Herren des Wetens
geglückt, ihn unauffällig zu veranlassen, diese Worte zu sprechen, die seine Abstammung verraten könnten. Tut mir leid, daß ich Euch nicht weiterhelfen kann.«
»Wie fest hat er den Kult in der Hand?« fragte Javelin.
»Vollkommen«, erwiderte sie. »Die Leute würden alles tun, was er ihnen befiehlt. Sie sehen in ihm fast etwas wie einen Gott.«
»Wirmüssen ihn lebend in die Finger kriegen«, sagte Garion grimmig. »Ich brauche einige Antworten.«
»Das dürfte sich als schwierig erweisen, Eure Majestät«, sagte Liselle ernst. »In Rheon hält man ihn allgemein für einen Zauberer. Ich sah zwar keinen Beweis dafür, doch unterhielt ich mich mit einigen Leuten, die sahen, wie er seine Zauberkräfte einsetzte, oder es behaupteten.«
»Ihr habt uns einen großen Dienst erwiesen, Markgräfin«, sagte Königin Porenn dankbar. »Das werde ich Euch nicht vergessen.«
»Vielen Dank, Eure Majestät.« Liselle machte einen förmlichen Knicks vor ihr, dann wandte sie sich wieder an Garion. »Was ich erfahren konnte, deutet darauf hin, daß die Streitkräfte des Kultes innerhalb der Stadt bei weitem nicht so stark sind, wie man glauben machen will. Ihre Zahl ist zwar beeindruckend, aber das liegt hauptsächlich an den vielen jungen Knaben und alten Männern. Offenbar rechnen sie verzweifelt mit einer Armee, die unter dem Kommando eines heimlichen Kultangehörigen auf dem Marsch zur Stadt ist.«
»Haldar«, brummte Barak.
Sie nickte.
»Und das bringt uns zurück zur absoluten Notwendigkeit, in die Stadt zu gelangen«, sagte Javelin. Er schaute Durnik an. »Wie lange, meint Ihr, würde es dauern, den Boden unter der Mauer im Norden so weit aufzuweichen, daß er nachgibt?«
Durnik lehnte sich zurück und blickte überlegend auf die Zelt-decke. »Es soll ein Überraschungsangriff werden, also wollen wir nicht, daß das Wasser herausquillt – jedenfalls nicht anfangs. Ein allmählich zunehmendes Sickern wäre weit weniger auffällig. Na-türlich dauert es eine Weile, den Boden aufzuweichen.«
»Und wir müssen vorsichtig sein«, fügte Garion hinzu. »Wenn dieser Ulfgar wirklich ein Zauberer ist, hört er uns, wenn wir zu laut sind.«
»Der Krach wird beachtlich sein, sobald die Mauer einstürzt«, meinte Barak. »Warum sprengst du sie nicht einfach, wie du es mit der von Jarviksholm gemacht hast?«
Garion schüttelte den Kopf. »Wenn man eine so gewaltige Kraft eingesetzt hat, ist man eine Weile völlig wehrlos gegenüber einem Angriff durch jemanden, der ähnliche Kräfte hat. Ich würde jedoch gern lebendig und bei klarem Verstand sein, wenn mein Sohn gefunden wird.«
»Wie lange dauert es, den Boden unter der Mauer aufzu-
weichen?« fragte Javelin erneut.
Durnik kratzte sich an der Wange. »Heute nacht, den ganzen morgigen Tag… Morgen gegen Mitternacht dürfte es soweit sein.
Kurz vor dem Angriff könnten Garion und ich den Fluß des Wassers beschleunigen und den größten Teil der Erde hinausspülen. Bis dahin ist sie sehr naß und weich, da müßte ein ordentlicher Schwall sie mitreißen. Wenn wir von der gegenüberliegenden Seite Steine dagegen schleudern und ein paar Enterhaken werfen, müßte sich die Mauer in kurzer Zeit einreißen lassen.«
»Ihr solltet Euren Beschuß noch beschleunigen«, wandte Yarblek sich an Mandorallen. »Gebt ihnen Zeit, sich daran zu gewöhnen, daß Steine aus dem Himmel stürzen, dann werden sie nicht darauf achten, wenn Ihr morgen nacht ihre Mauer bombardiert.«
»Also morgen um Mitternacht?« vergewisserte sich Barak.
»Ja«, antwortete Garion fest.
Javelin blickte seine Nichte an. »Hast du den Plan des Nordviertels im Kopf?«
Sie nickte.
»Dann zeichne ihn für uns auf. Wir müssen wissen, wo wir unsere Stellungen beziehen, wenn wir erst in der Stadt sind.«
»Gleich nachdem ich gebadet habe, Ohm.«
»Wir brauchen diesen Plan, Liselle.«
»Nicht so dringend wie ich ein Bad!«
»Das gleiche gilt für dich, Kheldar!« sagte Königin Porenn.
Silk blickte Liselle überlegend an.
»O nein, Kheldar«, sagte sie. »Ich kann meinen Rücken allein waschen, vielen Dank.«
»Suchen wir nach Wasser, Durnik.« Garion stand auf. »Unterirdi-schem, meine ich.«
»Gut«, antwortete der Schmied.
Die dichte Wolkendecke, die schon die ganze Woche und länger den Himmel bedeckte, verbarg den Mond. Es war eisig, als Garion und Durnik sich durch das Tal vorsichtig der belagerten Stadt nä-
herten.
»Kalte Nacht«, brummte Durnik.
»Mgm«, bestätigte Garion. »Wie tief,
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