Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)
den Worten: »Bitte entscheiden Sie selbst, was Sie damit anfangen!«
Als der Fickel kurz darauf mit der Nadin vor dem Polizeipräsidium stand, inzwischen ganz lässig und ohne den Bauch einzuziehen, wollte er wenigstens wissen, warum sie dem René nicht ganz einfach ein Alibi gegeben hatte, anstatt sich vor der Polizei so »nackt« zu machen. Und da antwortete die Nadin, dass sie dem René für den Todeszeitpunkt kein Alibi geben könne, aus dem ebenso einfachen wie kompliziert zu erklärenden Grund, dass sie genau zu dem Zeitpunkt mit dem Landrat zusammen gewesen war.
Da konnte der Fickel nicht umhin zu fragen, ob sich die beiden Jungjuristen mit ihrer Verlobung nicht vielleicht selbst etwas vormachten. Schließlich gingen Paare schon wegen ganz anderer Kleinigkeiten auseinander. Aber da sagte die Nadin einen richtigen Klassefrauen-Satz, nämlich: »Wenn wir das zusammen durchstehen, dann ist das mit uns was ganz Besonderes!« Im Grunde Neubauer-Format.
Jetzt fiel dem Fickel beim besten Willen nichts anderes mehr ein, als den Rainer Kummer abzuholen und ihn auf ein Feierabendbier in die »Fröhliche Einkehr« in der Anton-Ulrich-Straße zu schleppen. Die »Einkehr« wäre garantiert ein beliebtes Studentenlokal, wenn es denn in Meiningen welche gäbe. So versammelte sich hier das angejahrte Akademikervolk, das sich gern an seine Studentenzeit zurückerinnerte, wo man es noch »richtig krachen lassen« konnte. Der Rainer Kummer ist zwar kein Akademiker im engeren Sinne, aber er kommt trotzdem gerne her.
Hier wurde nach Herzenslust Billard gespielt, Fußball geguckt, getrunken und geraucht – fast wie in den guten alten Zeiten: Cabinet, Juwel und f6 [ 47 ], natürlich konsequent auf Lunge. Die Sicht war derart eingeschränkt, dass der Fickel den Amthor am Nachbartisch kaum erkannte, der still vergnügt vor sich hin qualmte.
Der Fickel musste dem Rainer Kummer und dem Amthor natürlich alles haarklein berichten, was er in dem Wellnesshotel erlebt hatte, von den Weizenblutwürstchen bis hin zum Nacktsaunieren und der Orgie im Nachbarzimmer. Und als der Fickel endlich beim Striptease seiner Ex anlangte, da wollte der Wirt die drei Männer bereits rauswerfen, weil die mit ihrem wiehernden Lachen einfach nicht mehr aufhören konnten, sodass sich die anderen Gäste schon belästigt fühlten. Aber dann besann er sich gerade noch rechtzeitig, wer die besseren Kunden waren, und brachte ohne Murren eine weitere Lage an den Tisch.
Doch als der Fickel mit der »Beichte« von der Nadin seinen Bericht beendete, wurde die Stimmung am Tisch wieder sehr nachdenklich. Und es war dem Rainer Kummer vorbehalten festzustellen, dass nun ja leider auch der Landrat Kminikowski als Täter ausschied, denklogisch gesehen. Denn indem die Nadin ihrem Verlobten das Alibi verweigerte, gab sie damit automatisch ihrem Liebhaber eines. Und da war auch der Fickel erst mal mit seinem Latein am Ende, Matula hin oder her.
Jetzt machte aber der Amthor ein geheimnisvolles Gesicht und meinte, es gebe »erfreuliche Neuigkeiten«. Dann zierte er sich allerdings noch ein bisschen, bevor er mit der Sprache rausrückte. Und das war ja mal eine freudige Überraschung! Eigentlich hatte der Amthor der Driesel nur ganz uneigennützig auf ihrem Weinberg helfen wollen. Doch während der gemeinsamen Sorge um das Wohl der jungen Reben war plötzlich auch das zarte Pflänzchen der Liebe zwischen den beiden Single-Dinosauriern gesprossen. Einfach so! Und das, obwohl die beiden auf den ersten Blick kaum Matchingpunkte aufzuweisen hatten.
Wer hätte dem Amthor, dem ewigen Glücksritter, da nicht aufrichtig gratuliert?! Vor allem freute es den Fickel natürlich für seine alte Kollegin und Weggefährtin Driesel, der nach jahrzehntelanger Fron im Dienste der Justiz pünktlich zu ihrer Pensionierung endlich auch ein wenig privates Glück vergönnt war. Fast wie im Märchen! Der Amthor machte sich nur ein paar Sorgen, wie er das jetzt seiner Mutter beibringen sollte: »Da hat man nun den Salat!«
Während in der »Fröhlichen Einkehr« gebechert wurde, lief die Oberstaatsanwältin zügigen Schrittes durch den nächtlichen, von den Lichtern der Bahnhofstraße spärlich beleuchteten Englischen Garten, in dem vor nicht langer Zeit die glanzvolle Karriere der Richterin Kminikowski ein grausames Ende gefunden hatte. Die Gundelwein war am Vormittag mit ihrem kleinen roten Flitzer vom Wellnesshotel direkt zur Stadtapotheke gefahren, hatte sich dort ein Mittel gegen die
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