Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)
»Jungs«, die der Fickel kürzlich zweimal in seinem Wartburg spazieren gefahren hatte, und sahen ihn durch die Gittertür interessiert an: Cash und Elvis.
»Die ist zu«, kommentierte einer der Senioren.
»Kann man nix machen«, der andere.
»Der Zugang zum dritten Stock ist strengstens verboten!«, erklärte Cash.
»Steht in der Hausordnung«, fügte Elvis belehrend hinzu.
Der Fickel wollte die beiden schon bitten, eine Pflegerin zu holen. Aber weil der »junge Mann« ja ein »Kumpel« war, zog Johnny Cash kurzerhand einen Draht aus seiner Tasche, und ehe der Fickel sichs versah, sprang die Tür auch schon auf.
»Dieses Schloss ist Schund«, erklärte der Rentner verächtlich. »Made in China.«
»Er war früher Schlosser in Gotha«, erläuterte der andere. »Ich war sogar Brigadier.«
»Bei WMW . Wir haben Werkzeugmaschinen in alle Welt exportiert. Sogar nach Australien.«
Der Fickel sah zu, dass er auf die richtige Seite kam und zog die Tür hinter sich zu.
»Danke, dass Sie mich rausgeholt haben!«
»Keine Ursache«, brummte Cash.
»Was haben Sie denn eigentlich da oben bei den Beknackten getrieben?«, fragte Elvis mit leichtem Misstrauen in der Stimme.
Der Fickel hatte natürlich keine überzeugende Erklärung parat, aber mit der Aussicht auf eine weitere Rundfahrt mit dem Wartburg ließen sich die beiden zum Glück von weiteren Nachfragen abhalten.
Als der Fickel endlich nach Hause kam, wartete im wahrsten Sinne des Wortes eine »hübsche Überraschung« auf ihn, denn er wusste natürlich nicht, dass die Nadin als Verlobte inzwischen schon einen Schlüssel für die Wohnung besaß. Sie hatte sogar gekocht, nur dass das Ergebnis leider völlig ungenießbar war, jedenfalls insoweit »genießbar« von »genießen« kommt.
Aber wer hätte das gedacht? Jetzt war die Nadin plötzlich bereit, eine Aussage zu machen, um den René zu entlasten. Da der Richter beim Haftprüfungstermin jedoch nur nach Aktenlage entscheiden würde, wie der Nadin als fortgeschrittener Jurastudentin im Unterschied zum Fickel immerhin bekannt war, musste sie die Aussage allerdings noch heute machen. Am besten sofort! Sie bat den Fickel, sie zur Polizei zu begleiten, weil sie sich allein irgendwie unsicher fühle. Wie sie darauf kam, dass ausgerechnet der Fickel ihr Sicherheit und Glaubwürdigkeit verleihen würde, war ihm schleierhaft. Aber natürlich konnte er ihr den Wunsch nicht abschlagen.
Als der Fickel ihr vorschlug, der Einfachheit halber ein Alibi zu erfinden, so wie es in den Fernsehkrimis gang und gäbe ist, war sie eher skeptisch.
»Und wie erklären wir dann Renés Spermaspuren an der Leiche, wenn ich die ganze Zeit mit ihm zusammen gewesen bin? – Das ist immerhin das Hauptindiz.«
Da hatte sie zugegebenermaßen den Finger in der Wunde. Aber der Fickel war auch nicht auf den Kopf gefallen: »Angenommen, Sie hätten die beiden in flagranti im Büro der Richterin Kminikowski erwischt«, erklärte er. »Die Kminikowski wäre dann durch den Park zum Bankett geeilt, während Sie den ganzen Abend mit dem René zusammengeblieben sind und ihm wegen erwiesener Untreue die Hölle heißgemacht haben.«
Nadin überlegte. »Klingt zumindest nicht ganz lebensfremd. Aber ich bleib lieber bei der Wahrheit!«, erklärte sie. »René und ich sind uns einig, dass wir reinen Tisch machen.« So hartnäckig der Fickel auch nachfragte, sie wollte um keinen Preis mehr verraten.
Der Kriminalrat Recknagel guckte nicht wenig dumm aus der Wäsche, als der Fickel da mit der Nadin im Schlepptau in sein Büro trat, beziehungsweise die Nadin mit dem Fickel im Schlepptau, je nach Sichtweise. Der Kriminalrat hatte eigentlich gerade Feierabend machen wollen, aber es zog ihn auch nicht übertrieben stark nach Hause. Seine Frau hatte die Nachbarn aus dem ersten Stock eingeladen, bornierte und langweilige Leute, deren Lebenssinn darin zu bestehen schien, Haustratsch zu verbreiten. Da hörte er sich doch lieber an, was diese aparte Zeugin zu erzählen hatte.
»Also …«, begann Nadin stockend ihren Bericht. »Ich weiß, dass der Beschuldigte, mein Freund René Schmidtkonz, mit der … Richterin, also mit seiner Ausbilderin, an dem Tag einvernehmlichen Sex hatte. – Er hat sie nicht vergewaltigt.«
Zu Fickels Überraschung war der Kriminalrat keineswegs überrascht.
»Ach was!«, sagte der gestandene Beamte ungerührt. »Und woher wissen Sie das so genau? Waren Sie etwa dabei?«
Die Nadin wirkte durch die ironische Bemerkung des Polizisten
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