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Herr Möslein ist tot (German Edition)

Herr Möslein ist tot (German Edition)

Titel: Herr Möslein ist tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Meissner
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verwählt haben und versuche es erneut. Wieder meldet sich Frau Schuster. »Entschuldigen Sie bitte, bin ich da nicht im Restaurant Bonnies Ranch?« Frau Schuster lacht. »Doch, Sie sind genau richtig. So nennt uns der Volksmund. Aber wir sind kein Restaurant. Wir sind eine Nervenklinik!«
    »Mist. Schwiemu glaubt, ich sei irre!«, brubble ich, plötzlich die Situation verstehend, in den Hörer.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragt Frau Schuster mitfühlend.
    »Nein!«, schreie ich aufgebracht und lege auf. Pling! Mein Geld ist alle, und ich bin genauso schlau wie vorher. Das Wetter in Hamburg ist immer noch trübe, bewölkt und nieselig, und ich glaube, ich werde langsam wirklich verrückt.
    ***
    Der Rest des Tages bleibt unerquicklich. Ich bin sauer, schwöre Brigitte bei meiner Rückkehr in die Zukunft Rache und weiß doch, dass Rache keinen Sinn macht, wenn ich Schwiemu als Katzenpflegemutti brauche, wenn Carsten und ich in den Urlaub fahren wollen. Chica kann ja nichts dafür. Betty dagegen habe ich wegen meines Frusts ihren Shopping-Nachmittag versaut. Bei jedem Stück, das sie auswählte, dozierte ich über die mindere Qualität in Wühltischen, nölte über irreführende Werbung und schimpfte auf kapitalistische Halsabschneider. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vortragen, dass ich Betty vor uninspiriertem Geldausgeben bewahrt habe. Ich meine, was haben wir uns nach der Maueröffnung vom Begrüßungsgeld für Schrott gekauft! Ingo hatte seine 100 DM sogar komplett an polnische Hütchenspieler verloren!
    Weil Betty und ich um Mitternacht wieder an der Grenze sein müssen, fahren wir mit unserem ganzen Gepäck gegen 19 Uhr Richtung Große Freiheit, um Herrn Möslein zu treffen. Ich gebe es ungern zu, aber auf diesen Barbesuch freue ich mich, wie auf die fünfte Wiederholung meines Lieblingsfilms »Kein Pardon« mit Hape Kerkeling. Also sehr, denn ich bin gespannt auf Bettys fassungsloses, entgeistertes Gesicht, welches ich diesmal genau im Auge behalten kann und werde. Von unserem Trabiparkplatz bis zur Ramona-Bar gehen Betty und ich, vom Nieselregen angetrieben, zügigen Schrittes die Reeperbahn entlang. Genau hier entlang ging ich 2009 auch mit Carsten, als wir nach dem Besuch eines Musicals, den er mir zur Premiere meiner ersten Solo-Comedy-Show geschenkt hatte, Richtung Große Freiheit. Damals waren die Straßen relativ leer, viele Leuchtschilder erloschen, einige Bars geschlossen. Die Reeperbahn hatte ihren alten Charme verloren.
    Darum freue ich mich, wie neonhell und bunt die Große Freiheit Betty und mir jetzt entgegenstrahlt. Wie viele Menschen sich hier tummeln: Einheimische, Touristen, lauthals lachende Gruppen auf der Suche nach einem besonderen Erlebnis, bunte Typen und verkommene Gestalten. Die Fenster der Ramona-Bar leuchten schummrig rot. Wir treten ein. Direkt in dem kleinen Vorraum sitzt ein älterer, recht kleiner und schlanker Herr. Was heißt älter. Vielleicht so alt wie ich, also fünfzig. Herr Möslein hat einen Gipsfuß und seine Frisur könnte das Resultat einer Haarspende sein. Er trägt Glatze.
    »Ah, seid ihr die Cora-Mädels?«, begrüßt er uns fröhlich.
    »Ja, dann sind Sie wohl Herr Möslein?«, sagt Betty. Wir geben ihm die Hand.
    »Geht ruhig durch, ihr Hübschen. Dort wartet Chantal auf euch. Sie wird euch alle Fragen beantworten. Ich bin leider etwas gehandicapt. Aber«, er schaut uns fast flehend an, »Ich freue mich sehr, dass ihr hier seid. Das Prager Ballett muss in wenigen Tagen abreisen. Das Visum läuft aus!« Irgendwie stimmt mich Mösleins Anblick melancholisch, weil ich nicht nur weiß, dass wir ihn enttäuschen werden, sondern auch, was mit ihm passieren wird.
    »Mein Gott, ist das ein schönes, kleines Theater!«, ruft Betty, als sie die Bar betritt.
    Chantal, setzt sich zu uns an den Tisch, von dem aus wir die beste Sicht auf die Show haben würden, und lässt uns zwei O-Saft kommen. Chantal ist eine spärlich bekleidete, sehr hübsche junge Blondine, die ebenfalls aus dem Osten kommt und hier als Stripperin arbeitet.
    »Ihr müsst euch keine Sorgen machen«, erklärt sie uns. »Wir sind zwar im roten Viertel von Hamburg, aber ihr müsst hier nur eure Kunst zeigen. Weder anschaffen, noch Gäste zum Sekttrinken animieren.« Betty reagiert empört. »Na das wäre ja noch schöner! Niemals! Wir tanzen und gut!«
    »Reg dich nicht auf. Auch die Darbietungen sind hier sehr ästhetisch. Kein Schweinkram und so!«, erwidert Chantal.
    »Na ja!«, Betty schaut sich im

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