so kommt das in der Welt an. Auch die Presse überschlägt sich. Offenbar hat keiner die Rede von Abbas gehört. Er hat kein Wort von den Hamas-Raketen gesagt, dafür nur von israelischer Aggression und von Märtyrern gesprochen. Er hat Israel als rassistisch und kolonialistisch bezeichnet. Und behauptet, Israel würde ethnische Säuberungen vornehmen!
Moritz nickte und sagte dann:
Erst am Schluss meinte er, er wolle Israel damit nicht »delegitimieren«!
Müssen Sie alles schlechtreden, meinte Zamira. Warum gönnen Sie uns nicht unseren Staat?
Sie haben noch keinen eigenen Staat, sagte Moritz, sondern einen Beobachterstatus.
Und Alfred fügte an:
Das ist nur eine Formsache, mehr nicht.
Ich verstehe, dass Ihnen das nicht gefällt, sagte sie lächelnd.
Sie irren, ich habe kein Problem damit.
Aber wir können sie jetzt anklagen, wegen Kriegsverbrechen.
Wir sie auch, meinte Alfred.
Richtig verstanden, ich bin nicht unglücklich über diese Entwicklung, sagte Moritz daraufhin. Vor allem müssen die Palästinenser jetzt beweisen, dass sie es ernst meinen mit dem Frieden und dass sie Israel anerkennen. Aus Terroristen müssen Politiker werden.
Genau. Ich bin gespannt, wie sich Herr Abbas gegenüber der Hamas verhält, denn das ist das viel größere Dilemma für ihn. Er muss sein Volk einigen und den Einfluss der Hamas und damit des Iran beenden. Na, viel Spaß!
Ich bin optimistisch, sagte Zamira, Israel muss jetzt aufhören mit den Siedlungen.
Moritz setzte sein Frühstück fort.
Wenn es nach mir ginge, hätten wir morgen Frieden, sagte Alfred.
Stimmt.
Sie lächelte und schaute die Brüder Kleefeld an.
Alle müssen sich an einen Tisch setzen. So wie wir.
Moritz spürte, wie Wut in ihm hochkam. Er beobachtete seinen Bruder, der sich für den Konzertabend mit Zamira zurechtmachte. Zuerst hatte er fröhlich singend und pfeifend Stunden im Bad verbracht, dann war er alle zwei Sekunden zu Moritz gekommen, der zuerst seinen Anzug, dann das Hemd und schließlich die Fliege begutachten musste.
Oder soll ich nicht besser eine Krawatte nehmen?
Ist doch egal.
Was bist du so mürrisch?
Bin nicht mürrisch. Es
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