Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)
»Pro Senior Wellnessoase« dann vorfand, also: Chapeau! Schwimmbad, Spa und Hamam in einem, und alle Zugänge mit flachen Stufen, Rampen und Haltegriffen ausgestattet, in jeder Hinsicht behindertengerecht, auf gut Deutsch: State of the Art . Der Saunabereich war mindestens so groß wie das gesamte Meininger Hallenbad, und die Wände überall hübsch mit kleinen bunten Fliesen beklebt, die exotische Motive zeigten: hinduistische Tempel, Palmenstrände und sogar die ägyptischen Pyramiden, wenn auch perspektivisch leicht verzerrt.
Die ganze Szenerie war in ein angenehmes warmes Licht getaucht, das fast an die Dämmerung in den Tropen erinnert hätte – zumindest wenn der penetrante Chlorgeruch nicht gewesen wäre, der von den diversen Wasserbecken ausging. Andererseits sah so ein Whirlpool ja auch ziemlich einladend aus. Heutzutage gehörte so was ja bei jedem Fußball-Kreisligisten zur Grundausstattung, aber zu Fickels Zeiten hatte es nicht mal einen im Olympiastützpunkt gegeben. Deshalb war er eben ein wenig neugierig, wie sich das anfühlte, und dachte, dass er sich doch wenigstens ein bisschen entspannen könnte, wo er schon mal da war. Als er sich in seiner mintgrünen »Unterbadehose« in dem angenehm warmen, blubbernden Wasser ausstreckte und die Augen schloss, da fühlte er sich fast wieder wie ein Mensch, nach der ganzen Aufregung in der letzten Zeit.
Allerdings währte die Entspannung nur kurz, denn ein paar Minuten später erschien ein älteres Pärchen auf der Bildfläche und sprang höflich grüßend und splitterfasernackt in den Pool. Obwohl die beiden nicht direkt unsympathisch waren und ausgesprochen gut erhaltene, fast identisch aussehende Yoga-Körper mit dünnen, spinnenartigen Extremitäten hatten, überkam den Fickel schon bald das unangenehme Gefühl, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.
Nun ist der Fickel wirklich alles andere als prüde, aber FKK am Ostseestrand war ja noch mal was anderes als unten ohne in der feuchten Enge eines Wellnesskellers. Tatsächlich fand in den nächsten Minuten eine erstaunliche Invasion von Nackten oder Halbnackten statt, überwiegend ältere Männer in Begleitung junger Frauen, die notdürftig mit Tangas und albernen Blumenketten bekleidet waren. Einige der Herren waren offensichtlich bereits angeheitert. Sie hatten Champagnerflaschen dabei und bespritzten damit die Mädchen, die mehr oder weniger begeistert kreischten. Der Fickel stieg diskret aus dem Entspannungsbecken und zog sich sicherheitshalber in die nächstbeste Saunakabine zurück, um von da aus das Treiben weiter zu beobachten.
»Tür zu!«, war das Erste, was er hörte, und am liebsten hätte der Fickel sie gleich wieder von außen geschlossen. Denn da drinnen hockten zwei korpulente Kampfsaunisten, natürlich oben unter der Decke, wo es am brutzeligsten war. Es herrschte eine Atmosphäre wie unter Stahlkochern. Einer der beiden sah mit seiner kräftigen Statur auch tatsächlich so aus, der andere ähnelte eher einem Hummer. Der Fickel setzte sich erst mal spontan auf die unterste Bank, wo es noch etwas frischer war, also höchstens fünfundneunzig Grad. Irgendwo war das natürlich auch die Gelegenheit, ein bisschen überflüssige Fettmasse abzuschmelzen. Aber komisch: Genau da, wo gut und gerne ein bisschen hätte abschmelzen können, zum Beispiel am Bauchansatz, da tat sich überhaupt nichts. Dafür schoss ihm das Wasser auf der Stirn nur so aus den Poren.
Leider bekam er in der Kabine nicht viel von dem mit, was draußen vor sich ging, denn die kleinen Guckloch-Fenster waren von den Aufgüssen derart beschlagen, dass man nur die Farben der Badebekleidung, so vorhanden, unterscheiden konnte. Immerhin zeugten die Geräusche vom Fortgang der Orgie. Offenbar hatte die Frau Olschewski mit ihren Vermutungen über die Natur der Veranstaltung gar nicht so falsch gelegen.
Ein paar Minuten später öffnete sich die Saunatür erneut, und eins der jungen Mädchen kam fröhlich reinspaziert – natürlich im Tanga, aber ohne Blumenkette. Sie roch stark nach Champagner. Erst auf den zweiten Blick erkannte der Fickel die »Sexualbegleiterin« aus der Thüringer-Wald-Residenz, aber ob es sich um Sveti oder Slavi handelte, das hätte er beim besten Willen nicht sagen können.
»Bei euch ist es aber schön warm«, meinte sie kokett mit slawischem Akzent.
»Tür zu!«, wurde auch sie vom Hummer angeherrscht.
»Ist bei euch Hübschen denn noch Platz?«, fragte das Mädchen, obwohl der Fickel hätte
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