Herrgottschrofen
Lokalsender und des Bayerischen Rundfunks, hatte auf einmal ihre komplette Aufmerksamkeit, so als wäre er der Pressesprecher der Bayerischen Staatskanzlei und des Garmisch-Partenkirchner Rathauses in Personalunion. Sie bedrängten ihn mit ihren Fragen, während der Ministerpräsident den Bürgermeister mit einem energischen Kopfnicken in seinen Dienstwagen beorderte.
Mit auf dem Kies eindrucksvoll durchdrehenden Rädern und Blaulicht starteten die drei schweren Wagen der Kolonne gen München.
»Na sauber, denen hast du’s aber eingeschenkt, mein Lieber. Respekt.« Bei Weißhaupt konnte man nie sicher sein, ob ein Kompliment auch als ein solches gemeint war. Darum blieb Hartingers Gesichtsausdruck unverändert. Er ließ seinen Ex-Chef weiterreden. »Wundern würd’s mich nicht, wenn die dich jetzt dann mal endgültig aus dem Verkehr ziehen. Zur puren Freude gereichst du denen da draußen sowieso nicht. Und jetzt auch noch der MP. Bist du eigentlich total irre? Willst du den letzen Job, den du in diesem Land bekommst, auch noch versauen?«
»Freiheit, Weißhaupt, Freiheit. Des hoaßt, koa Angst ham vor nix und neamand.«
»Ich weiß. Nur dass der Freiheitsdichter, der das gesungen hat, eine Villa in der Toskana hat, in die er sich jederzeit zurückziehen kann, um dort auf den steten Fluss seiner Tantiemen zu warten. Seine Drogendelikte hat er abgesessen, und seine Steuerschulden sind bezahlt. Und du? Du hast nix. Um beim klassischen Liedgut zu bleiben: Freedom’s just another word for nothing left to lose, mein Lieber.«
»Steuerschulden hab ich auch«, schmollte Hartinger.
»Wie witzig. Und damit werden sie dich packen. Wegen so einem Kleinscheiß. Und gestern, mein Freund, bist du auch noch ein Verdächtiger in einem Mordfall gewesen, hast du das vergessen? Ist ein Wunder, dass du hier rumsitzt und nicht schon längst in Stadelheim.«
Hartinger sah sich im für den frühen Mittwochabend recht gut gefüllten Schumann’s um. Hier fand auch er es viel gemütlicher als in der JVA am Südostende der Stadt. »Mein Alibi ist so was von wasserdicht, Kurt, jetzt reg dich ab.«
»Auch kugelsicher? Ich hab schon miterlebt, wie die bayerischen Staatsanwälte ganz andere Alibis sturmreif geschossen haben. Pass nur auf.«
»Und außerdem hat die DNA-Probe der Knochen ja meine These bestätigt. Eine Frau wurde da vor einem halben Jahrhundert begraben. Ich hab recht, und morgen steht es in allen Zeitungen. Und ich sag ja auch gar nicht, dass sie da keinen Tunnel bauen sollen. Sollen sie, das Tal ist eh schon hinüber. Aber sie könnten erst einmal anständig ermitteln, wer da draußen warum und vor allem von wem verscharrt wurde. Mehr will ich nicht.«
»Hast ein Glück, dass der Oberleitartikler unseres ehemaligen Arbeitgebers das genauso sieht. Der schreibt das morgen auf Seite vier. Und damit traut sich die Staatsmacht vielleicht ein bisschen weniger nah an dich heran. Aber glaub bloß nicht, dass dir das eine kugelsichere Weste gibt, dir und deinem Bums-Alibi.«
»Okay, ich pass auf. Also, weiter im Text. Was sagt dein Mülltonnenspezl, der Professor Marchsteiner?«
»Der wird immer maulfauler, wenn es um Garmischer Angelegenheiten geht. Das verwundert ja nicht. Der hat auch Planstellen und Budgets, um die er kämpfen muss.«
»Ich weiß.«
»Stimmt. Du unterhältst ja ganz besonders enge Beziehungen zu seinem Institut.«
»Wird mir aber nichts bringen. Die haben jetzt Dotti quasi den Zugang zum PC-System gesperrt. Kommt nur noch an ihre eigenen Fälle ran. Und die sind wenig spektakulär. Außerdem haben sie den Abgabetermin für ihre Studie vorverlegt.«
»Hast du ja toll hingekriegt, Gonzo. Ich planier dir einen wunderbar ebenen Weg direkt ins Herz der Gerichtsmedizin. Und du reißt mit dem Hintern alles ein. Und nicht nur mit dem Hintern.«
»Du weißt also nicht, in welche Richtungen die jetzt ermitteln, Kurt?«
»Wer sagt das? Natürlich weiß ich das. Deine Dotti hat denen dein Rechercheergebnis in Sachen Überbeine gesteckt. Wollte wohl gut Wetter machen. Und jetzt geht die Kripo alte Akten von Eisläuferinnen aus Garmisch-Partenkirchen durch. Haben sogar einen Ermittler ins Hauptstaatsarchiv und in die Stabi geschickt, um Akten zu durchwühlen. Das lieben die Jungs ja besonders. Aber ist denen eigentlich eher recht, wenn es lange dauert. Dann wächst Gras über die Sache, bis was rauskommt. Deine andere Freundin, die tote Gastwirtin, die macht ihnen schon mehr Sorgen. Weil einen Anhaltspunkt
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