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Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Titel: Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Henner Hess
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nüchtern. »Sonst machen die doch nicht so einen Aufruhr.«
    Da konnte der Fickel angesichts des Sirenenkonzertes, das selbst durch die modernen Schallschutzfenster deutlich zu hören war, nicht direkt widersprechen. Andererseits wunderte er sich auch etwas über die Gelassenheit, mit der die Direktorin über den wahrscheinlichen Tod ihrer designierten Nachfolgerin sprach.
    »Ich hab den jungen Kolleginnen immer gesagt, sie sollen nicht so kurze Röcke anziehen, wenn sie abends durch den Park gehen«, erklärte die Driesel nun. »Früher, als die Russen noch in der Stadt waren, hat sich das keine getraut. Dabei ist damals nie was passiert in der Richtung.«
    Hier zeigte sich wieder einmal der überlegene Verstand einer Juristin, der sie in die Lage versetzte, einen vorgegebenen Sachverhalt ohne störende Emotionen zu beurteilen und praktische, lebensnahe Konsequenzen zu ziehen. Während sie genussvoll auf einem Stück Hirsch herumkaute, wandte sie sich erneut an den Fickel.
    »Was immer da passiert ist, wir können es doch sowieso nicht mehr ändern, gell? – Also, schlagen Sie zu!«
    Und weil der Fickel eine angeborene Schwäche für Logik hat, musste er zugeben, dass die Driesel nicht direkt unrecht hatte. Entgegen seinem ursprünglichen Plan, mit den Medaillons unerkannt zu entkommen, nahm sich der Fickel also einen Teller und tat sich ordentlich von dem Hirschzeug auf.
    »Vergessen Sie die Preiselbeeren nicht!«, mahnte die Driesel kauend und schenkte dem Fickel ein Glas Rotwein ein: »Von einem regionalen Winzer, aus der Gegend von Bad Sulza.«
    Der Fickel kostete und stellte durchaus erstaunt fest, dass es der Tropfen tatsächlich mit jedem Württemberger aufnehmen konnte.
    »Sie sind vielleicht kein besonders talentierter Jurist, Fickel, aber Sie haben Geschmack«, nickte die Driesel zustimmend und musterte ihn interessiert.
    »Ich hab mir lange überlegt, was ich mit meiner Zeit anfange, wenn ich in Pension bin. Ich spiele mit dem Gedanken, oben in meinem Garten ein kleines Weingut anzulegen. Was halten Sie davon?«
    Nicht, dass der Fickel direkt überrascht gewesen wäre, aber ein bisschen wunderte er sich schon.
    »Hier bei uns? In Meiningen?«
    »Sie wissen ja, früher, im Mittelalter, da haben hier die Berghänge voller Rebstöcke gestanden. Der Name Weingartental spricht ja wohl für sich.«
    »Ist es bei uns nicht ein bisschen rau im Winter?«, wandte der Fickel ein. »Insbesondere seit der letzten Eiszeit …«
    Die Driesel schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Die Rhön hat ein fantastisches Mikroklima. Denken Sie nur an die Streuobstplantagen«, schwärmte sie. »Und was an Saale und Unstrut gedeiht, das wächst garantiert auch an der Werra. Wir befinden uns schließlich ein ordentliches Stück weiter im Süden, gell?« Und dann erklärte sie dem staunenden Fickel, dass sie in den letzten Jahren schon einige Erfahrungen mit dem Anbau besonders klimaresistenter Weinreben in ihrem Garten gesammelt habe. Im Vertrauen fügte sie hinzu, sie befinde sich bereits im Besitz einiger kostbarer Flaschen »Meininger Spätlese«. Und was sich im Kleinen bewähre, das funktioniere auch im Großen.
    Der Fickel hatte da keinen triftigen Einwand mehr und holte sich, anstatt weiter zu diskutieren, lieber noch etwas von dem Ragout. Wenn die Driesel ihren Ruhestand als Weinbaupionierin und Winzerin verbringen wollte, dann war er der Letzte, der ihr durch übertriebene Sachlichkeit den Wind aus den Segeln nehmen würde.
    »Ich suche noch nach Partnern für mein Projekt», rückte die Driesel endlich mit der Sprache raus. »Wie sieht’s denn so mit Ihnen aus, Herr Kollege?«
    Damit wurde der Fickel jetzt doch ein bisschen überfahren. Einerseits hatte er die Einladung zu dem Bankett angenommen und nun den Mund voll mit feinstem Hirschfleisch. Angefüttert oder nicht, er wollte auf gar keinen Fall in etwas hineingeraten, das er später bereuen würde. Andererseits fühlte er sich der Amtsgerichtsdirektorin irgendwo auch verpflichtet, zwischenmenschlich gesehen.
    »Seit meiner Scheidung bin ich leider ein bisschen klamm«, erklärte er deshalb ausweichend, sich alle Optionen offenhaltend.
    Die Driesel nickte verständnisvoll. »Ihre Exfrau möchte ich auch nicht als Feindin haben«, sagte sie mitfühlend. »Was Sie da nur geritten hat … die Hormone, gell?«
    Dazu fiel dem Fickel nichts weiter ein, als noch einen tiefen Schluck von dem Saale-Unstrut-Wein in sich hineinzukippen. Die ausdrückliche Erwähnung seiner

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