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Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Titel: Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Henner Hess
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nicht lassen kannst«, konterte der Fickel gelassen. »Dann erfährt endlich jeder die nackte Wahrheit über dich.« Mit diesen rätselhaften Worten legte er dem René den Arm um die Schulter und ließ die Oberstaatsanwältin menschlich und juristisch besiegt, quasi persönlichkeitsentkernt, zurück.
    Just zu diesem Zeitpunkt stand Kriminalrat Recknagel inmitten einer Schafherde und versuchte den ausgebildeten Tierpfleger Maik Römhild zu seinen Beobachtungen zu befragen, was angesichts des Dialekts und der blökenden Hammel doppelt schwierig war. Zuvor hatte er sich oben auf dem Viadukt ein Bild des Unfalls gemacht: Der Familienvan war anscheinend plötzlich bei zügiger Fahrt – ersten Schätzungen zufolge mit circa hundertneunzig »Sachen« – nach rechts ausgebrochen, war durch eine wenige Zentimeter hohe Seitenkante wie auf einer Sprungschanze über die Leitplanke katapultiert worden und dann in einem fast hundert Meter langen Sinkflug, sich mehrmals überschlagend, am Fuße eines Betonpfeilers eingeschlagen, wobei er einen regelrechten Krater in die Erde gerissen hatte.
    »Der is’ hier langgedüst wie eene Cruise-Missile«, erklärte Maik Römhild.
    »Wie sind Sie überhaupt auf das Auto aufmerksam geworden?«, erkundigte sich der Recknagel.
    »Soll das ’n Witz sein? Wenn eem überm Kopp so’n Ding langfliecht, dann würden Sie doch ooch die Glubscher uffmach’n, oder nich?«
    Er blickte den Recknagel mit großen Augen an.
    »Ich meine, wann genau haben Sie den Wagen bemerkt?«, erläuterte der Recknagel. »Sie haben doch nicht die ganze Zeit nach oben geguckt.«
    »Nee, Rammstein – also meen Köter – hat so komisch geknurrt.«
    Der Schäfer ahmte das Geräusch nach, das sein Hund von sich gegeben hatte. Kriminalrat Recknagel erhoffte sich vom weiteren Gespräch nicht mehr viel. Wenn man zu lange unter Schafen lebt, färbt das vielleicht ab – so etwas in der Art dachte er bei sich.
    Der Hergang des Unfalls gab Rätsel auf. Die Autobahnpolizei hatte keinerlei Fremdverschulden feststellen können. Im Gegenteil hatten mehrere Zeugen unabhängig voneinander ausgesagt, dass der Van auf freier Strecke ohne ersichtlichen Grund plötzlich nach rechts ausgebrochen war. Normalerweise war für solche Fälle die Autobahnpolizei zuständig, da aber der Verunfallte für jeden ersichtlich jenseits der Straße zu Tode gekommen war, wanderte der Fall wieder an die Kripo.
    Das Handy des Kriminalrats surrte hartnäckig in der Jackentasche. Der Recknagel blickte auf das Display, das ihm mitteilte, dass die »Herrin des Ermittlungsverfahrens« ihn zu sprechen wünschte. Der Recknagel drückte den Anruf weg. Im Moment hatte er Wichtigeres zu tun, als sich einen Wutanfall wegen einer vorübergehend verschollenen Akte anzuhören.
    Die Oberstaatsanwältin Gundelwein hatte nach dem Haftprüfungstermin von leichten Schwindelgefühlen und merkwürdigen Ohrgeräuschen geplagt einen Arzt aufgesucht. Der hatte einen Hörsturz diagnostiziert, hervorgerufen durch akuten Stress. Die Gundelwein musste sich Blut abnehmen lassen und Belehrungen über die Gefahren eines Herzinfarkts anhören, übrigens auch bei Frauen und übrigens auch schon mit Ende dreißig! Und das bei jemandem, der mindestens fünf Kilometer in der Woche schwimmt, dazu aus dem Munde eines übergewichtigen, fast siebzigjährigen Arztes.
    Die fällige Krankschreibung warf die Gundelwein direkt vor der Praxis in den Papierkorb. Nachdem sie einen Liter Rhönsprudel getrunken hatte, fühlte sie sich schon wieder etwas besser. Ihre Wut bekam langsam eine Richtung. Aber der Kriminalrat Recknagel ging wohlweislich nicht ans Telefon. In der Polizeiinspektion ließ sie sich von dem jungen Mitarbeiter aus Recknagels Abteilung, einem gewissen Kriminalhauptmeister Christian Stoll, in die Zelle führen. Obwohl es in der Nacht dunkel gewesen war, erkannte sie sofort die hünenhafte Gestalt wieder, die sie im Englischen Garten angefallen hatte.
    »Das ist der Sohn vom Landrat?«, fragte die Gundelwein ungläubig.
    »Der DNA -Test läuft noch, aber wir gehen davon aus«, sagte Stoll selbstbewusst. »Passt alles zusammen.«
    Das »Ungeheuer« hatte nun auch die Gundelwein bemerkt und offensichtlich ebenso wiedererkannt. Es drückte sich in die äußerste Ecke der Zelle und heulte angstvoll auf.
    »Er hat ganz blaue Eier,« erklärte der junge Kriminalhauptmeister grinsend. »Hodenprellung. Keine Ahnung, woher.«
    Die Oberstaatsanwältin wandte sich an den verschreckten Hünen:

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