Herrin der Finsternis Roman
Boden.
Vor Entsetzen wie gelähmt, beobachtete Bride, wie er sich in einen Wolf, in einen nackten Mann und wieder zurück verwandelte. Valerius lief zu ihm und zog sein Handy hervor. »Acheron, Alarmstufe Rot in der Père Antoine Alley. Offenbar wurde Vane elektri …«
Sofort erschien Ash an Brides Seite. »Sind Sie okay?«
Sie nickte, und er beamte sich zu Vane hinüber, dessen Kopf er mit beiden Händen umfasste.
Im Licht eines neuen Blitzes nahm Vane seine menschliche Gestalt an, bäumte sich auf und schrie gellend, als würden ihn grässliche Schmerzen peinigen.
»Ganz ruhig«, murmelte Ash, während Valerius die ohnmächtige Frau untersuchte.
Bride eilte zu Vane, der nackt auf dem Rücken lag. In seinen Augen glänzten Tränen. Ash strich über seinen Körper und bekleidete ihn mit Jeans und einem Hemd.
Aber Vane rührte sich nicht.
»In ein paar Sekunden wird sein Orientierungssinn zurückkehren«, erklärte Acheron und wandte sich zu dem römischen General. »Wie geht's der Menschenfrau?«
»Sie lebt. Kümmere dich um Vane, ich bringe sie in ein Krankenhaus.« Valerius hob die Frau vom Pflaster auf und trug sie zur Royal Street.
Voller Sorge kniete Bride neben Vane nieder und legte seinen Kopf in ihren Schoß. Auf seiner Wange zeigte sich das Muttermal, und er zitterte am ganzen Körper.
»Was ist mit ihm geschehen, Ash?«, fragte sie.
»Offensichtlich hatten die Daimons – ich hasse es, das alberne Wort zu benutzen – einen Phaser.«
»Wie in ›Star Trek‹?«
»So ähnlich. Diese Waffe wurde für die Katagaria-Wachtposten entwickelt. Effektiver als ein Taser, jagt die Waffe einen gewaltigen Stromschlag durch das Opfer. Wenn ein Were Hunter davon getroffen wird, läuft seine Magie gleichsam Amok, und er verliert seine Selbstkontrolle. In diesem Zustand ist er unfähig, eine seiner beiden Gestalten beizubehalten. Falls er einen besonders starken Stromstoß erleidet, stürzt er buchstäblich aus seinem Körper heraus. Dann ist er ein körperloses Wesen, wie ein Geist.«
Vane ergriff Brides Hand. Unsicher lächelte sie ihn an.
»Alles okay, Wolf?«, fragte Ash.
»Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?«, stieß Vane immer noch zitternd hervor.
»Schätzungsweise solltest du getötet werden. Zum Glück hat das nicht geklappt.« Vorsichtig und langsam half Ash ihm auf die Beine.
Vane schwankte entkräftet. Zweifellos wäre er wieder zusammengebrochen, hätte der Atlantäer ihn nicht festgehalten.
»Übernimm dich nicht, Wolf«, mahnte Ash. Dann berührte er Bride und beamte sich mit beiden in das Schlafzimmer in Valerius' Haus.
Beklommen beobachtete sie Acheron, der Vane auf das Bett hob. »Wie kann ich ihm helfen, Ash?«
»Gar nicht.« Er richtete sich auf, während Vane reglos liegen blieb. »Leider dauert es eine Weile, bis der elektrische Strom aufhört, seine Zellen zu durchzucken. Bewegen Sie ihn nicht zu heftig. Darauf reagiert ein Katagari in diesem Zustand mit Magenbeschwerden.«
»Okay«, seufzte sie. »Ich bin nur froh, dass seine Mutter keine solche Waffe besitzt.«
»Oh, so was haben die Arkadier ganz bestimmt. Aber wie ich Vane kenne, fanden sie keine Zeit, ihn damit anzugreifen. Die Were Hunter erwarten, dass die Angehörigen ihrer eigenen Art mit Phasers kämpfen, doch die Daimons benutzen sie nur selten.« Mit schmalen Augen musterte er Vane. »Davor hätte ich dich warnen sollen. Da sich in New Orleans so viele Were Hunter herumtreiben, sind die Daimons hier etwas raffinierter als anderswo, denn im Lauf der Zeit haben sie die Strategie ihrer Feinde erlernt.«
»Ash, du nervst«, klagte Vane heiser.
»Auf dieses Stichwort hin lasse ich euch beide allein und setze meine Patrouille fort. Friede!«
Sobald Ash verschwunden war, setzte Bride sich neben Vane auf die Bettkante.
»Habe ich dich erschreckt?«, fragte er.
»Ein bisschen«, gab sie zu. »Aber diese Kreaturen jagen mir viel größere Angst ein. Führen die sich immer so auf?«
»O ja.«
»Großer Gott, Vane, du lebst in einer furchtbaren Welt.«
»Das weiß ich.«
Eine Zeit lang schwieg sie. In Gedanken erlebte sie das Grauen noch einmal. Problemlos hatte Vane sie vor den Arkadiern gerettet. Deshalb hatte sie geglaubt, er wäre unverwundbar. Doch jetzt kannte sie seine gefährliche Achillesferse. »Wie stark muss ein Stromschlag sein, um dir das anzutun? Genügt auch statische Elektrizität?«
»Die würde mich nicht zwingen, immer wieder meine Erscheinungsform zu ändern. Trotzdem ist sie unangenehm.
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