Herr Klee und Herr Feld | Roman
sein, dass er seine Fischspezialität bedenkenlos verzehren konnte. Er erkundigte sich, in welcher Pfanne oder Friteuse sie zubereitet wurde, und bekam natürlich exakt das zu hören, was er aufgrund seiner suggestiven Fragen erwartete.
Ja, natürlich, der Herr, sagte die freundliche Bedienung, in dieser Pfanne wird nur Fisch zubereitet.
Keine Muscheln?
Nein, auf keinen Fall.
Und in dieser Friteuse war noch nie Fleisch?
Nein, noch niemals!
Moritz war beruhigt.
Und wenn doch Schweinefleisch in der Friteuse war?, fragte Zamira.
Wenn ich es nicht weiß, ist es auch keine Sünde, erklärte ihr Moritz.
Das ist wie in dem Witz, sagte Alfred, wo der Mann vor dem Deli steht und sieht einen Schinken. Er geht rein und fragt: Was kostet der Lachs im Fenster? Der Verkäufer sagt: Das ist kein Lachs, mein Herr, das ist Schinken. Darauf der Mann: Ich habe nur nach dem Preis gefragt, nicht nach dem Namen.
Zamira lachte.
Als die ersten kleinen Vorspeisen kamen, flüsterte Moritz Zamira etwas ins Ohr und die junge Frau öffnete ihren Rucksack und zog einen Teller hervor, den sie Moritz vor die Nase stellte. Das Besteck folgte. Alfred konnte es nicht fassen! Sein Bruder hatte das unschuldige Menschenkind bereits mit seinen Blödheiten infiziert.
Ich werde Ihnen einen Tipp fürs Leben geben, sagte Moritz und zeigte auf die Vorspeisen, meiden Sie Restaurants mit viereckigen Tellern!
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21
Irgendwann hatte sich Moritz entschlossen, Norma und ihre Freundin Halina einzuladen, die, davon war Norma überzeugt, die richtige Partnerin für Alfred sei. Um aber seinen Bruder nicht zu verunsichern, behielt Moritz den wahren Grund des Treffens für sich.
Alfred war mit allem einverstanden, er war seit einigen Tagen bestens gelaunt. Die Filmproduktion hatte sich wider Erwarten bei ihm gemeldet und ihn für zehn Drehtage in den kommenden Wochen engagiert. Das Drehbuch war durchwachsen. Eine der üblichen Vampirgeschichten, die zurzeit wieder in Mode waren:
Eine junge Frau verliebt sich in einen jungen Mann, der schön, reich und melancholisch ist, was Frauen fasziniert. Außerdem scheint er homoerotische Neigungen zu haben, was Frauen noch mehr fasziniert. So erleben die beiden eine Zeit des Glücks – so lange, bis der junge Mann die junge Frau auf das elterliche Schloss einlädt. Hier verliebt sie sich in den Vater, den alten Vampir, dargestellt von Freddy Clay, denn der ist noch melancholischer und homoerotischer als sein Sprössling. Daraufhin reagiert dessen Mutter verärgert und beißt die junge Frau, sodass diese nun ebenfalls zum Vampir wird. Am Ende kommt es zu einem dramatischen Showdown Shakespeare’schen Ausmaßes. Der Regisseur, so teilte er Alfred per Mail mit, wollte diesen Film als eine Metapher zur Finanzkrise und zur Umweltproblematik verstanden wissen! Alfred nahm sich vor, dies nicht zu hinterfragen. Die Gage war zwar nicht hoch, eher niedrig, aber er hatte Arbeit, das war die Hauptsache.
Norma und ihre Freundin waren gekommen, Zamira hatte ihnen die Mäntel abgenommen und sie in den Salon geführt. Halina Pinsker war eine große, attraktive Frau um die sechzig. Sie trug ihr dunkles Haar, das einen rötlichen Schimmer hatte, zu einer Schnecke gedreht, was ihr eine gewisse Strenge verlieh. Sie hatte traurige Augen. Nach Jahren in den USA und in Israel war die gebürtige Münchnerin vor einiger Zeit nach Frankfurt gekommen, wo sie in einer Kunstgalerie einen Job gefunden hatte. Davon erzählte sie, während sie alle im Salon saßen und den Aperitif nahmen.
Zamira hatte sich große Mühe gegeben und ein arabisches Menü gezaubert, das alle vor Ehrfurcht verstummen ließ.
Als Vorspeise servierte sie eine Gemüsesuppe bestehend aus Tomaten, Kartoffeln, Karotten, Lauch und Broccoli. Darauf Kreuzkümmel und Koriander. Der zweite Gang bestand aus einem Joghurt-Gurken-Salat mit klein geschnittener Minze. Für Moritz ohne Joghurt, da es hinterher Lamm mit Rosinen und Akazienhonig gab. Dazu gab es Hirse. Die Kleefelds waren begeistert. Ebenso die beiden Damen.
Norma war Zamira in der Vergangenheit schon ein paarmal begegnet. Sie war verblüfft, so ein »Model«, wie sie es nannte, bei den Brüdern anzutreffen, und sie war sicher, die Kleefelds hatten sich für die Schönheit und nicht für häusliche Fertigkeiten entschieden. Deshalb erstaunte es sie, dass sie angesichts des Dinners ihre Vorbehalte aufgeben musste.
Alfred war dermaßen von Halina angetan, dass er sich mit seiner üblichen Darstellung eines
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