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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Gelegenheit entgehen, Rache an mir zu nehmen.«
Sie begab sich in Gefahr, doch für Janni bedeutete es fast sicher den Tod. Romilly zögerte nur einen Augenblick. Janni meinte müde: »Ich kann es dir nicht befehlen, Romilly, ich kann dich nur darum bitten. Denn ich darf Caryl nicht allein in die Stadt schicken. Ich habe gelobt, ihn sicher seinem Vater selbst zu übergeben.«
»Ich dachte, er hätte freien Abzug garantiert?“
»O ja, das hat er. Aber Lyondri hat immer zuerst seinen Vorteil im Auge gehabt…« Jandria bedeckte das Gesicht mit den Händen. Romilly fühlte sich schwach und verängstigt. Aber die Schwesternschaft hatte sie aufgenommen, als sie allein war, ihr Obdach und Essen gegeben, sie mit Freundlichkeit willkommen geheißen. Sie schuldete ihr das. Und sie war eine geschworene Schwertfrau. Jannis Hand fester fassend, erklärte sie: »Ich will gehen, meine Schwester. Vertraue mir.«
    Bevor sie in die Stadt ritten, wusch Caryl sich sorgfältig an einem Bach, bettelte einer der Frauen einen Kamm ab, frisierte sich und schnitt sich die Fingernägel. In den letzten paar Tagen hatte er alte Sachen der Frauen getragen, damit er seine eigenen für die Rückkehr an den Hof waschen und trocknen konnte. Nun holte er die ziemlich abgewetzten Kleidungsstücke aus der Satteltasche. Ein prinzliches Gewand stellten sie bei aller Mühe nicht mehr dar.
Bedauernd sagte er: »Vater hat mir vor Mittwinter einen neuen Anzug zum Fest geschickt, und dann mußte ich ihn im Kloster zurücklassen, als ich so plötzlich aufbrach. Nun, es hilft nichts, das ist das Beste, was ich habe.«
»Ich werde dir das Haar schneiden, wenn du möchtest«, erbot sich Romilly. Sie brachte seine Locken auf eine gleichmäßige Länge und bürstete sie, bis sie glänzten. Lachend versicherte er, er sei kein Pferd, das gestriegelt werden müsse, aber er betrachtete sein Spiegelbild befriedigt im Bach.
    »Wenigstens sehe ich wieder wie ein Edelmann aus. Ich hasse es, schäbig wie ein Landstreicher zu sein«, erklärte er. »Mestra Jandria, willst du nicht mit uns kommen? Mein Vater kann nicht böse auf jemand sein, der so gut zu seinem Sohn gewesen ist.«
    Jandria schüttelte den Kopf. »Es war schon Streit zwischen Lyondri und mir, lieber Junge, bevor du geboren wurdest oder Rakhal sich Carolins Thron aneignete. Ich möchte deinem Vater lieber nicht unter die Augen kommen. Romilly bringt dich hin.«
    »Ich will gern mit Romilly reiten«, sagte Caryl, »und ich bin überzeugt, mein Vater wird ihr dankbar sein.«
»Im Namen aller Götter der Hasturs, Junge, das hoffe ich!«
Jandria drückte ihm fest die Hand, und er verbeugte sich auf seine höfliche Art. »Adelandeyo«, sagte sie nach dem Brauch der Bergbewohner. »Reite mit den Göttern, mein Junge, und mögen sie alle mit dir und Romilly sein.«
Nur Romilly bemerkte die Spannung in Jannis Unterkiefer und das Zittern in ihren Augen. Sie wußte, was Janni dachte. Die Götter mögen dich schützen, Mädchen, und dich aus Lyondri Hasturs Händen sicher zu uns zurückgeleiten.
    Romilly stieg in den Sattel. Ihre Sinne hatten eine Schärfe wie sonst nur im Rapport mit ihrem Falken, wenn sie mit ihrem Laran, nicht mit ihren Augen sah. Sie blickte zu dem klaren hellen Himmel auf und zu dem Zelt der Schwesternschaft hinüber. Sie hörte das dumpfe Klappen der Holzschwerter, mit denen Mhari und Lauria übten. Zwei andere Frauen vollführten langsam und sorgfältig die Bewegungen des waffenlosen Kampfes in dem tanzähnlichen Ritual, das ihren Muskeln blitzschnelle Abwehrreaktionen anerzog. Von dem Frühstücksfeuer stieg noch Rauch auf, und Romilly erschrak. Rauch, ohne daß gekocht wurde? Dann erinnerte sie sich, daß sie sich hier nicht im Wald befanden und auf dieser grünen Wiese keine Gefahr eines Brandes bestand.
    Sie hatte sich hübsch gemacht. Ihr Mantel war der, den Orain für sie auf dem Markt in Nevarsin gekauft hatte. Auch wenn ihr das Herz jetzt über seinem Geschenk weh tat, hatte sie doch nichts, was annähernd so gut oder so warm war. Die Jacke hatte sie sich geliehen; es war die sauberste, die bei allen Schwertfrauen zu finden gewesen war. Romilly war sich der noch schmerzenden Ohrringe bewußt, die ihr kurzes Haar erbarmungslos enthüllte. Ich bin, was ich bin, sagte sie trotzig zu sich selbst, eine Frau der Schwesternschaft vom Schwert – allerdings noch nicht sehr gut mit dem Schwert-, und Lyondri Hastur soll in mir ja nichts anderes sehen als eine Gesandte unter Waffenstillstandsflagge.

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