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Herr Tourette und ich

Herr Tourette und ich

Titel: Herr Tourette und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelle Sandstrak
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Süßwasserfisch. Die Theaterschule. Zucken im Bauch, Geräusch . Ich habe ganz vergessen, dass ich ja diese Nummer anrufen sollte, um zu erfahren, wer angenommen worden ist. Gestern Nachmittag sollte die Entscheidung verkündet werden. Ich werde sowieso nicht angenommen, aber vielleicht gibt es auch eine Ranking-Liste über die, die nicht reingekommen sind, eine Liste der zehn Top-Loser. Ich beschließe, gleich morgen früh anzurufen.

    Nach ein paar Stunden denke ich, dass wohl kein Wachmann mehr kommen wird, und so schließe ich die Augen und benutze die Ledertasche als Nackenstütze. Vielleicht kann ich eine halbe Stunde oder so ausruhen. Das wird schon nicht verboten sein.

    Einige Stunden später erwache ich, bin sehr verwirrt – wo bin ich, wie bin ich hergekommen, wie spät ist es, wann geht der Nachtzug? Aber dann beruhige ich mich wieder. Ich sehe die Kirchenbänke, den Leuchter unter der Decke, links die Kanzel. Der Radiowecker zeigt 06.00 an. Unglaublich. Ich bin einfach eingeschlafen. Dann merke ich, dass die kleine Tür zu meiner Kirchenbank geschlossen ist. Ich weiß, ich bin ganz sicher, dass sie gestern Abend offen war und dass ich sie nicht selbst zugemacht habe. Ich schaue mich im Raum um, alle Türen an allen Bänken sind geschlossen. Und das waren sie gestern Abend, ehe ich einschlief, keinesfalls. Ich ziehe meine Handschuhe an, gehe zur Kirchentür, drücke die große, mächtige Türklinke herunter und dann wieder hoch. Verschlossen. Die Tür ist verschlossen. Und das war sie gestern Abend auf gar keinen Fall. Jemand ist hier gewesen, hat den Raum kontrolliert, aufgeräumt, die kleinen Kirchenbanktüren zugemacht – und mich entdeckt. Die Person muss natürlich gesehen haben, wie ich in der Kirchenbank lag, mit der Ledertasche als Kissen, der Kirchenbank als Unterlage, mit fettigen Haaren, die nach fischigen Rippchen stinken. Die Person muss nur einen halben Meter von mir entfernt gestanden haben, muss gedacht, überlegt und spekuliert haben. Das Unbehagen kommt angekrochen. Ich schäme mich. Das ist erniedrigend. Jemand hat nur einen halben Meter von meinem privaten Bett entfernt gestanden. Zucken im Bauch . Vielleicht ist die Person jetzt im Moment noch hier und sieht mich an, abschätzend. Vielleicht hat sie schon die Polizei oder die örtliche Irrenanstalt angerufen – kommen Sie augenblicklich her und pflücken Sie diesen Freak aus Bankreihe Nummer 9 . Ich sollte meine Tasche nehmen und abhauen, einen Bus zum Hof oder einen Zug sonst wohin nehmen. Allerdings. Die Person hat mich offensichtlich gesehen, also hätte sie auch versuchen können, mich zu wecken, sie hätte es sogar geschafft, mir im Schlaf Handschellen anzulegen. Aber sie hat nichts gemacht. Die Person hat einfach nur die Türen zugemacht, die Eingangstür verschlossen und ist nach Hause gefahren. Die Person hat nicht nur ihren Job gemacht, sondern sie hat ihren Job sehr korrekt gemacht, still und elegant, als hätte sie Rücksicht auf mich genommen.

    Es muss der Wachmann gewesen sein. Doch, ich beschließe, dass es der Wachmann gewesen ist. Und ich bleibe sitzen.

    Was den Kirchenraum so bequem macht, ist das Fehlen von Türschwellen. Steinfußböden haben keine Schwellen, keine unnatürlichen Hindernisse, an denen man hängen bleiben kann. Der Fußboden erstreckt sich schwellenlos vom Altar und der Sakristei an den Bänken und Kerzenleuchtern vorbei bis hin zu den Toiletten und der Eingangstür ganz hinten im Raum. Ich kann mich von meiner Bank aus also frei bewegen, kann hinter den Altar gehen, an den Kerzenleuchtern vorbei und zu den Toiletten, ohne eine einzige Türschwelle überqueren zu müssen. Welch ein Luxus.

    Als es auf die Gottesdienstzeit zugeht, ziehe ich mich zurück. Ich gehe in die Toilette, wo ich Teile des Mantels mit Seife einreibe, ich stopfe mir sogar Papierstücke mit Seife unter die Arme, damit der Fischgestank den Gottesdienst nicht stört. Als die ersten Besucher kommen, mache ich die Tür auf und bewege mich vorsichtig zum Eingang hin. Ich versuche, den Menschen, die hereinkommen und die mich ein wenig verwundert ansehen, zuzulächeln. Ich bleibe am Eingang stehen, zwischendurch mache ich einen Schritt auf die Eingangstür zu, um frische Luft einzuatmen. Aber die ganze Zeit passe ich höllisch auf, dass ich der Türschwelle am Eingang nicht zu nahe komme. Als die Glocken läuten und die Kirchenbänke sich langsam mit Menschen füllen, ziehe ich mich in die Kirche zurück und suche nach einer Bank,

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