Herren des Wetens
Ihr vor Müdigkeit auf Eurem Stuhl einnickt.«
»Tut lieber, was sie sagt, Javelin«, riet ihm Silk. »Sie wird Euch bemuttern, ob es Euch gefällt oder nicht.«
»Genug, Silk!« rügte Porenn.
»Aber das wirst du tun, Tantchen. Du bist weit und breit als Drasniens Mütterchen bekannt!«
»Genug, habe ich gesagt!«
»Jawohl, Mutter.«
»Ich glaube, du begibst dich da auf dünnes Eis«, flüsterte Yarblek ihm zu.
»Ich bewege mich immer auf dünnem Eis. Das gibt dem Leben einen gewissen Reiz.«
Der Abend war noch düsterer als die Tage bisher, als Garion und seine Freunde sich wieder in dem großen Zelt in der Mitte des Lagers einfanden. Yarblek hatte mehrere Rollen Teppich mitgebracht und ein paar eiserne Feuerbecken. Diese Bereicherungen für ihr Hauptquartier verliehen dem Zeltinneren fast einen Hauch von bar-barischem Prunk.
»Wo ist Silk?« fragte Garion, nachdem sie sich rund um die glü-
henden Feuerbecken gesetzt hatten.
»Ich glaube, er schnüffelt draußen herum«, antwortete Barak.
Garion verzog das Gesicht. »Ich wünschte, er würde wenigstens einmal da sein, wo er sein sollte.«
Javelin wirkte nach dem mehrstündigen Schlaf bedeutend wacher. Sein Gesicht jedoch war ernst. »Ich fürchte, die Zeit wird knapp«, sagte er. »Drei Armeen nähern sich uns. Lord Hettar kommt aus dem Süden, General Brendig aus dem Westen. Unglücklicherweise werden jedoch die drasnischen Lanzer wahrscheinlich vor ihnen hier sein.«
»Außer, Pol und Beldin können sie aufhalten«, warf Durnik ein.
»Ich vertraue voll und ganz auf Lady Polgara und Meister Beldin«, versicherte ihm Javelin, »aber wir sollten trotzdem beschlie-
ßen, was wir tun werden, falls sie keinen Erfolg haben. Es ist immer das beste, sich auf das Schlimmste vorzubereiten.«
»Weise Worte, mein Lord«, murmelte Mandorallen.
»Nun«, fügte der Chef des drasnischen Sicherheitsdiensts hinzu,
»wir wollen nicht gegen die Lanzer kämpfen. Erstens sind sie nicht wirklich unsere Feinde; zweitens würde ein Kampf gegen sie uns so schwächen, daß ein Ausbruch der Belagerten zu unserer Vernichtung führen könnte.«
»Worauf wollt Ihr hinaus, Javelin?« fragte Königin Porenn.
»Ich glaube, daß wir die Stadt einnehmen müssen.«
»Wir haben nicht genügend Männer«, sagte Barak dumpf.
»Und es wird noch mehrere Tage dauern, bis wir die Mauer wenigstens teilweise niederreißen können«, fügte Mandorallen hinzu.
Javelin hob eine Hand. »Wenn wir alle Katapulte auf nur einen bestimmten Teil der Mauer richten, müßten wir in der Lage sein, sie in einem Tag einzureißen.«
»Aber dann wissen sie genau, wo wir angreifen werden!« protestierte Lelldorin. »Die Verteidiger werden sich auf diese Stelle konzentrieren.«
»Nicht, wenn die Stadt brennt!« entgegnete Javelin.
»Völlig außer Frage«, sagte Garion fest. »Mein Sohn könnte in der Stadt sein! Ich habe nicht vor, sein Leben aufs Spiel zu setzen, indem ich die ganze Stadt in Brand stecke!«
»Und ich sage immer noch, daß wir nicht genügend Männer haben, die Stadt einzunehmen!« wiederholte Barak.
»Wir müssen nicht die ganze Stadt einnehmen, Lord von Trellheim,« entgegnete Javelin. »Wir brauchen nur unsere Leute hinein-zukriegen. Wenn wir bloß ein Viertel erobern und uns verschanzen, können wir den Kult von innen abwehren und Haldar von außen.
Dann müssen wir nichts tun, als auf Lord Hettar und General Brendig zu warten.«
»Der Plan hat manches für sich.« Yarblek nickte. »So, wie die Dinge jetzt stehen, sitzen wir in der Zange. Wenn diese Lanzer als erstes ankommen, werden unsere Freunde bei ihrem Eintreffen nicht viel mehr tun können, als unsere Stücke zusammenzuklau-ben.«
»Kein Feuer!« beharrte Garion.
»Wie wir auch immer vorgehen, deucht mir, daß wir nicht in die Stadt gelangen können, ehe nicht Breschen in die Mauer geschlagen sind«, bemerkte Mandorallen.
»Die Mauern sind nicht wirklich ein Problem«, warf Durnik ruhig ein. »Keine Mauer ist stärker als ihr Fundament.«
»Unmöglich, mein Guter!« rief Mandorallen. »Auf dem Fundament einer Mauer ruht das gesamte Gewicht. Keine Maschine der Welt könnte eine solche Masse bewegen!«
»Ich sprach nicht von einer Maschine«, sagte Durnik.
»Woran denkst du, Durnik?« fragte Garion.
»Es ist wirklich nicht so schwer, Garion«, versicherte ihm Durnik.
»Ich habe mich umgesehen. Die Mauer steht nicht auf gewachsenem Fels, sondern auf gestampfter Erde. Wir brauchen diese Erde bloß ein wenig
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