Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)
verdoppeln und fühlen sich ständig halbiert.«
Da dachte der Fickel ganz bei sich, welch eine integere Person die Driesel doch war, so mitfühlend und kollegial, wie sie stets mit ihren Untergebenen umging. So etwas gab’s heute ja gar nicht mehr! Dem Amtsgericht und insbesondere ihm selbst würde gewiss etwas fehlen, wenn die Driesel sich in wenigen Tagen endgültig aufs Altenteil zurückzog.
Während sich der Amthor hernach in der wohligen Gewissheit, den Fickel hinreichend geschröpft zu haben, wieder auf den Heimweg machte und die Driesel ein Taxi bestieg, orientierte sich der Fickel in Richtung Polizeipräsidium. Schließlich war es doch besser, man brachte die Prozedur mit der DNA -Probe schnell noch vor dem Feiertag hinter sich. Das sahen offenbar ziemlich viele so, denn bei der Polizei herrschte ein regelrechtes Treiben: gut gelaunte Männer unter sich, fast war es wie auf einem Kegelklubausflug. Irgendwo fühlte es sich fast auch ein bisschen prickelnd an, so von potenziellem Vergewaltiger zu potenziellem Vergewaltiger. Und dann hatte einer auch schon ein Fläschchen Rhöntropfen dabei, das eigentlich für den Herrentagsausflug bestimmt war. Das tat der Stimmung zusätzlich noch ganz gut.
Zum Glück für den Fickel ließ ihn sein Freund, der Justizwachtmeister Rainer Kummer, in der Schlange ein gutes Stück vor, weil er drauf hoffte, noch mehr spannende Einzelheiten über die Vergewaltigung zu erfahren. Anwälte wissen schließlich immer mehr als die normale Bevölkerung. Letztlich war der Rainer dann schon ein wenig enttäuscht, denn der Fickel konnte auch nur das berichten, was eh schon jeder aus der Zeitung wusste. In Ermangelung neuer spektakulärer Details dachte Justizwachtmeister Kummer nun laut darüber nach, welchem Idioten wohl ausgerechnet bei der Kminikowski die Drüsen explodiert waren. »Die hat ja gor nix auf den Ripp’n g’hobt, und n’ Orsch au’ net!«
In dem Punkt mussten ihm gleich einige aus der Schlange widersprechen und meinten ihrerseits, die Kminikowski hätte gar nicht so übel ausgesehen – und guck mal einer an: Ehe der Fickel es sich versah, hatte sich um ihn herum eine lebhafte Diskussion über Körbchengrößen, Taillen und Hüftumfang entzündet. In Südwestthüringen liegt das weibliche Schönheitsideal insgesamt vielleicht ein bis zwei Kleidergrößen höher als im Rest der Welt. Über Geschmack lässt sich eben nicht streiten, was jedoch nicht heißt, dass es nicht vorkommt.
Als der Fickel mit seiner DNA -Probe endlich an der Reihe war, packte er die Gelegenheit gleich beim Schopfe und pulte mithilfe des Wattestäbchens, das »Mann« bestimmungsgemäß an seiner Mundschleimhaut reiben sollte, endlich auch den widerspenstigen Knorpel der Schlundhaus-Sülze zwischen seinen Backenzähnen heraus. Und in dem Moment, als die Erleichterung einsetzte, ging ihm plötzlich durch den Kopf, was die im Labor wohl dächten, wenn sie die DNA -Proben untersuchten und einer plötzlich riefe: »Alles klar, Leute! Ich hab das Schwein!«
Und da musste er spontan lachen, gewissermaßen wie plötzlich irre geworden, sodass die Kollegen von der Polizei ihn um ein Haar gleich dabehalten hätten. Lachen ist der Polizei suspekt, um nicht zu sagen verdächtig. Zum Glück konnte der Rainer Kummer sich als Justizangestellter ausweisen und das Missverständnis aufklären helfen. Als sich die Aufregung gelegt hatte und die Ursache für Fickels Heiterkeit geklärt war, amüsierten sich beim Abschied schließlich auch noch die Polizisten ausgiebig über die Geschichte mit der Schweinesülzen- DNA .
Als sie nach getaner Arbeit – sprich Speichelabgabe – auf der Leipziger Straße standen, hatte Rainer Kummer die Eingebung, den angebrochenen Nachmittag zu nutzen und oben in der Goetzhöhlenbaude mit dem Höhlen-Micha einen zünftigen Skat zu dreschen. Solch einen interessanten Vorschlag konnte der Fickel natürlich nicht ablehnen. Und so spazierten Justizwachtmeister Kummer und Anwalt Fickel gemeinsam durch den Schlossgarten, vorbei am prachtvollen Barockschloss Elisabethenburg mit den nackten Frauenskulpturen, querten die Werra über die Bogenbrücke und erklommen den Anstieg zur Goetzhöhle hinauf, angeblich die größte begehbare Kluft- und Spaltenhöhle Mitteleuropas, die sich ausgerechnet im Meininger Dietrichsberg befindet.
Obwohl es die Geologie, touristisch gesehen, wahrlich gut mit den Meiningern gemeint hat, interessieren sich die meisten traditionell eher für die der Höhle
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