Herrin der Finsternis Roman
unendlich weh. Sie schaute zu Tabitha hinüber und sah Tränen in ihren Augen.
»Ob er ein Hund ist oder nicht«, würgte die Freundin hervor, »das war …« Plötzlich lief sie zu Bride und drängte sie zur Tür. »Lauf ihm nach!«
Diese Aufforderung war überflüssig, denn Bride stürmte bereits ins Freie. »Vane!«, rief sie. Vergeblich sah sie sich nach ihm um. »Vane!«, schrie sie. Nur kühle, feuchte Luft antwortete ihr. Verzweifelt kehrte sie ins Haus zurück und stieß mit Tabitha zusammen. »Unglaublich, dass ich ihn gehen ließ!«
»Und ich kann nicht glauben, dass der Idiot tatsächlich abgehauen ist!«
Als Bride die Stimme des Dämons hörte, gefror ihr Blut. Im nächsten Sekundenbruchteil färbte sich alles schwarz.
Vane ging die Straße hinab, entfernte sich von Kyrians Haus und bemühte sich, Brides Ruf zu überhören. Nun hatte er sie endgültig verloren, und diese Erkenntnis krampfte sein Herz qualvoll zusammen.
Natürlich war die Trennung richtig. Warum tat es trotzdem so unerträglich weh? Warum brannte ein wildes Feuer in seiner Seele?
So ist es am besten, redete er sich ein. Sie war ein Mensch. Und er … ein Wolf, der sie liebte. Erbittert verfluchte Vane diese Tatsache, die er nicht wahrhaben wollte. Doch es ließ sich nicht leugnen, Bride bedeutete ihm alles. Nichts an ihr würde er ändern. Er liebte es, wie sie ihn anschaute, als zweifelte sie an seinem Verstand, wie sie leise vor sich hin summte, wenn sie die Regale in ihrem Laden abstaubte, wie sie ihre Mahlzeiten stets mit ihm teilte.
Und wie sie sich in seinen Armen anfühlte, wenn er sie zum Gipfel der Lust führte, den atemlosen Klang ihrer Stimme, wenn sie voller Ekstase seinen Namen rief. Verdammt, es gefiel ihm sogar, wie sie sich das ganze Bettzeug aneignete.
»Ach, zum Teufel damit!«, knurrte er. Nein, so einfach würde er sie nicht aufgeben. Er liebte sie. Kampflos würde er nicht auf sie verzichten. Zumindest musste er ihr seine Liebe gestehen.
»Komm, Vane, schnell!«
Kyrians Ruf zwang ihn, stehen zu bleiben, der eindringliche Unterton in der tiefen Stimme des einstigen Dark Hunter.
Sofort beamte Vane sich ins Haus zurück, wo er nur Kyrian, Marissa und Tabitha antraf. Bride war verschwunden.
»Wo ist Bride?«, fragte er.
»Der Dämon hat sie geholt«, erklärte Tabitha.
In Vanes Körper gewann das wilde Tier die Oberhand. Wütend knurrte er, sondierte die Lage und fand nichts in der Luft. Keine Witterung, keine Spur.
Aber das spielte keine Rolle – Alastor hatte Bride entführt, und Vane würde sie finden. Danach würde es einen Dämon weniger im Universum geben.
Bride wollte schreien. Doch es gelang ihr nicht. Offenbar waren ihre Stimmbänder gelähmt. Ihre Sehkraft kehrte so abrupt zurück, dass ihre Augen schmerzten. Blinzelnd schaute sie sich im schmalen, länglichen Raum einer alten Hütte um. Aus einer antiquierten Feuerstelle loderten Flammen.
»Fürchten Sie sich nicht«, sagte der Dämon und ließ sie los, dann ging er um sie herum und trat in ihr Blickfeld. Statt des attraktiven blonden Mannes, den sie zuvor gesehen hatte, stand jetzt eine hässliche Kreatur mit dunkelvioletter Haut, leuchtend rotem Haar und blutunterlaufenen Augen vor ihr. Seine verkrüppelten Füße glichen überdimensionalen Klumpen. Humpelnd ging er zur Tür und öffnete sie. »Bryani!«, rief er, wandte sich wieder zu Bride und schnüffelte wie ein Tier. Für seinen Mund waren seine Zähne zu groß. Deshalb lispelte er. »Keine Bange, niemand wird Ihnen was antun, Bob-bin .«
Allmählich hatte sie die Leute satt, die ihr das erzählten. »Wo bin ich?«
»Sorgen Sie sich nicht, Bobbin .« Er wischte seine Nase ab. »Hier sind Sie sicher.«
»Das war ich auch dort, wo Sie mich weggeholt haben.« Zumindest einigermaßen. Was für eine grausige Halluzination. Wenn sie schon den Verstand verlor, dann lieber zusammen mit Vane als mit diesem widerwärtigen Monstrum, das kaum sprechen konnte!
Nun trat der Dämon beiseite, um eine schöne Frau einzulassen, die Bride an die junge Grace Kelly erinnerte. Aber dieses Mädchen hatte drei grässliche Narben im Gesicht und am Hals. Tabithas Makel würde neben dieser Verunstaltung geradezu harmlos erscheinen.
Unterhalb der Narben zeigte sich ein rotes Tattoo, ähnlich wie auf Vanes Handfläche. Obwohl sie nicht älter als Mitte zwanzig aussah, schritt sie so würdevoll wie ein Königin ins Zimmer. Gebieterisch sah sie sich um, als wollte sie jeden warnen, der ihre Autorität
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