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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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nach Hause, nahm Anlauf, sprang - aber das Sofa war nicht mehr da. Katja kam lachend ins Zimmer und sagte: »Tut mir leid, Schatz. Ich habe umgeräumt. Ich wollte dich überraschen.«
    »Ist dir gelungen«, sagte ich, während ich auf dem Boden lag und mir die Knochen rieb.
    »Hast du dir wehgetan?«
    »Gar nicht.«
    Ein paar Tage später hatte ich mich an die neue Sitzordnung im Wohnzimmer gewöhnt. Und ich fand es nicht weiter schlimm, vor allem, weil ich dem keine weitere Bedeutung beimaß. Es war genau das Maß an Veränderung, das ich in Ordnung finde.
    Heute dagegen komme ich nach Hause, und die Möbel stehen da, wo sie auch vorher waren. Nur Katja ist nicht da. Und das ist zu viel Veränderung. Ich vermisse sie. Es ist einfach zu still in der Wohnung. Das halte ich nicht lange aus.
     
    20:34 Uhr: Wenigstens habe ich noch ein Date. Kann also daran arbeiten, meine Misere zu beenden. Sie heißt Katarina und wir kennen uns aus dem Internet. Ich setze mich zu ihr und weiß: Alles wird gut. Katarina ist hübsch, nicht zu schlank, nicht zu füllig, nicht zu klein, nicht zu groß, und vor allem hat sie ein Lächeln, mit dem ich mir vorstellen kann, alt zu werden. Wir treffen uns in einer Cocktailbar und unterhalten uns. Sie stammt eigentlich aus Norddeutschland, ist aber schon vor vier Jahren mit ihrem Mann nach Köln gezogen, erklärt sie mir.

    »Mit deinem Mann?«, frage ich verblüfft. »Bist du denn verheiratet?«
    »Ja, klar. Du etwa nicht?«
    »Nein!«
    »Das heißt, du suchst wirklich eine Freundin? So ganz ohne Hintergedanken?«
    Sie sieht mich neugierig an und ich fühle mich ertappt. Schließlich habe ich sehr wohl Hintergedanken. Oder mehr als das, ich habe einen regelrechten Plan, bei dem ich sie aufs Schäbigste ausnutzen würde. Da sie sich so ehrlich geoutet hat, beschließe ich, dasselbe zu tun. Warum auch nicht, schließlich ist sie hier, obwohl irgendwo ihr nichtsahnender Ehemann hockt. So gesehen wären wir doch das ideale Paar!
    Also erzähle ich ihr von Katja und von dem Vorhaben, sie mittels einer anderen Frau eifersüchtig zu machen, damit sie wieder zu mir zurückkommt.
    »Das ist ja interessant«, sagt Katarina und kippt mir dann ohne weitere Erklärung ihren Piña Colada ins Gesicht.
    »Hey, was soll das? Ich dachte, wir sind ehrlich zueinander? Worüber beschwerst du dich denn? Schließlich bist du verheiratet und datest mich trotzdem!«
    Sie lacht und heult gleichzeitig, beeindruckende Leistung. Dann steht sie auf und sagt: »Stimmt aber gar nicht. Das mit dem Ehemann war nur ein Trick. Ich bin in Wirklichkeit gar nicht verheiratet. Ich wollte bloß checken, wie die Dinge bei dir stehen. Das Ergebnis ist leider eindeutig. Auf Wiedersehen.«
     
    Nachts: Habe in den zurückliegenden Wochen öfter mal gedacht, dass Katja irgendwie nicht mehr Katja ist. Ich meine
das jetzt nicht im Sinne von Mission Impossible , wenn Tom Cruise mit seiner Kollegin redet und die sich auf einmal eine Maske vom Gesicht zieht und gar nicht die Kollegin ist, sondern sein Erzfeind. Ich denke mehr an diesen alten Filmklassiker Invasion der Körperfresser , bei dem Außerirdische landen und die Menschen einer amerikanischen Kleinstadt durch Doubles ersetzen. Diese Replikanten sehen zwar genauso aus wie ihre Vorbilder, sind in Wahrheit aber gehirnamputierte Aliens. So etwas Ähnliches muss dieser Raimund mit Katja gemacht haben. Denn sonst würde sie niemals so einen karrieregeilen Großkotz mit Rolex am Handgelenk und Hollywood-Grinsen in der Fresse auch nur ansehen. Gott!
    Die Erklärung dafür könnte natürlich auch eine ganz andere sein. Muss an eine Story denken, die Corinna mir bei einem unserer geheimen Treffen erzählt hat. Es ging um eines der ersten Dates zwischen Katja und Raimund. Er hatte sie an dem Abend in die Oper eingeladen, wo er eine eigene Loge angemietet hatte. In der Pause führte er sie hinter die Bühne und stellte ihr die Sopranistin vor, die er persönlich kannte und mit Wangenküssen begrüßte. Nach der Pause trug die Sängerin dann eine Trauerarie vor, und als Katja vor Rührung anfing zu heulen, reichte Raimund ihr sein gebügeltes und mit Duftwasser getränktes Stofftaschentuch …
    Corinna musste mir gar nicht erklären, warum dieser Abend so bedeutend für Katja war und warum in diesem Moment das Eis zwischen ihr und Raimund schmolz. Schließlich bin ich derjenige, der einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Lebenszeit neben Katja sitzen und ungefähr tausendmal die DVD von Pretty

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