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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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begann, seine Hand auf dem Schreibtisch zu bewegen. Sie näherte sich dem Gegenstand der Begierde wie ein Insekt. Der Kleine provozierte Alfred, indem er nach dem Brieföffner greifen wollte.
    Krieg ich das?
    Nein, sagte Alfred scharf und seine Augen wurden zwei schmale Schlitze.
    Ich will das aber haben, sagte der Junge.
    Alfred wurde lauter:
    Nein! Verstanden?
    Das ist meins …
    Hüte dich!
    Der Junge blieb unbeeindruckt.
    Ich würd’s jetzt nehmen, gell?
    Das glaube ich nicht, sagte Alfred mit einem dunklen Unterton. Dabei beugte er sich vor und kam dem Gesicht des Jungen gefährlich nah.
    Ich rate dir jetzt zu verschwinden!
    Die Hand des Jungen kam dem Objekt näher und näher.
    Alfreds Kiefer begann zu mahlen, wie in einem seiner Western.
    Da! Der Junge griff nach dem Brieföffner!
    Im nächsten Moment hatte Alfred den Duden genommen und schlug damit dem Jungen auf die Hand!
    Der starrte eine Sekunde verblüfft, dann …
     
    Moritz und Frau Stöcklein standen auf dem Flur und sprachen leise miteinander, als sie ein hysterisches Kreischen hörten!
    Beide schauten entsetzt in die Richtung, aus der die Schreie kamen.
    Um Gottes willen!, rief Frau Stöcklein.
    In diesem Augenblick lief Susanne bereits aufgeregt an beiden vorbei, zu Alfreds Zimmer.
    Torsten!, schrie sie.
    Da kam der Junge auch schon brüllend angerannt und warf sich seiner Mutter in die Arme.
    Liebling! Was ist denn?, fragte sie aufgeregt.
    Auch Frau Stöcklein ging in die Hocke.
    Sie bemerkte, dass sich das Kind die Hand hielt.
    Torsten, hast du dir wehgetan?, fragte sie. Sag doch der Omi, was du hast.
    Moritz stand hilflos daneben. Er wollte auch etwas sagen.
    Möchtest du vielleicht einen Bonbon?
    Torsten schaute ihn wutverzerrt an und presste die Worte hervor:
    Der Mann hat mich gehauen!
    Welcher Mann?, fragte Moritz.
    Der Junge zeigte nach hinten.
    Der böse Mann da hat mich gehauen!
    Alle starrten auf Alfred, der auf den Flur getreten war und mit wehendem Hausmantel auf die Gruppe zuging. Mit diabolischem Lächeln. Wie aus einem Horrorfilm.
    Na? Was hat er denn, der Kleine?, fragte er.
    Er hat sich wohl wehgetan, sagte Frau Stöcklein unsicher.
    Ach, sagte Alfred.
    Susanne nahm den Jungen auf den Arm.
    Er ist müde, von der Fahrt. Ich geh dann schon mal raus, also tschüs, sagte sie rasch und gab Moritz die Hand.
    Und nochmals vielen Dank. Für alles, was Sie für meine Mutter getan haben …
    Aber ich bitte Sie. Ihre Mutter war eine unverzichtbare Hilfe in meinem Leben und im Leben meiner verstorbenen Frau.
    Frau Stöcklein begann zu weinen.
    Herr Professor, Sie waren immer so gut zu mir, wimmerte sie.
    Moritz nahm Frau Stöcklein in die Arme. Auch er war gerührt.
    Alfred wurde sachlich:
    Machen wir’s kurz und schmerzlos. Ich habe zu tun. Auf Wiedersehen.
    Er gab Frau Stöcklein die Hand.
    Dann hielt er dem Jungen die Hand hin und sagte freundlich:
    Na, junger Mann, kriege ich kein Händchen?
    Torsten auf dem Arm seiner Mutter schaute Alfred ängstlich an und schüttelte den Kopf.
    Darf ich Ihnen noch etwas Marmelade mitgeben, fragte Moritz, um die Stimmung aufzulockern.
    Oh, ja super, sagte Susanne, die ist immer total lecker, echt.
     
    Als der Ducato davonfuhr, stand Moritz vor dem Haus. Er winkte kurz, dann schaute er dem Wagen nach, bis der an der Ampel losgefahren war und rechts abbog. Die Vorstellung, dass Frau Stöcklein nun nicht mehr für ihn sorgen würde, versetzte ihm einen Stich ins Herz. Ein halbes Menschenleben hatte sie zum Haus gehört, sie war ein Teil von ihm geworden im Lauf der Jahre. Gemeinsam mit seiner Frau hatte sie die Alltagssorgen von Moritz ferngehalten, sodass er sich auf seine akademische Karriere konzentrieren konnte. Fuhr er zu einem Kongress oder einer Gastvorlesung, wusste Frau Stöcklein, was in welchen Koffer sollte, es fehlte ihm unterwegs nie an etwas. Während seiner Gastsemester in Berkeley, als Fanny und er für längere Zeit drüben waren, hütete sie hier das Haus. Für einen Winter hatten sie die Haushälterin sogar nach Kalifornien mitgenommen, aber der amerikanische Alltag war ihr fremd geblieben. Die Supermärkte waren zu groß, die Portionen zu üppig, die Wege zu weit, die Töne zu schrill, das Leben zu verschwenderisch. Sie verabscheute Halloween. Und rosafarbene Weihnachten unter Palmen bei Sommertemperaturen? Unmöglich. Sie bekam Heimweh.
    Moritz konnte sich nicht erinnern, dass Frau Stöcklein einmal mehr als zwei Wochen Urlaub am Stück genommen hatte. Als seine Frau krank

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