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Herrin der Falken - 3

Herrin der Falken - 3

Titel: Herrin der Falken - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nieder. Sie gab ihm einen letzten Klaps und schob es weg. Einen Augenblick blieb es verwundert stehen. Dann drehte es sich um und trabte zögernd davon. Romilly tauchte in die Dunkelheit des Waldes ein. Sie war naß bis auf die Haut, aber es kümmerte sie ebensowenig wie ein Pferd sein nasses Fell. Zwischen den Wurzeln eines Baumes fand sie eine kleine Höhle. Sie kroch hinein, zog ihren Mantel dicht um sich, bedeckte ihr Gesicht, rollte sich zu einer Kugel zusammen und schlief wie eine Tote. Im Morgengrauen erwachte sie von dem Gezwitscher der Vögel, in das sich die harten Schreie der Kyorebni zu mischen schienen, die immer noch auf dem Schlachtfeld schmausten. Romilly wußte nicht, wohin sie gehen sollte, sie wollte nur fort von diesen Schreien. Benommen stellte sie sich auf die Füße und wanderte weiter in den Wald hinein, ohne sich um die Richtung zu kümmern.
Den größten Teil dieses Tages lief sie. Des Hungers war sie sich nicht bewußt. Sie bewegte sich leise wie ein wildes Tier, umging Hindernisse auf ihrem Weg und blieb unbeweglich stehen, wenn sie ein Geräusch hörte. Spät am Nachmittag stolperte sie beinahe in einen kleinen Bach, schöpfte mit den hohlen Händen und trank sich an dem klaren süßen Wasser satt. Dann legte sie sich an eine Stelle, zu der Sonnenstrahlen durch die Blätter drangen, und ließ die Feuchtigkeit aus ihren Kleidern trocknen. Sie war immer noch nicht ganz klar. Es wurde dunkel. Sie rollte sich unter einem Busch zusammen und schlief. Ein kleines Tier huschte durch das Gras und streifte sie, und sie dachte nicht einmal daran, wegzurücken.
Am nächsten Morgen schlief sie lange, und als sie erwachte, schien ihr die Sonne auf den Rücken. Vor ihr hatte eine Spinne ihr Netz gewebt, juwelenbesetzt vom Tau. Romilly betrachtete sein kompliziertes Muster und empfand zum ersten Mal seit vielen Tagen etwas wie Freude. Die Blätter glänzten im Licht. Plötzlich hüpfte ein Buschspringer auf langen Beinen daher, gefolgt von vier Miniaturausgaben, deren buschige Schwänze wie kleine bläuliche Flaggen hochstanden. Romilly hörte sich laut lachen, und sie blieben mit zitternden Schwänzen stocksteif stehen. Als es still blieb, sausten alle vier kleinen Flaggen gleichzeitig in ein Loch im Gras.
Wie ruhig es im Wald war! Bestimmt war keine menschliche Ansiedlung in der Nähe, sonst wäre nicht alles so friedlich, wären die Tiere nicht so furchtlos gewesen.
Romilly reckte träge ihre Glieder. Sie hatte Durst, aber es war kein Bach in der Nähe. So leckte sie den Tau von niedrighängenden Blättern des Baums über ihr. Auf einem gestürzten Baumstamm fand sie ein paar alte, holzige Pilze und aß sie, danach eingetrocknete Beeren. Eine Weile später sah sie beim Dahinschlendern durch den Wald den grünen Blätterbusch einer Wurzel, die sie als eßbar kannte. Sie grub sie mit einem Stock aus, rieb den Schmutz an ihrer Jacke ab und kaute sie langsam. Die Wurzel war hart, und der scharfe Geschmack ließ ihre Augen tränen, aber sie stillte ihren Hunger. Romilly hatte den Antrieb verloren, der sie ruhelos von Ort zu Ort gejagt hatte. Fast den ganzen Tag saß sie in der Lichtung, wo der gestürzte Baumstamm lag, und als es Nacht wurde, schlief sie dort.
In ihrem Schlaf hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Sie erkannte die Stimme nicht. Orain? Nein, er würde sie nicht rufen. Er hatte sie begehrt, als er sie für einen Jungen hielt; für die Frau, die sie in Wirklichkeit war, hatte er keine Verwendung. Ihr Vater? Er war weit fort, jenseits des Kadarin, zu Hause und in Sicherheit. Mit Schmerzen dachte sie an die friedlichen Berge von Falkenhof. Doch dort hatte sie die böse Kunst gelernt, Pferde zu trainieren, mit der sie dem geliebten Rappen den Tod gebracht hatte. Im Traum saß sie auf Sonnensterns Rücken und ritt wie der Wind über die graue Ebene, die sie einmal gesehen hatte, und sie erwachte mit tränennassem Gesicht.
Einen oder zwei Tage später fiel ihr auf, daß sie Schuhe und Strümpfe verloren hatte, sie erinnerte sich nicht wo, und daß ihre Füße schon ziemlich abgehärtet gegen die Erde und die Steinchen des Waldbodens waren. Ziellos wanderte sie weiter, immer tiefer in den Wald. Sie aß Beeren, grub in der Erde nach Wurzeln, kühlte hin und wieder ihre Füße in einem Bergbach, dachte jedoch nie ans Waschen. Sie aß, wenn sie Nahrung fand. Drei Tage hintereinander fand sie nichts und war sich undeutlich des Hungers bewußt, doch es kam ihr nicht wichtig vor. Sie machte sich nicht

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