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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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über alten Akten und suchte nach Hinweisen auf die beiden Männer Lazlo Balta und Paul Rudolph.
    Zunächst musste er feststellen, dass es wenig bis nichts Offizielles aus dem amerikanischen Hoheitsbereich gab. Das hätte ihn auch überrascht. Selbstverständlich hatten die Amerikaner ihre Akten über die Verwaltung der Garnison und des Erholungszentrums mit mehreren Hotels, eigener Skischule, einem Eislauftempel, einem Kino, einer Bowlingbahn, einem eigenen Einkaufszentrum, einer Schule, einem Kindergarten und eigenen Bedienstetenwohnungen nicht der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen überlassen, als sie die über den Ort verstreuten Liegenschaften nach und nach aufgegeben hatten, um sich im Edelweiß-Resort zu sammeln. Sie hatten die ganzen Unterlagen wahrscheinlich nach Hause geschickt, wo sie nun irgendwo lagerten.
    Sicher hatte das Pentagon jeden Zettel mikroverfilmt und archiviert. Nur da ranzukommen war sicher ausgeschlossen. Selbst wenn eine offizielle Anfrage in Washington bearbeitet würde, war kaum anzunehmen, dass sich in einem riesigen Aktenlager irgendwo in Nebraska oder in Ohio oder wo auch immer ein Archivar in Bewegung setzte, um für Albert Frey aus Garmisch-Partenkirchen nach einem Eisläufer und einem Aushilfskellner aus den Fünfzigerjahren zu forschen. Das konnte er abhaken.
    Lange suchte er nach alten Einwohnerkarteien. Leider fand er keinerlei historische Karteikästen und Einwohnerbücher. Diejenigen, die vor der Digitalisierung des Einwohnermeldewesens in den Achtzigern und Neunzigern des letzten Jahrhunderts noch mit der Hand und später mit Schreibmaschine ausgefüllt worden waren, waren mittlerweile alle ins Bayerische Staatsarchiv gewandert.
    Nach Stunden der Suche, mit einem Loch im Bauch und einem staubigen Geschmack auf der Zunge, saß Albert Frey noch immer an seinem Tisch und hatte nichts, was er in sein Notizbuch hätte eintragen können.
    Da kam der Leiter des Archivs vom Mittagessen zurück. »Und, immer noch nichts?«, fragte er.
    Frey fasste zusammen: »Die Amis haben euch nie was gegeben, und alle anderen alten Unterlagen habt ihr nach München schaffen lassen. Also muss ich weiterziehen. Mal schauen, was die im Staatsarchiv haben. Die haben doch sicher alle Meldekarteien abgescannt oder auf Mikrofilm gezogen.«
    Der Archivar dachte eine Weile nach. Schließlich kniff er die Augen zusammen und kratzte sich an der Nase. »Mikrofilm, Mikrofilm … Da war was. Stimmt! In den Siebzigern hat mal eine ortsansässige Firma unsere alten Einwohnerkarten verfilmt. Eigentlich alle ab dem neunzehnten Jahrhundert. Mikroverfilmung war damals noch der Stand der Technik. Da hat der ganze Inhalt des Kellers in einen kleinen A6-Kasten gepasst. Ich glaub, der steht noch irgendwo rum. Aber ob man da etwas lesen kann?«
    Die beiden Heimatforscher machten sich also daran, in den Regalen des Archivs einen Kasten zu suchen, von dem sie nicht wussten, ob er aus Holz oder aus Plastik war oder welche Farbe er hatte. Als sie dort nichts fanden, weiteten sie die Suche auf den Keller und später den Speicher des Rathauses aus. Überall gab es vieles, aber nicht die mikroverfilmte Einwohnerkartei.
    Um fünf Uhr abends verließ Albert Frey das Rathaus von Garmisch-Partenkirchen mit einem Hunger, der ihn einen Werdenfelser Weideochsen hätte am Stück verspeisen lassen. Er hatte einen ganzen Tag mit der ergebnislosen Suche nach Lazlo Balta und Paul Rudolph vertan. Wobei für einen Historiker auch ein ergebnisloser Tag nicht unbedingt ein vertaner Tag war, das wusste er selbst am besten. Er konnte nun wenigstens sagen, wo die gesuchten Unterlagen nicht waren.
    Er musste sich wohl oder übel auf einen Tag in München im Staatsarchiv einstellen, und dieser Gedanke verbesserte seine Laune, denn in München könnte er seine Recherche ja mit einem Mittagessen mit der jungen Frau Dr. Allgäuer verbinden.
    Er stieg in seinen altersschwachen Passat und lenkte ihn hinüber nach Garmisch, wo er Jo Saunders und Martin Bruckmayer Bericht erstatten wollte. In der Bruckmayer’schen Villa hoffte er auch ein üppiges Abendbrot vorgesetzt zu bekommen. Das hatte er sich nach einem Tag Staubfressen redlich verdient. Zudem vermutete er im Keller des Brauereierben eine exquisite Auswahl gut gelagerter bayerischer Biere. Da würde schon ein Weißbier dabei sein.
    Noch bevor er an diesem Abend an seinem Stammtisch Platz genommen hatte, fielen die Garmischer Honoratioren über Bürgermeister Meier her.
    »Da kommt er ja! Hansi, so

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