Herr Klee und Herr Feld | Roman
geht mir nicht gut.
Was ist mit dir?
Weiß auch nicht.
Du bist eifersüchtig, weil ich mit Zamira ausgehe!
Unsinn. Hältst du mich wirklich für so kindisch?
Ja!
Dann war Zamira erschienen und sah aus wie eine arabische Prinzessin!
Sie trug das schwarze Kleid, das sie bei ihren Konzerten getragen hatte, wie sie erzählte, darüber einen glitzernden orientalischen Schal und in ihrem glänzenden schwarzen Haar eine silberne Spange.
Wie sehe ich aus?, fragte sie Moritz ganz arglos.
Bevor der antworten konnte, sagte Alfred:
Sie sehen aus wie eine Granate!
Moritz hatte nur noch die Chance, mit seiner angegriffenen Gesundheit zu kontern, und so riet ihm Zamira besorgt, sich hinzulegen. Sie war dann noch rasch nach oben gelaufen, um ihren kleinen Fernseher zu holen, den sie ihm ins Schlafzimmer stellte, damit er im Bett bleiben konnte. Moritz hatte nicht vor, im Bett fernzusehen, es war der Anfang vom Ende, wie er meinte, alte Leute würden dann gar nicht mehr aus den Federn kommen. Aber auf 3 sat war eine Sendung über Eric Kandel angekündigt, die wollte er sehen.
Er wünschte den beiden zähneknirschend viel Vergnügen.
Alfred hatte sich lang nicht mehr so gut gefühlt wie in diesem Moment, als er mit Zamira an seiner Seite am Opernplatz aus der U-Bahn-Station kam. Immer wieder musste er sie anschauen und bewundern. Als sie zum Opernhaus kamen und Alfred die Karten herausfingerte, blieben sie stehen.
Als Junge bin ich fast täglich an diesem Haus vorbeigegangen, es war eine Ruine damals. Es gab einen hohen Bretterzaun drum herum, damit niemand einsteigen konnte. Ich hätte es mir nie träumen lassen, dass man es je wieder so glanzvoll herrichten könnte. Wunderbar.
Von wann ist es?
Ich glaube um 1880 .
Dem Wahren Schönen Guten, las Zamira die Schrift auf der Fassade.
Ja, das ist ein Fehler, sagte Alfred verschmitzt, es muss natürlich heißen: Die schönen guten Waren!
Etwas später saßen sie nebeneinander und lauschten dem Gastkonzert der Staatskapelle Dresden. Es begann mit der Ouvertüre zu Tannhäuser.
Boa! Richard Wagner! Wenn das der Herr Feld wüsste, flüsterte Zamira.
Alfred beugte sich zu ihr.
Das bleibt unser Geheimnis, meine Venus!
Er wollte ihre Hand nehmen, aber sie zog sie weg.
Herr Klee! Aufhören oder ich schreie, sagte sie gespielt böse.
Alfred grinste wie ein Vampir, kam nah an ihren Hals und flüsterte mit Grabesstimme:
Hier kann Sie keiner hören, meine Schöne! Wagner ist laut!
Er tat so, als würde er sie beißen.
Sie kicherte.
Da kam aus der Reihe hinter ihnen eine männliche Stimme:
Benehmen Sie sich! Machen Sie das zu Hause!
Alfred drehte sich zu dem Mann um und sagte:
Geht nicht, da sind meine Eltern!
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27
Kurz bevor sie zu Hause ankamen, begann es zu schneien. Zamira hatte sich bei Alfred untergehakt, was er als angenehm empfand.
Kennen Sie die Geschichte? Also, da ist ein Konzert, sagte er, während er die Haustür aufschloss und ihr den Vortritt ließ, und plötzlich ruft einer aus dem zweiten Rang: Ist ein Arzt hier? Der Dirigent stoppt sofort das Orchester. Wieder ruft der von oben: Ist ein Arzt hier? Da steht einer im Parkett auf, schaut hoch und ruft: Ich bin Arzt! Da ruft der Mann von oben: Schönes Konzert, Kollege, nicht?
Zamira lachte und begab sich dann zu Moritz’ Zimmer, aus dem Licht auf den Flur fiel.
Herr Feld? Sind Sie noch wach?
Moritz lag mit geschlossenen Augen wie tot in den Kissen.
Großer Gott! Herr Feld!
Sie rüttelt an ihm. Er öffnete die Augen, stöhnte und griff sich ans Herz.
Von hinten rief Alfred:
Ich rufe Perlmann!
Nein, sagte Moritz mit schwacher Stimme, nur einen Tee und Baldrian, bitte.
Mach ich, rief Zamira und eilte aus dem Zimmer.
Der Fernseher lief stumm in der Ecke.
Alfred setzte sich zu seinem Bruder aufs Bett.
Lass mich Marian rufen, vielleicht ist es wieder eine Angina Pectoris?
Was heißt »vielleicht«! Es ist eine Angina Pectoris! So habe ich mich aufgeregt.
Was regst du dich auf?
Moritz wütend:
Der Prinz zeigt dem kleinen arabischen Aschenputtel die feine Welt!
Du bist ein potz, weißt du das?
Alfred war sauer, aber Moritz ließ nicht locker:
Zufällig sehe ich die Hessenschau, wann guck ich sonst Hessenschau? Und was bringen Sie? Einen Bericht von den Proben und was höre ich? Wagner! Es ist ein Wagner-Abend!
Na und?
Na und? Ausgerechnet zu diesem Rischeskopp musst du sie ausführen. Zu diesem Stück Dreck! Das ist Faschismus in Reinkultur. Wie kann dir etwas gefallen, das
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