Herr Klee und Herr Feld | Roman
werdenden Regen nach Hause rannten, war ihnen klar, dass sie darauf achten mussten, nicht in ein Spinnennetz zu geraten. Frauen verstanden sich gut darauf, die Eitelkeit der Männer für sich zu nutzen.
Am nächsten Morgen hatte Moritz eine Erkältung.
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3
Der mit aggressiven Graffiti besprühte Fiat Ducato stand in der Einfahrt. Ein muskulöser, tätowierter Mensch im T-Shirt schleppte einen Karton.
Alfred verfolgte die Aktivitäten mit Genugtuung. Er befand sich auf dem kleinen Balkon seines Zimmers im Erdgeschoss und rauchte einen Zigarillo. Nach anfänglichen Auseinandersetzungen mit Moritz hatte er sich schlussendlich bereit erklärt, seine täglichen drei Zigarillos draußen zu rauchen. Er war die Streiterei mit seinem pedantischen Bruder leid. Dreimal am Tag einen kleinen Zigarillo! Das hatte doch was Gemütliches, aber Moritz tat so, als würde ein Tsunami hereinbrechen:
Ich bestehe darauf, dass du in diesem Hause nicht rauchst!
Warum?
Noch nie ist in diesem Hause geraucht worden und so soll es, bitte schön, auch in Zukunft bleiben.
Hast du Angst, du bekommst Lungenkrebs vom Passivrauchen?
Es ekelt mich.
Wenn du wüsstest, was mich hier alles ekelt!
Dann kannst du ja gehen!
So gab ein Wort das andere. Alfred knickte ein, was selten vorkam, aber sein Bruder war nun mal der Hausherr, was konnte man machen? Alfred empfand diese Zurechtweisung als kleinkariert. Doch zu seiner Verwunderung konnte er im Lauf der Zeit den Viertelstunden auf dem Balkon einiges abgewinnen. Immer wenn er hier saß, erlebte er etwas:
Ungeschickte Fahrer beim Einparken, brüllende Kinder, denen der Ball unter ein abgestelltes Auto gerollt war, Joggerinnen, die verschwitzt und mit wippenden Brüsten die Straße hinunterhechelten, Typen auf Liegefahrrädern, hektisch telefonierende Jungmanager mit Businessköfferchen, alte Frauen mit Rollator, bekopftuchte türkische Mütter mit kreischenden kleinen Sumoringern. Ab und zu gab es Sielarbeiten, meistens dann, wenn die Straße gerade frisch asphaltiert worden war. Alfred sah Kehrmaschinen, Männer mit phosphorgrellen Arbeitswesten und blödsinnigen Laubpüstern. Bella, die struppige Hündin im Vorgarten nebenan, die immer wieder vergebens den Elstern hinterherhetzte und hoch in die Luft sprang, selbst wenn die Vögel sich bereits auf dem nächsten Baum befanden und hämisch schrien. Auch Eichhörnchen gab es. Kurz, Alfred freute sich inzwischen auf seine drei täglichen Rauchpausen.
Heute war es besonders vergnüglich. Frau Stöcklein zog aus!
Alfred hörte, wie der Klotz zu Susanne sagte:
Jetz simmer gleich dorsch.
Alfred sah seinen halben Hintern samt Schlitz, natürlich mit Behaarung und Tattoo, in einer dieser viel zu knappen Hosen, wie sie heute Mode waren, und hörte ihn sagen:
Sieh zu, dasse raus kimmt.
Er kroch aus dem Transporter und nahm ihr einen Koffer ab.
Sie ging los in Richtung Haus.
Ich geh mal gucke, wo sie bleibt …
Sie schaute kurz zum Balkon, aber Alfred hatte sich verzogen.
Er stellte fest, dass der kleine blonde Torsten, Frau Stöckleins Enkelsohn, in seinem Zimmer stand und auf das große, gerahmte Filmplakat starrte, das Alfred als Vampir zeigte, der sich über eine junge Frau beugte. Darauf stand:
»Freddy Clay – Sylvia Vermont in: The Night of the Vampire. A film by Ramon Polinsky«.
Alfred näherte sich dem Jungen von hinten und sprach einen Satz aus seinem berühmtesten Film:
Wer schleicht sich denn so still und heimlich in mein Schloss?
Der Fünfjährige erschrak und drehte sich um.
Das bist du, gell?, fragte er.
Alfred war in Erwartung einer Demütigung.
Ja, sagte er leise.
Der Film ist doof!
Alfred hatte es geahnt.
Machst du da Leute tot?
Ja.
Alle?
Alfred lächelte.
Nur kleine, blonde Buben!
Damit ging er zu seinem Schreibtisch, der überladen war mit Papier und Notizen, mit einem Laptop, Büchern und Stiften. Alfred arbeitete an seinen Memoiren. Er hatte noch kaum etwas geschrieben, aber bereits einen Titel: »Bis hier und weiter«. Das gefiel ihm.
Moritz hatte schon gelästert:
Wen soll das interessieren, was ein kleiner B-Movie-Actor da an Belanglosem von sich gibt?
Alfred war gekränkt. Zumal er immer wieder im Arbeitszimmer seines Bruders auf diverse Buchrücken starren musste, auf denen gut leserlich der Name Moritz Kleefeld zu erkennen war.
Alfred startete seinen Laptop, als der Knabe an den Schreibtisch kam und den Brieföffner sah.
Ist das dein Messer?, fragte er.
Alfred nickte.
Der Junge
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