Herrin der Falken
wußte, daß Ranald den Zügel ihres Pferdes ergriffen hatte und es führte, damit sie auch in Rapport mit dem Kundschaftervogel ungefährdet ritt, und sandte ihm schnell ihre Dankbarkeit zu. Der Regen ließ nach, und nach einer Weile brach ein merkwürdiges, trübes, wässeriges Sonnenlicht durch die Wolken. Romilly ließ Temperentia über die Armeen fliegen, hoch genug, daß sie nicht gesehen werden konnte, aber mit kurzen Sturzflügen, um zu spähen. Rakhals Armee war zusammengeschrumpft, und im Norden rückte ein zweites Heer von Männern und Pferden heran. Kam es Rakhal zu Hilfe, jetzt, wo die erste Schlacht seine Reihen gelichtet hatte? Nein, denn die Männer ritten von Rakhals Haupttrupp weg, so schnell sie konnten. Und Carolins Gedanken jubelten.
Rakhals Leute verlassen ihn, sie haben erkannt, was er ist… sie schätzen seine Art von Kriegführung ebensowenig wie ich…
Trotzdem war Rakhals Armee immer noch groß. Sie machte auf der Kuppe eines kleinen Hügels halt. Romilly, die in Kommunikation mit Carolins Männern stand, erkannte, daß Rakhal das für ihn vorteilhafteste Terrain ausgewählt hatte. Hier würde er sich festsetzen und es verteidigen. Also stand die Entscheidungsschlacht bevor. Dem Drängen Carolins folgend, ließ sie den Vogel weiter hinuntergehen. So sahen Carolins Ratgeber durch seine Augen die Stärke der gegen sie aufgestellten Truppen. Rakhal hatte anscheinend den Vorteil des Terrains und der Überzahl.
Irgendwie müssen wir Rakhal von diesem Hügel locken…
Alderic ritt an seinen Vater heran und machte ihm eine dringende Mitteilung. Der kleine Teil Romillys, der nicht bei dem Vogel war, hörte Orain zu Carolin sagen: »Mit Eurer Erlaubnis, mein Lord. Mein Sohn hat mir einen alten Trick der Bergbewohner ins Gedächtnis zurückgerufen, und wir haben leronyn genug, um ihn durchzuführen. Gebt mir ein oder zwei Dutzend Eurer Männer mit den leronyn. Dann wollen wir die Illusion erzeugen, wir seien viermal so viele, um Rakhal zu zwingen, daß er uns angreift. Währenddessen faßt Ihr ihn in der Flanke.«
Carolin dachte nach. »Es könnte funktionieren«, meinte er
endlich. »Aber ich werde meine leronyn nicht in Gefahr schikken. Die meisten von ihnen tragen nicht einmal Schwerter.«
Ranald Ridenow erklärte: »Mein Laran ebenso wie mein Schwert stehen Euch zu Diensten, mein König. Laßt mich diese Männer anführen.«
»So suche sie dir aus – und Aldones reite mit euch allen!« antwortete Carolin. »Wählt den Augenblick sorgfältig.«
»Das soll Mistress MacAran für uns tun«, sagte Ranald, die Hand auf Romillys Zügel.
Orain fuhr dazwischen: »Willst du eine Frau in die Schlacht führen?« Romilly machte sich kurz von dem Rapport mit dem Vogel frei. »Mein Lord Orain, ich bin eine Schwertfrau! Wohin mein Bruder geht, ich werde mit ihm gehen!«
Ruyven blieb stumm, aber sie spürte die Wärme, die ohne Worte ausdrückte: Tapfer gesprochen, Schwester, und dazu kam eine mentale Berührung von Alderic. Es erinnerte sie an den Tag, als sie zu Mittsommer in der Umgebung Falkenhofs auf die Beize gegangen waren.
Wenn ich diesen Krieg überlebe, werde ich niemals mehr zum Vergnügen jagen, denn ich weiß jetzt, wie es ist, wenn man
gejagt wird… Verblüfft stellte sie fest, daß dieser Gedanke von Orain kam.
Wie gleicht das meinen eigenen Gefühlen! Wieder fühlte Romilly bitteres Bedauern über die Kluft, die sich zwischen Orain und ihr aufgetan hatte. Wir standen uns in so vielen Beziehungen nahe, waren uns so ähnlich! Aber die Welt würde gehen, wie sie wollte, und Orain war, was er war, und nicht, wie sie ihn sich gewünscht hätte. Sie konzentrierte sich von neuem auf den Rapport mit dem Kundschaftervogel und ließ Ranald an Orain und Alderic weiterleiten, was sie von Rakhals Armee sah.
Am Rand der Stellung zogen Reiter auf, dahinter Fußsoldaten und Bogenschützen. In der Mitte befanden sich mehrere große Wagen mit dem beißenden Geruch, den sie jetzt als die Ausdünstung von Haftfeuer kannte. Sie hatten die Kuppe des kleinen Hügels vollständig besetzt, und es war unmöglich, diese Aufstellung zu durchbrechen.
Aber genau das ist es, was wir tun müssen, dachte Alderic und ritt mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf den Hügel zu. Ihm folgten die kleine Gruppe von leronyn und dahinter zwei Dutzend Männer. Plötzlich ließ er anhalten.
Jetzt!
Romilly meinte, eine große Wolke aus unter Schreien und Hufedonnern dem Staub Feind und Feuer entgegen… rase
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