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Herr Tourette und ich

Herr Tourette und ich

Titel: Herr Tourette und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelle Sandstrak
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Dreiviertelstunde – unter dem Kaltwasserhahn im Traktorschuppen. Dann gehe ich ein paar hundert Meter in den Wald hinein, biege hinter einem alten Militärschuppen rechts ab, und dann springe ich auf die Hauptstraße neben die Briefkästen, wo der Bus hält. Ich warte eine halbe Stunde, bis der Bus kommt. Er fährt langsamer, als der Fahrer mich sieht, aber ich winke ihn vorbei. Ich werde ja nicht mitfahren, ich will nur so tun, als ob ich damit gefahren wäre. Als der Bus vorbeigefahren ist, gehe ich zum Hof hinunter. Ich gehe sehr langsam, so dass Platen mich ganz sicher sieht. Er soll ja denken, dass ich gerade mit dem Bus gekommen und nicht etwa in einem seiner alten Personalräume aufgewacht bin. Wie immer grüßt er aus dem Küchenfenster, und ich grüße wie immer zurück. Ich gehe schnell über den Hof und weiter in den Traktorschuppen, wo ich Erdbeerkörbchen und Kartoffelschütten und die Gerätschaften der Traktoren sauber mache. Meine frenetische Arbeitsenergie scheint die Zwangsgedanken abzutöten, und diesmal scheint auch die Monotonie nicht von mir Besitz zu ergreifen. Das rettet mich, so behalte ich den Job, kriege neues Geld. Jeder Tag macht mich müder, die Energie wird weniger, aber ich bleibe im Fluss, ich fließe ziemlich elegant dahin, und ein Rettungsanker ist noch nicht erforderlich.

    Am Donnerstag nimmt Platen mich mit zum Binnensee, also dem Fjord. Beim sogenannten Einstellungsgespräch habe ich erzählt, ich hätte Erfahrung mit dem Angeln. Die Erfahrung begründe ich mit meinen Besuchen in Mosjøen, wo Papa und ich Boot fuhren, angelten und die Fische ausnahmen. Wir fahren in Platens Cherokee Jeep. Während der Fahrt im Auto merke ich, dass er sich weit zum Fenster rüberlehnt, und als er noch einen Kilometer später die Scheibe herunterkurbelt, begreife ich, dass es nicht die Zellulosefabrik ist, die den Gestank in seinem Auto verbreitet. Er redet nicht viel, fragt hauptsächlich, ob ich in der Stadt gut wohne und ob ich es nicht leid sei, immer mit dem Bus hin und her zu fahren. Jetzt bleibt nur noch eine Woche auf dem Hof, aber er hat mir schon eine Verlängerung versprochen, wogegen ich wirklich nichts einzuwenden habe.

    Mir gefallen die Binnenseefische. Sie sind nicht so dick, gefährlich und mit riesigen Mäulern ausgestattet wie ihre Kollegen im Atlantik, und sie sind viel leichter zu handhaben. Mein Arbeitsgerät ist ein kurzes Messer mit einer breiten Schneide. Über Mantel und Hose habe ich eine große plastikähnliche Schürze gehängt. Die Schürze soll verhindern, dass meine Kleider schmutzig werden, aber ich trage sie hauptsächlich, um später im Nachtzug nicht nach Fisch zu stinken, wenn Platen mich nach der Arbeit in die Stadt fährt. Das ist ein Entgegenkommen von ihm, damit ich nicht abends noch mit dem Bus fahren muss.

    Ich schneide dem Fisch den Kopf ab, schlitze den Bauch in der Mitte auf, klappe die beiden gleichgroßen Teile auseinander, ziehe die Eingeweide mit den Fingern heraus, die Leber und Teile des Rückgrats lasse ich drin. Ich empfinde Lust, Freude und eine Art Rausch. Ich genieße es, die Finger in frischen Fisch zu stecken, der Geruch tut mir gut, das Fischfett wirkt wie eine Dosis Valium. Wie immer arbeite ich sehr schnell, Barsche und Hechte und Zander fliegen umeinander, werden getötet, geschlachtet und abgetrocknet. Das Tag rast davon, und ich mit ihm.

    Auf dem Weg in die Stadt erzählt mir Platen im Auto, dass ich für wenig Geld ein kleines Zimmer auf dem Hof mieten könne. Also fahre ich direkt mit ihm zum Hof. Das Zimmer liegt hinter dem Hauptgebäude in einem Flügel des Hofs. Als ich mich der Tür zu dem Zimmer nähere, zuckt es im Bauch, ein Unbehagen ersetzt den Kick, den ich durch die Arbeit mit den Fischen erhalten habe, als ob das Ganze zu schön sei, um wahr zu sein. Der Körper wird zu einem Echolot – ich höre alles und sehe alles. Alles Negative, alle Gefahren, alle Hindernisse. Ich sehe die Türschwellen, die Tür, den Türrahmen, die Gardinen, das Sofa, einen kleinen Fernseher, die Deckenlampe, das Kuhfell auf dem Boden, die toten Köcherfliegen im Fensterrahmen. Zucken im Bauch, Geräusch, zum Teufel … Irgendetwas stimmt nicht, das hier kann niemals gut gehen, das Zimmer mag mich nicht. Platen geht vor mir ins Haus, ich warte, tue so, als hätte ich Probleme mit dem Schnürsenkel oder der Schuhsohle oder was ich mir auch immer ausdenke. Platen macht die Tür auf: »Und, was meinst du?« Ich wünschte, ich müsste das

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