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Herrin der Lüge

Herrin der Lüge

Titel: Herrin der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Zinder. »Es gibt viele, die in Frage kämen. Katervater?«
    »Mindestens ein Dutzend«, bestätigte der Händler. »Die mächtigsten Orden sind die Templer, die Johanniter und die Deutschordensritter. An welchen der drei sie sich wenden wird?« Ein Schulterzucken. »Das weiß Gott.«
    Einen Tag später meldete der Mann im Ausguck zahlreiche Segel am Horizont. Katervater gab Befehl, den fremden Schiffen in großem Bogen auszuweichen, da er fürchtete, es könnte sich um Qwaras Flotte handeln.
    Lange bevor die drei ihm von ihren Erlebnissen auf Qwaras Galeere berichtet hatten, waren ihm Gerüchte über die Bemühungen des Prinzen zu Ohren gekommen, einen großen Verbund aus Piraten und Sklavenjägern zu vereinen. Es hatte nicht viel dazugehört, sich auszurechnen, dass er es auf die Schiffe des Jungfrauenkreuzzugs abgesehen hatte. Da Katervater genug eigene Erfahrungen mit den Piratenbanden des Mittelmeers gemacht hatte, tat er auch an diesem Tag das, was er stets beim Anblick ihrer Segel am Horizont zu tun pflegte – er machte sich aus dem Staub.
    »Wie viele Schiffe sind es?«, brüllte er zur Mastspitze hinauf.
    »Schwer zu sagen«, rief der Mann im Ausguck. »Sie sind zu weit entfernt. Vielleicht zwölf, vielleicht auch zwanzig.«
    Katervater nickte erbittert. »Und ich werde nicht abwarten, bis wir ihre Masten zählen können«, erklärte er seinen Passagieren und gab der Mannschaft alle nötigen Befehle.
    Bald darauf wich die Sturmhochzeit nach Nordosten aus, während die Flotte im Südenwesten am Horizont verschwand. Die Schiffe der Mädchen konnten es nicht sein, denn das Heilige Land lag in entgegengesetzter Richtung. Aber auch Qwara hätte es demnach eher noch Osten ziehen müssen. Zinder gab zu bedenken, dass es möglicherweise Sarazenen gewesen sein könnten. Und denen wollte nun wirklich niemand begegnen.
    Ein weiterer Tag verging, ehe mit einem Mal Brandgeruch über das Meer wehte. Von einem der kleinen Felseilande, die es in diesem Teil des Meeres zu Dutzenden gab, stiegen dünne Rauchsäulen auf und stemmten sich beharrlich gegen die Winde. Die Insel lag ein Stück südlich ihrer Route, und sie hätten ihr keine weitere Beachtung geschenkt, wäre der Bug der Sturmhochzeit nicht mit einem Mal in ein Gewirr halb verkohlter Planken gekracht. Bald darauf trieben ihnen auch größere Trümmer entgegen, und der Ausguck meldete mehrere ausgebrannte Wracks am Ufer der Insel.
    Faun bekam fürchterliche Angst, dass es sich um die Flotte der Mädchen handeln könnte und dass es sehr wohl Qwaras Schiffe gewesen waren, die ihnen gestern begegnet waren – voll beladen mit jenen, die vom Heer der Jungfrauen übrig geblieben waren. Falls Saga sich wirklich an Bord eines Sklavenschiffes befunden hatte, dann war seine Suche nach ihr hier beendet. Er würde sie niemals an den Küsten Nordafrikas ausfindig machen können.
    Tiessa teilte seine Sorge, und auch Zinder setzte sich bei Katervater dafür ein, dass die Sturmhochzeit die Insel anlief. Der Reliquienhändler war keineswegs glücklich darüber und wollte anfangs nichts davon wissen, doch Tiessa gelang es schließlich, ihn umzustimmen.
    »Warum nur kann ich dir keine Bitte abschlagen?«, knurrte er, während er sich widerwillig aufmachte, seinen Männern die nötigen Kommandos zu geben.
    Die Sturmhochzeit ankerte abseits der verbrannten Schiffstrümmer. Von hier aus konnten sie die Ruinen eines Dorfes erkennen. Oben auf dem Berg befanden sich die Überreste einer Festungsanlage; von dort stieg der Rauch auf, den sie schon von weitem gesehen hatten. Nicht einmal der auffrischende Wind konnte den bedrückenden Gestank vertreiben, und Zinder stellte murmelnd fest, dass so nur verbrannte Leichen rochen.
    Katervater weigerte sich, mit an Land zu gehen. Er stellte ihnen eines der Beiboote und vier Ruderer zur Verfügung, die sie an den felsigen Strand brachten. »Ihr habt Zeit bis zum Sonnenuntergang«, sagte er. »Seid ihr bis dahin nicht zurück, lasse ich Segel setzen.«
    Die Ruderer blieben am Strand zurück. Faun, Tiessa und Zinder konnten sich nur darauf verlassen, dass Katervater zu seinem Wort stand und ihnen bis zum Abend Zeit gab. Falls das Ruderboot ohne sie ablegte, waren sie verloren.
    Fassungslos streiften sie durch die Ruinen des Dorfes und machten sich an den Aufstieg zum Gipfel. Der Berghang war übersät mit Leichen, aber sie fanden nur Männer, die sich mühelos als Gesindel vom Schlage Qwaras oder Achards identifizieren ließen. Hier hatten vor

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