Herrgottschrofen
Gesicht gezogen.
»Jetzt entspann dich. Bei mir zu Hause warst du auch nicht so schüchtern«, sagte Dr. Dorothee Allgäuer zu ihm und wirkte belustigt.
»Bei dir zu Hause sind auch nicht Tausende von Menschen außen rum. Was ich hier mache, ist illegal und kann mich meinen Job und die Pension kosten.«
»Manchmal muss man sich entscheiden, mein Lieber. Frau und Kinder oder Job. Du willst doch sicher nicht, dass deine Frau von uns beiden erfährt.«
»Ich krieg dich dran, das schwör ich, Dotti.«
»Keine leeren Versprechungen. Was ist jetzt mit den Vergrößerungen?«
Der Mann langte in die Innentasche der Lederjacke und zog einen A5-Umschlag heraus, den er vorsichtig vor Dorothee Allgäuer auf den Tisch legte. »War nicht ganz leicht. Hat mich eine halbe Nacht gekostet. Und allzu viel ist auch nicht zu sehen.«
Dorothee Allgäuer griff nach dem Umschlag und öffnete ihn.
»Bist du wahnsinnig? Mach das zu Hause oder auf dem Klo!«, zischte der Mann.
»Ist ja schon gut. Was ist schon dabei? Du hilfst mit bei der Aufklärung eines Verbrechens. Das ist doch dein Job.«
»Haha. In meinen Dienstvorschriften steht nur leider nichts davon, dass ich die Überwachungsvideos aus der Wohnung einer durchgeknallten Gerichtsmedizinerin heimlich auswerte und ihr die Vergrößerungen liefere. Noch dazu einer, die offensichtlich persönlich in einen komplexen Fall verstrickt ist.«
»Was das anbelangt, kann ich dir versichern, dass ich unschuldig bin.«
»Ach, dann ist’s ja gut, wenn du das sagst.«
»Schön, dass wir uns verstehen. Das könnten wir einmal wieder an einem weniger öffentlichen Ort … ähm, vertiefen«, gurrte Dorothee Allgäuer.
»Du spinnst echt. Erst bumst du mich, dann erpresst du mich, und dann geht’s von vorn los!«
»Oder von hinten, wenn dir das lieber ist, mein Bester.« Sie legte ihm unter dem Tisch die Hand auf den Oberschenkel und fuhr damit langsam nach oben.
»Hm. Na gut. Aber nicht mehr in deiner Wohnung. Die wird überwacht, wie du dir sicher denken kannst. Irrsinn, dass ich mit dir hier rumsitze am helllichten Tag.«
»Dann halt im Hotel. Morgen Abend, acht Uhr, im ParkInn-Hotel an der Nürnberger Autobahn? Ich mag es, wenn draußen die Autos vorbeirauschen …«
Martin Bruckmayer stellte seinen Geländewagen auf dem Parkplatz von Veit Grubers Berggasthof Panorama ab. Um vierzehn Uhr hatte Jo Saunders hier einen Termin mit dem Gruber, doch Martin Bruckmayer wollte diesmal nicht dabei sein. Er müsste sich nur wieder über das irrsinnige Unterfangen, wie er Grubers Pläne nannte, ärgern. Daher hatte er Jo gebeten, in der Zwischenzeit spazieren gehen zu dürfen.
Der Bitte hatte sie nicht ohne Freude stattgegeben. Endlich könnte sie allein mit dem Mann sprechen, der ihre Leistungen der Vergangenheit wirklich zu würdigen wusste und dem es nichts ausmachte, eine Achtzigjährige als Geschäftspartnerin zu haben.
Es war aber erst kurz nach dreizehn Uhr, denn Jo Saunders wollte mit Martin Bruckmayer vor dem Treffen mit Gruber das Kloster St. Anton besuchen, das nur wenige Meter unterhalb des Panorama lag. Jo hakte sich bei Martin unter. Vorsichtig gingen sie die steile Teerstraße hinab, auf der noch der Rollsplitt des Winters lag.
Als sie das Kloster erreichten, zog Jo einen kleinen Bilderrahmen aus ihrer Handtasche und reichte Martin Bruckmayer einen Nagel und einen Hammer. »Kannst du mir bitte hier an einer freien Stelle den Nagel einschlagen?«
»Jo … das sind hier alles vermisste Soldaten aus den Kriegen.« Martin deutete auf die unzähligen Bilderrahmen und Holztafeln, mit denen die einheimischen Familien die Suche nach Verschollenen dem heiligen Antonius anvertraut hatten. Sie hingen links und rechts des Laubengangs, der zur Pforte der Kirche hinaufführte.
»Wo steht geschrieben, dass man nicht auch eine junge Bedienung aus der Nachkriegszeit suchen darf?«, fragte sie. »Ist der Antonius nur für Soldaten zuständig? Well, that’s new. Und es waren ja zwei Amis dabei, nicht?«
Martin Bruckmayer zögerte immer noch. »Ja, aber du hast sie ja schon gefunden. Wenn es auch nur die Überreste sind. Viele andere wären froh, wenn sie die wenigstens aus Russland oder Frankreich zurückbekommen hätten.«
»Ich habe Knochen von Franziska. Aber ihr Geheimnis kenne ich noch nicht. Vielleicht hilft mir der Antonius ja auch, dieses Rätsel zu lüften.«
Martin Bruckmayer schnaufte entnervt. »Na gut. Hier ist noch ein wenig Platz.« Er schlug den Nagel in das Holz
Weitere Kostenlose Bücher